Autohaus S&K ist von der IHK mit dem “FaMi-Award“ ausgezeichnet worden

Neu Wulmstorf. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hätte wohl abfällig von "Gedöns" gesprochen. Der "FaMi-Award", eine Auszeichnung der Industrie- und Handelskammer (IHK) für herausragende Familienfreundlichkeit eines Unternehmens, dürfte heute noch bei den meisten mittelständischen Wirtschaftsbossen nur ein müdes Lächeln ernten.

Das Lachen, da sind sich Experten sicher, dürfte den Machern in den Chefetagen in den nächsten Jahren vergehen. Dann nämlich werden ihnen die besten Männer und Frauen abhanden kommen. Fachkräftemangel gilt als eines der größten Probleme der deutschen Wirtschaft in den nächsten 20 Jahren. Laut einer Umfrage des Instituts für Mittelstandsforschung haben sich nur ein Drittel der mittelständischen Unternehmen konkret damit auseinandergesetzt. Familienfreundlichkeit ist dabei als eine wichtige Strategie beim Werben um die gewünschten Arbeitnehmer.

Als einer der familienfreundlichsten Betriebe im Gebiet der IHK Lüneburg-Wolfsburg, es umfasst sieben Landkreise und die VW-Stadt Wolfsburg, gilt die Neu Wulmstorfer S&K Autohaus GmbH. Die IHK hat den Toyota-Händler mit Niederlassungen in Neu Wulmstorf. Buchholz, Harburg und Lüneburg mit dem "FaMi"-Award ausgezeichnet.

Das Unternehmen ist Mitglied im Bündnis für Familien in Neu Wulmstorf und hat sich einer Prüfung unterzogen, um das IHK-Familiensiegel tragen zu dürfen. Familienfreundlichkeit, sagt Geschäftsführer Carsten Schulz, 34, habe schon immer zur Unternehmensphilosophie gehört. Neu sei, dass die Firma darüber bewusst in der Öffentlichkeit spricht. "Wir möchten, dass die Menschen wahrnehmen: S&K, das sind die, die etwas für die Mitarbeiter tun!"

Mechatroniker Rinaldo Graul, 36, darf am Mittwoch frei nehmen, um seinen Sohn Henry Maximilian, 2, zu betreuen. Seine Frau und er konnten einfach keine Tagesmutter finden. Eigentlich gilt die Vier-Tage-Woche in der mittelständischen Kfz-Branche für einen solchen Werkstattspezialisten als schier undenkbar. "Wir haben es trotzdem gemacht, weil wir ihn einfach behalten wollen", sagt Carsten Schulz.

Das Autohaus tut noch anderes, das im Mittelstand nicht üblich ist: Zwei der insgesamt 87 Mitarbeiter sind in Elternzeit. Einer Teilzeitmitarbeiterin aus der Disposition hat das Unternehmen mit Hilfe seines Kontaktes zum Bündnis für Familien einen Krippenplatz besorgt. Der Personalchef übt mit Kindern von Mitarbeitern Bewerbungsgespräche. Die Mitarbeiter-Zeitung berichtet Neuigkeiten zu Themen wie Elternzeit oder Kindergeld.

Hat früher ein Kfz-Meister seinen Betrieb hemdsärmelig allein geführt, beschäftigt ein Autohaus wie S&K heute Hochschulabsolventen für Marketing, Vertrieb und Kommunikation. Der Mittelständler kooperiert mit der Hamburg School of Administration, um geeignete Führungskräfte zu bekommen. "Wir würden die Studiengebühren bezahlen", so Carsten Schulz, " den betrieblichen Teil macht der Student bei uns." Einen geeigneten Bewerber sucht das Unternehmen noch.

In dem Abwerben von Fachkräften sieht das mittelständische Autohaus keine Erfolg versprechende Strategie. "Wir gehen in die Schulen, um den Beruf Kfz-Mechatroniker vorzustellen", sagt Carsten Schulz, "hier sind wir stark engagiert."

Fachkräfte gelten als wenig wechselbereit. Während sie längere Fahrten in Kauf nehmen, ziehen sie nur ungern um, hat die Universität Mainz herausgefunden. Neben der Höhe des Gehalts spielen für sie Faktoren wie die Arbeitsbedingungen oder das Freizeitangebot in der Region eine Rolle.

Das Schrumpfen der Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten werde auch bei einer deutlichen Steigerung der Einwanderung aus dem Ausland nicht mehr zu stoppen sein. Daher, warnt die IHK, werde sich der Wettbewerb um Fachkräfte, vor allem bis zu einem Alter von 50 Jahren, deutlich verstärken.

Laut einer Prognose des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung wird die Anzahl der Erwerbsfähigen im Alter von 15 bis 49 im Landkreis Harburg bis zum Jahr 2025 um 17 Prozent sinken. Ein Plus der Region ist, dass Ältere diese "Lücke der Jüngeren" zumindest teilweise schließen könnten: Die Anzahl der Erwerbsfähigen bei den 50- bis 64-Jährigen soll bis 2025 um 36 Prozent zunehmen. Das Gesundheitsmanagement und die Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer werden für Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen, sagt Sönke Feldhusen, Unternehmensberater bei der IHK Lüneburg-Wolfsburg. Im Landkreis Harburg werde die Wirtschaft zunehmend Ingenieure, IT-Fachkräfte, Industriemeister, Maschinenschlosser, Logistikfachkräfte, Kraftfahrer, Lebensmitteltechniker und Pflegekräfte suchen.