Umweltminister Hans-Heinrich Sander macht Zugeständnisse an Stöckter Deich-Initiativen: Auch nach Ertüchtigung Spaziergänge möglich.

Stöckte. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) will offenbar zwei wesentliche Forderungen der Interessengemeinschaft "Unser Stöckter Deich" erfüllen. Bei einem Treffen mit etwa 80 Anliegern und Naturschützern am Wochenende auf dem Deich in Stöckte sagte Sander, seiner Ansicht nach sollten Menschen auch nach einer Deichertüchtigung auf dem Schutzwall spazieren gehen und Rad fahren können. Weiter will der Minister die Bürgerinitiative an der Planung zum Hochwasserschutz an Ilmenau und Luhe beteiligen. Sander kündigte ein Treffen in Stöckte zusammen mit Deichbauexperten in drei bis sechs Monaten an.

Bisher hatten laut der Bürgerinitiative der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und der Deich- und Wasserverband "Vogtei Neuland" den Deichneubau bei Stöckte sechs Jahre lang geplant, ohne die Anwohner zu informieren und zu beteiligen.

Die Bürgerinitiative fordert Akteneinsicht

Rolf Wiese, einer von vier Sprechern der Interessengemeinschaft, überreichte deshalb dem Umweltminister einen Korb mit Stiefmütterchen mit den Worten: "Weil wir uns stiefmütterlich behandelt fühlen." Süffisanz und Ehrerbietung zugleich - Sander gefiel diese pointierte Form des Wutbürgertums offenbar gut: Die Interessengemeinschaft "Unser Stöckter Deich", sagte er anschließend dem NDR-Fernsehen, sei ein Beispiel dafür, wie Bürgerbeteiligung laufen könne. Zu dem Treffen in dem Winsener Elbdorf hatte der Minister selbst gebeten. Die Bürgerinitiative fordert Einsicht in alle Akten und als gleichberechtigter Partner an den Planungen mitwirken zu dürfen.

Nach den derzeitigen Plänen des NLWKN soll der etwa 4,9 Kilometer lange Deich bei Stöckte umgebaut und deshalb um 1,20 bis 1,73 Meter abgesenkt werden. Die Kosten dafür: 5,84 Millionen Euro. Der bisherige Rad-und Wanderweg auf der Deichkrone würde demnach wegfallen. Insgesamt will das Land Niedersachsen die Binnendeiche von Winsen bis zur Seeve bei Hörsten für 90 Millionen Euro neu bauen - immer um etwa 1,20 Meter niedriger.

Die Interessengemeinschaft "Unser Stöckter Deich" sieht die Deichsicherheit gefährdet. Der Deich solle so ertüchtigt werden, dass es bei der jetzigen Höhe bleibe. "Wir wollen Sicherheit für die Menschen, die hinter dem Deich leben - und eine Absenkung ist da nicht sinnvoll", so Anwohner Wilhelm Eckhoff. Seit Jahren würden die Anlieger Rekordwasserstände beobachten. Wegen des Klimawandels nehme die Hochwasserbedrohung zu.

Die neuen, kleineren Deiche würden sicherer sein, behaupten dagegen die Fachleute des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. Nicht allein auf die Höhe, sondern die gesamte Konstruktion bestimme den Grad der Sicherheit. Vorgesehen ist, die Böschungsneigung flacher zu gestalten und den Sandkern zu verdichten.

Anwohner und Naturschützer aus dem Landkreis Harburg kritisieren die geplante Art und Weise der Deichertüchtigung auch, weil die Planer ihrer Meinung nach den Natur- und Denkmalschutz außer Acht lassen.

Deichertüchtigung kontra Lebensqualität

Der mehr als 200 Jahre alte Binnendeich sei ein Kulturdenkmal und müsse bewahrt werden, fordert die Interessengemeinschaft "Unser Stöckter Deich". Die Fachbehörde und der Deichverband würden sich allein auf technische Details konzentrieren, ohne Rücksicht auf die Lebensqualität zu nehmen. Der Binnendeich bei Stöckte sei ein beliebtes Ausflugsziel in der Region. Wanderer, Radtouristen und Naturbeobachter würden ihn nutzen.

Die Interessengemeinschaft "Unser Stöckter Deich" hat nach eigenen Angaben 300 Mitstreiter. Drei bekannte Persönlichkeiten aus dem Landkreis Harburg zählen zu ihren Sprechern: Rolf Wiese, Direktor des Freilichtmuseums am Kiekeberg, Wilhelm Eckhoff, früherer Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, und Rainer Böttcher, Leiter der Naturschutzbehörde des Landkreises. Vierter Sprecher ist Matthias Biesterfeldt, Geschäftsführer einer IT-Servicegesellschaft.

So geht es weiter: Die Bürgerinitiative kommt am 8. März in Winsen zu einem Treffen mit Vertretern des NLWKN und des Deichverbandes zusammen. Winsens Bürgermeisterin Angelika Bode (CDU) moderiert das Gespräch. Die Anwohner erwarten, dass das Umweltministerium bis dahin neue Lösungen für die Deichertüchtigung in Stöckte anbietet - nicht erst in drei bis sechs Monaten.