Die Phoenix möchte den sanierungsbedürftigen Schornstein um 15 Meter kürzen. Ein Abriss wäre auch denkbar, kommt aber wohl nicht in Frage.

Harburg. Harburgs "Wahrzeichen", der gut 90 Jahre alte und 75 Meter hohe Schornstein auf dem Phoenix Werksgelände an der Hannoverschen Straße zeigt Verschleißerscheinungen. Ein Abriss des maroden Schlots wäre denkbar. Aber die hannoversche ContiTech zieht als Werks-Eigentümerin diesen radikalen Schritt nicht unbedingt in Erwägung und hat beim Bezirksamt Harburg beantragt, den Schornstein voraussichtlich noch in diesem Jahr um etwa 15 Meter auf 60 Meter Höhe kürzen zu dürfen.

Der Bauantrag des Unternehmens, das am Standort Hamburg in alter Tradition Gummimischungen für Reifen und sonstige technische Produkte herstellt, schreckte die Mitarbeiter des Harburger Baudezernats auf - aber ebenso die Denkmalschützer in der Hamburger Kulturbehörde. Gabriele Bohnsack-Häfner, stellvertretende Leiterin des Denkmalschutzamts: "Der Schornstein auf dem Phoenix Werksgelände gehört unter Denkmalschutz gestellt. Er ist zu einem Wahrzeichen Harburgs geworden." Ob das Denkmalschutzamt die Sanierung des Schornsteins in seiner jetzigen Höhe im Genehmigungsverfahren des Bauantrags zur Bedingung machen wird, steht noch nicht fest.

Der Harburger Baudezernent Jörg Heinrich Penner sieht in der Kürzung des Schlots bereits den Kompromiss, denn der Schornstein bleibe auch mit geringerer Höhe dem Stadtbild erhalten. Penner: "Ich werte das Bemühen des Unternehmens, den Schornstein nicht abreißen zu wollen sondern in gekürzter Höhe zu erhalten, positiv."

Der Harburger ContiTech Werksleiter Dr. Peter Scholtissek und ContiTech-Sprecher Mario Töpfer diagnostizieren dringenden Handlungsbedarf. Töpfer: "Durch die Witterung ist im oberen Abschnitt bereits ein Teil der Verfugung aus dem Mauerwerk gebrochen. Der Schornstein müsste saniert werden. Aber es ist wirtschaftlicher, ihn abzutragen als ihn neu zu verfugen. Allein der Aufbau eines Gerüsts für die Sanierung würde ein kleines Vermögen verschlingen." Töpfer schätzt, dass auch das Abtragen des Schornsteins einen höheren sechsstelligen Betrag ausmachen wird. Harburg gilt wieder als wichtiger Produktionsstandort im Unternehmensverbund. "Wir haben in den vergangenen beiden Jahren acht Millionen Euro ins Werk investiert", sagt Töpfer.

Der Schornstein auf dem Phoenix-Gelände ist noch in Betrieb. Und auch der markante blaue Wassertank mit der weithin sichtbaren Phoenix-Aufschrift, der den Schlot auf etwa 25 Meter Höhe umgibt, wird noch immer genutzt. Er sorgt für einen gleichmäßigen Wasserdruck, der in der Produktion sonst deutlich aufwendiger mit Pumpen gewährleistet werden müsste. Für den Schornstein sehen die technischen Vorschriften vor, dass er lediglich drei Meter höher sein müsste als die Dächer der Umgebung. Eine heute übliche Röhre aus Edelstahl könnte ihn ersetzen.

Nach der Wirtschaftskrise 2008, die für Kurzarbeit auch in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern sorgte, ist die Auftragslage auch im Harburger ContiTech Phoenix-Werk wieder auf oberem Niveau. Töpfer: "Das Werk zählt 800 Beschäftigte, und wir arbeiten an sieben Tagen die Woche in 18 bis 20 Schichten rund um die Uhr, von Montag bis Sonntag. Wir haben wieder die Auslastung wie vor der Wirtschaftskrise."

Die Wurzeln des Phoenix Werks reichen bis ins Jahr 1856 zurück. Albert und Louis Cohen, Söhne einer jüdischen Hamburger Bankiersfamilie, hatten in Frankreich Erfahrungen mit der Kolonialware Kautschuk gesammelt. In Harburg ließen sie zunächst eine Schuhfabrik bauen. Schon zu früher Zeit, nach mehreren Eigentümerwechseln, war der Markenname Phoenix eingeführt worden. 2004 wurde die Phoenix AG vom Konkurrenten Continental übernommen und kam 2007 unter das Dach der Tochter ContiTech.