In einer Umfrage der Technischen Uni werden Bevölkerungsstruktur, Freizeitmöglichkeiten und Wohnungsmarkt negativ bewertet.

Harburg. Schmutzig, kriminell, fehlendes Flair, zu viele Ein-Euro-Shops und zu wenige bezahlbare Wohnungen: Besonders attraktiv finden viele Studenten der Technischen Universität (TU) die Innenstadt von Harburg nicht. Bei einer Umfrage, die die Uni in Kooperation mit dem AStA und dem Citymanagement im Sommer durchführte, bewerteten 522 der 5000 Studierenden das Umfeld der TU.

Die Bilanz ist vernichtend. "Einer der Befragten äußerte, dass Harburg ein erdrückendes Kleinstadtmilieu aufweise", so Jutta Werner, Pressesprecherin der Universität, die mit Professor Garabed Antranikian, Vizepräsident für die Lehre, und Maren Lübcke von der TUTech Innovations GmbH die Ergebnisse der Umfrage vorstellte.

Die Studenten monierten, dass es wenige Angebote zur Freizeitgestaltung gäbe, keine Bars, Cafés und Kneipen und keine Sport-Gelegenheiten wie unter anderem Kletter- und Skater-Plätze in Uni-Nähe. "Nicht mal in der Grünanlage am Schwarzenberg dürfen die Studis Fußball spielen", so Werner.

Auch die Bevölkerungsstruktur schrecke viele ab, sich in Harburg anzusiedeln. Hier würden eher die unteren sozialen Schichten leben, außerdem verhindere ein hoher Ausländeranteil die Entstehung von nachbarschaftlichen Strukturen - ein weiterer Faktor dafür, dass man sich alles andere als heimisch fühle. "Es gibt wenig Nachbarschaftshilfe, dafür viele pubertierende Jugendliche mit wenig Respekt und schlechten Manieren, von denen man abends angepöbelt wird", sagt ein Student.

Eine Wohnung in Campusnähe zu bekommen, ist fast unmöglich

Doch an Platz Eins der Negativ-Liste steht die Wohnungsnot, die es vielen TU-Studierenden unmöglich macht, sich in der Nähe des Campus anzusiedeln. "Viele weichen nach Wilhelmsburg und auf die Veddel aus, weil Wohnraum dort noch erschwinglich fürs Studentenbudget ist", sagt die Uni-Sprecherin. Weiterhin würden die angehenden Ingenieure im Kampf um Wohnraum in Harburg mit Sozialhilfeempfängern konkurrieren. "Da nehmen Vermieter dann lieber den Sozialkandidaten, weil sie dann auf jeden Fall die Mietkosten vom Amt erhalten." Etwa 308 Euro monatlich könnten die Studierenden fürs Wohnen ausgeben. Sie bevorzugen eher Wohngemeinschaften, als in ein Studentenwohnheim zu ziehen - auch diese Informationen können aus der Erhebung gezogen werden. "Erstsemester benötigen etwa sechs Monate, bis sie eine akzeptable Wohnung finden", sagt Werner.

Die Suche sei frustrierend. "Bezahlbaren Wohnraum gibt es in Harburg nicht: Entweder die Wohnung ist günstig, dann ist sie heruntergekommen, oder sie entspricht einem normalen Standard. In diesem Fall werden Mondpreise verlangt oder gar nicht erst an Studierende vermietet", sagt einer der Befragten. Wenn einige tatsächlich Wohnungen ergattert haben, liegen sie in Heimfeld, Eißendorf und in der Innenstadt. Eingekauft wird nicht in der Lüneburger Straße- "zu viele Ramschläden und Ein-Euro-Shops", heißt es in der Umfrage - sondern im Phoenix-Viertel, bei Marktkauf und bei Karstadt. Gegessen wird meistens in der Campus-Suite, denn das Gastro-Angebot in der Innenstadt lasse zu wünschen übrig. Wer sich amüsieren will, fährt in die Szeneviertel jenseits der Elbe. "Nur günstige Wohnungen in der Uni-Nähe ziehen nicht, Studenten wollen auch kulturelles Leben", sagt ein Teilnehmer der Erhebung.

Professor Antranikian schüttelt den Kopf, als Jutta Werner die Umfrageergebnisse erläutert. "Wir haben mit der TU eine Perle in Harburg. Hier lernen Studenten, die für die Zukunft wichtig sind. Da müssen wir ihnen ein stimmiges Umfeld bieten, das Kreativität anregt und zum Lernen motiviert", sagt er.

Mehr Aufenthaltsqualität ist dringend erwünscht

Weiterhin würde die TU Kongresse mit international bekannten Spitzenforschern ausrichten. "Da muss das Ambiente stimmen, damit wir uns im Ausland sehr gut positionieren können."

Die Politiker sollten deshalb endlich Ernst mit dem Sprung über die Elbe machen und handeln. "Nicht nur immer reden, reden, reden." Günstiger Wohnraum solle geschaffen werden, Harburg solle sich zudem konsequenter um mehr Charme, mehr Aufenthaltsqualität bemühen. "5000 Studenten sind doch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für den Stadtteil." Er wolle sich nun, "um mal einen Anfang zu machen", dafür einsetzen, dass sich Politiker, Wirtschaftsvertreter und TU regelmäßig zusammensetzen und Strategien erarbeiten. AStA-Vorsitzender Jonathan Barth kann in einigen Tagen schon ganz konkret etwas für seine neuen Kommilitonen tun. Er zeigt den Erstsemestern im Rahmen einer Rallye den Stadtteil und hofft, dass sich "die Neuen" nicht abschrecken lassen.