Masterplan sieht aufgewertete Plätze, breite Freitreppen und einen Grüngürtel vor

Harburg. Zu viele Schmuddelecken, das seit Jahren leer stehende Harburg-Carrée und Gebäude, die in den 1970er-Jahren modern waren, jetzt allerdings nur noch Düsternis ausstrahlen: "Hamburgs dynamische Entwicklung geht seit vielen Jahren an der City Harburg vorbei", sagt Joseph Frechen von der Beratungsfirma BulwienGesa, der gemeinsam mit seinen Kollegen von den Planungsbüros Convent und Elbberg den Masterplan für Harburg, in Auftrag gegeben von der Süderelbe AG und dem Business Improvement District, im Rathaus vorstellte.

Die City erhielt vernichtende Noten von den Stadtplanern. "Viele Ecken haben keine Aufenthaltsqualität. Die Menschen, die dort leben, wohnen in finsteren Hinterhöfen", so Frechen. Auch die Lüneburger Straße kommt schlecht weg. "Der Einzelhandel mietet Umsatzerwartungen", sagt Frechen. Und genau bei diesem Thema ist Harburg Schlusslicht von allen Hamburger Stadtteilen - trotz erstklassiger Lage der Geschäfte. "350 Millionen Euro Umsatz wird in Harburgs Innenstadt gemacht, die Hälfte davon vom Phoenix-Center." Die Stadtplaner haben herausgefunden, dass das Phoenix-Center 800 000 Menschen aus dem Umland anzieht. "Diese Impulse kann Harburg bislang nicht nutzen. Es bestehen wenig Anreize für einen Stadtbummel", so Frechen. "Auch die Fußgängerzonen sind mit den vielen Imbissläden auf Schnelligkeit getrimmt. Sich mal in Ruhe irgendwo hinzusetzen, passt nicht in das Konzept."

Harburg hat eigentliche eine Menge Highlights zu bieten

Dabei habe Harburg mit dem Wochenmarkt, der Hölertwiete und dem Binnenhafen viele Highlights. "Es gilt, die 100 000 Innenstadtquadratmeter richtig zu bespielen", sagt der Stadtplaner. Das bedeutet unter anderem, dass ein Gegenpol zum Einkaufsmagneten Phoenix-Center geschaffen werden muss. Und da haben die Stadtplaner einen verblüffenden Vorschlag: "Der Herbert-Wehner-Platz muss aufgewertet werden - mit auffälliger Pflasterung, Sitzgruppen und Bäumen wird er zur vitalen Mitte, zur offenen Mall", so Volker Rathje, Stadtplaner vom Büro Elbberg. Karstadt müsse die Fassade des Gebäudes verändern "oder an einen anderen Standort in Harburg ziehen."

Rigoros fegt er auch andere Unansehnlichkeiten vom Reißbrett. "Das Harburg-Center, das nun schon so lange leer steht, sollte abgerissen werden. Da muss Platz für Neues her." Um Aufbrechen von veralteten Baustrukturen geht es auch beim Tunnel zum Seeveplatz und bei der Treppe, die von der Neuen Straße zum Markt führt: "Große Freitreppen schaffen Atmosphäre. Sie öffnen außerdem die Quartiere."

Und, so heißt es im Masterplan: "Das Gebäude, in dem sich Marktbüro und ein Gastronomiebetrieb befinden, sollte dringend modernisiert werden und zum Kubus am Sand werden." Der Charme der 1970er-Jahre müsse weg, um für den Markt und das Umfeld neue Impulse zu schaffen.

Außerdem setzen die Stadtplaner auf einen Grüngürtel, der sich durch die Innenstadt schlängelt. Eine breite Landschaftsbrücke sorgt vom Schippsee aus für eine Verbindung zum Binnenhafen-Viertel - eine der schönsten Ideen des Planes. Mit kleinen Bäumen, Büschen und Rasen begrünt, werden Spaziergänger in den Channel gelockt. "In der Vergangenheit wurde der Stadtteil zu sehr an den Bedürfnissen des Fahrzeugverkehrs ausgerichtet. Das muss man nun überwinden", sagen Frechen und Rathje. Das gilt auch für das Ansiedlungskonzept, das das gegenwärtig schlechte Image Harburgs als Wohnstandort verbessern soll. Harburg soll von einem neuen Trend profitieren. "Der verteuerte öffentliche Nahverkehr und die hohen Energiepreise sorgen dafür, dass sich die Menschen wieder in den Städten ansiedeln", sagt Frechen.

Studenten, Familien und Senioren könnten sich ansiedeln

Schafft man attraktive Wohnbebauung am Wall, das Wall-Quartier mit sogenannten Townhouses und am Schippsee mit den Schippsee-Höfen, könnten sich in Harburgs City Studenten, Familien und Senioren ansiedeln. "Neue Standorte müssen gemacht werden. Wenn Investoren sehen, dass sich etwas tut, ziehen sie mit - und dann kommen die kaufkräftigen Schichten", sagt Frechen. Der Masterplan ist langfristig ausgelegt. Bis 2050 könnten die Punkte umgesetzt werden. "Da müssten die Eigentümer mitziehen. Außerdem muss man sich da endlich verbindliche Vorgaben für die Bahntrasse, die Harburg zerschneidet, überlegen", sagt CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer.

"Und die Politik sollte sich nicht jahrelang mit Themen wie die Einrichtung einer Behinderten-Toilette aufhalten, sondern zügig den großen Wurf wagen", ergänzt Ronald Preuss, Vorsitzender der GAL-Fraktion in der Bezirksversammlung. Wie es mit den Eigentümern des Harburg-Centers und dem Marktbüro-Gebäude aussieht, davon kann Baudezernent Jörg Heinrich Penner berichten: "Der Wille zur Veränderung hält sich in Grenzen."