Ihre Bedürftigkeit müssen Käufer in Harburgs Sozialkaufhäusern nachweisen. In Buchholz nicht

Harburg/Buchholz. Thore Ankersen, Mitglied beim Round Table 28 Harburg, hat gerade ein Hilfsprojekt für Kinder im russischen Kaliningrad organisiert. Zuvor haben er und seine Kollegen zu Kleiderspenden aufgerufen, weil viele Jungen und Mädchen aus dem ehemaligen Königsberg keine Winterkleidung besitzen. Ihre Eltern können es sich nicht leisten, Jacken, Schals oder gar Spielzeug zu kaufen.

"Das Spendenaufkommen war enorm. Die Leute haben hochwertige Textilien gebracht. Alle haben gesagt, dass sie Sozialkaufhäusern und anderen Einrichtungen nicht mehr trauen und bei uns wissen, dass ihre Spenden auch wirklich bei den Bedürftigen ankommen." Die Kleidungsstücke, Plüschtiere und Spiele, die Ankersen mit seinen Freunden vor einigen Tagen eigenhändig verpackt hat, wurden unterdessen an russische Kinder verteilt - die Aktion wurde mit Fotos dokumentiert - und die Spender sind beruhigt.

"Spenden, die weiterveräußert werden, sind ein heikles Thema", sagt Helga Preuß, Chefin des Buchholzer Awo-"Kaufhauses mit Herz". Bereits seit 2007 betreibt die Awo die Einrichtung an der Bahnhofstraße. Auf 200 Quadratmetern finden sich Stofftiere für 30 Cent, Damenpullover zu drei Euro und Schränke für 15 Euro. Als klassisches Sozialkaufhaus, in dem ausschließlich Menschen aus prekären Verhältnissen einkaufen dürfen, versteht sich das "Kaufhaus mit Herz" nicht. "Zugegeben, hier gibt es sehr günstige Artikel, über die sich Hartz-IV-Bezieher freuen, da sie sich auch mal etwas leisten können. Aber jedermann darf hier shoppen. Wir wollen Menschen, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben, nicht ausgrenzen", so Preuß.

Zuschüsse vom Staat gibt es nicht

Das Kaufhaus erhält keine staatlichen Zuschüsse. Etwa 15 000 Euro für Miete, Personal und Strom müssen erwirtschaftet werden. Monatlich. Dazu kommen noch Kosten für die Entsorgung von Sperrmüll, "also Spenden, die nun wirklich nicht mehr an den Mann oder an die Frau gebracht werden können", so Preuß. Am Jahresende bei Null herauszukommen, wäre für Preuß ein gutes Ergebnis, denn dann muss der Träger nicht die Verluste ausgleichen. Einer sozialen Einrichtung ist es allerdings erlaubt, auf kurze Sicht in einem kleinen Umfang Gewinne zu machen, um trotz Spendenausfällen über die Runden zu kommen und feste Kosten tragen zu können.

Wirtschaften, ohne etwas erwirtschaften zu dürfen und noch nicht einmal zu wissen, mit was man wirtschaften kann, ist schwer. Wirtschaftskrise und stagnierendes Lohnniveau hätten außerdem ein Umdenken bei den Spendern bewirkt. Da wird die Winterjacke, die vor einigen Jahren in die Kleiderspende gegeben wurde, eben noch eine Saison länger getragen.

"Im Sommer war es eng. Wir haben alle Rücklagen aufgebraucht. Klar, dass wir da mal spezielle Ladenverkäufe machen." Preuß ist froh, wenn Händler aus dem Osten "Textilien und Möbel mitnehmen, die hier nicht gehen." "Ladenhüter" müssten sonst für teures Geld entsorgt werden, und "wenn Bedürftige aus Polen und Rumänien daran noch Freude haben - warum denn nicht."

Nicht alle Bürger, die ihre Second-Hand-Ware beim Kaufhaus vorbei bringen, haben dafür Verständnis. "Es gibt eben Waren, wie besonders große, sperrige Möbel, die gehen halt nicht, und müssen anderweitig verkauft werden."

Jana Nöske-Beyling, Projektkoordinatorin beim Sozialkaufhaus "Spendabel" am Küchgarten in Harburg, berichtet, weshalb einige Angebote "nicht gehen". "Altdeutsche, schwere Möbel und große Schrankwände wollen wir nicht, da unsere Zielgruppe eher in kleineren Wohnungen lebt. Textilien, die beschädigt sind oder keine Abnehmer finden, "werden an andere Einrichtungen verteilt." Wie es sich allerdings in jenem Fall vor einigen Wochen verhielt, als am Küchgarten ein kommerzieller Antiquitätenhändler vorfuhr, eine Stilmöbel-Garnitur einlud und damit davonbrauste, können sich weder Nöske-Beyling, noch ihre Kollegin Simone Heller, Öffentlichkeitsreferentin beim katholischen Träger In Via, der gegenüber von "Spendabel" das Sozialkaufhaus "Fairkauf" betreibt, erklären.

Der Käufer muss seine Bedürftigkeit nachweisen

"Wir handeln nicht mit Spenden", sagen beide. Wer regelmäßig bei "Fairkauf" und "Spendabel" Textilien, Deko-Artikel und Möbel erwerben will, muss bedürftig sein und dies nachweisen.

Kunden werden gebeten, ihren Hartz-IV-Bescheid vorzeigen oder eine Bescheinigung darüber, dass sie nicht mehr als 800 Euro monatlich verdienen. Alle anderen werden weggeschickt - heißt es bei "Spendabel".

Die gleichen Spielregeln gelten bei "Fairkauf". "Wir weisen jeden ab, der nicht die erforderlichen Papiere vorzeigen kann", so Simone Heller. Allerdings könne man nicht verhindern, dass Leute die Sachen weiterverkaufen. Also werde darauf geachtet, wie viele Waren die Kunden aufs Kassenband legen. "Kommen wir dahinter, dass jemand mit den Spenden auf Flohmärkten auftaucht, gibt es Hausverbot", sagt Heller.

2500 Kundenkarten hat "Fairkauf"-Harburg in der Kartei, Tendenz steigend. 43 154 Artikel befinden sich in den Regalen. Auch hier wandern beschädigte oder nicht mehr aufzuarbeitende Waren zum Sperrmüll. Was es mit den Stilmöbeln und dem Antiquitätenhändler wirklich auf sich hatte, lässt sich nicht klären. Fragen nach der kommerziellen Weiterverwertung von Spenden muss sich Round-Table-Aktivist Ankersen nicht stellen. "Meine Ehefrau Alla ist nach Kaliningrad gefahren und hat aufgepasst, dass Spielzeug und Kleidung wirklich den Kindern und Eltern übergeben wurde."