Die Schutzräume an der Lassallestraße könnten einem Gewerbebetrieb Platz bieten. 27 Bunker hat das Bundesamt in Hamburg im Bestand.

Harburg. Einst hat er vielen Harburgern während des zweiten Weltkriegs das Leben gerettet, 1991 wurde er für die eventuellen Folgen eines Atomkriegs umgerüstet - jetzt soll er verkauft werden: der Hochbunker an der Lassallestraße.

27 Bunker hat das Bundesamt für Immobilienanlagen in Hamburg im Bestand. Die Harburger Luftschutzanlage ist die erste, die die Verwaltung in Hamburg veräußert will. Bundesamt-Mitarbeiter Marcus Rosenfeldt hat die Schlüssel zum Bunkereingang. Gemeinsam mit seinen Kollegen Hartwig Hardel und Hermann-Josef Huber verschafft er sich erst einmal einen Überblick, wie es im Gebäude aussieht.

Dann stehen Gespräche mit der Harburger Bezirksverwaltung an. "Erst einmal müssen wir durch die Schleuse in den Innenbereich", sagt er und stemmt eine mächtige Stahltür auf. 1942 ist die sechsstöckige Anlage gebaut worden. 818 Personen, 133 bis 152 Männer, Frauen und Kinder pro Stockwerk, konnten hier in Sicherheit gebracht werden. Es ist beklemmend im fensterlosen, 855 Quadratmeter umfassenden Betonbau. Mit Stahlklappen versehene Schächte weisen nach draußen. "Vorsicht Verstrahlung" steht in großen schwarzen Lettern an der Wand. Die fluoreszierende Farbe leuchtet auch im Dunklen. Wenn der Strom stundenlang ausfällt, bis zu acht Stunden. "Wärmer als acht bis zehn Grad wird es hier auch im Sommer nicht", sagt Rosenfeldt.

Im Aufsichtsraum ist die Schaltzentrale für die Stromversorgung untergebracht. Rosenfeldt legt einen Schalter um und es wird hell. "Der Bunker war nicht für lange Aufenthalte ausgelegt.

Es wurde keine Küche eingebaut", sagt er. Alle Stockwerke sind baugleich eingerichtet. Jeweils auf der rechten Seite befinden sich Toiletten und Waschräume, linker Hand Aufenthalts- und Ruheräume. In der ersten Etage wurde eine Lüftungsanlage installiert.

"Sollte der Strom mal ausfallen, hätte gekurbelt werden müssen, um ein spezielles Druckverhältnis zu erzeugen und um die Luft in alle Stockwerke zirkulieren zu lassen", so der Verwaltungsmitarbeiter. Notfalls den ganzen Tag. "Zum Glück musste die Anlage niemals in Betrieb genommen werden", sagt Huber, der sich mit seinem Kollegen Hardel um den Verkauf kümmert.

Vor einigen Wochen wurde der Hochbunker vom Gesetzgeber aus dem Zivilschutz genommen und frei gegeben. Bereits zuvor wurde er komplett ausgeräumt. Betten und anderes Mobiliar ist längst fortgeschafft worden. Das macht den Verkauf einfacher, sagen die Beamten. "Bunker sind begehrte Objekte, besonders, wenn sie sich in Innenstadtlage befinden", sagt er. In Hamburg gebe es viele Beispiele für attraktive Wohn- und Gewerbenutzung der ehemaligen Zivilschutzanlagen. "Das wäre hier auch möglich, wenn man zum Beispiel noch zwei Geschossen draufsetzen könnte und dort dann Wohnungen baut", sagt Hardel.

Ideen gibt es im Stadtteil indes genug. "So ein Bunker ist spannend. Die Fassade könnte sich als Kletteranlage eignen. Künstler könnten die Innenräume für Ausstellungen oder Atelierbetrieb nutzen. Die Pläne muss man mal konkretisieren", sagt Daniel Boedeker von der Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft, die für Projekte im Phoenix-Viertel zuständig ist.

Auch im Rathaus setzt man auf Kultur im Bunker. "Übungsräume für Bands oder eine andere kulturelle Nutzung wäre aus stadtplanerischer Sicht am sinnvollsten", sagt Baudezernent Jörg Heinrich Penner. Dass künftig neue Wohnungen im Sicherheitstrakt entstehen, will der Baudezernent nicht ausschließen. Allerdings: "Das wäre nur unter erheblichen finanziellen Aufwand realisierbar." Da das Phoenix-Viertel baurechtlich ebenfalls die Ansiedlung kleiner Gewerbebetriebe zulässt, könnte sich ein Betrieb ansiedeln und die Schutzräume zu Lagerflächen umbauen. "Generell können wir sagen, dass wir nur Gewerbe zulassen, das die Menschen im Phoenix-Viertel nicht belästigt."

Wie viel der Bunker auf dem freien Immobilienmarkt einbringen soll, wissen die drei Beamten noch nicht. "Wir wollen ein ähnliches Objekt in Hannover anbieten. Es soll 149 000 Euro kosten", sagt Rosenfeldt, macht das Licht aus, stellt den Strom ab und schließt die Eingangstür wieder zu.