Die erlesene Büchersammlung im Helms-Museum fristet ein kümmerliches Dasein

Harburg. "Moderne Museumsbibliotheken gehören zu den beachtenswertesten Einrichtungen in Hamburg" - so heißt es in einer kleinen Broschüre, herausgegeben von der Direktorenkonferenz der Hamburger Museen. Und tatsächlich machen die Lesesäle, wie sie im Altonaer Museum und in der Kunsthalle zu finden sind, ordentlich etwas her. Literatur und Arbeitsplätze haben dort ein repräsentatives Ambiente.

Nur die Bibliothek des Helms-Museums wird etwas verschämt gezeigt. Die Leser sehen ein Foto von Bibliothekar Roman Markel und einige Schwarten in Regalen.

Es sind all jene Bücher, die Markel überhaupt in den Borden und Regal-Schränken unterkriegt, die in einem 150 Quadratmeter großen Kellerraum des Helms-Museums untergebracht sind. Der Rest der wissenschaftlichen Spezialbibliothek zur Archäologie und zur Harburger Geschichte liegt in den Ecken des Raumes oder wird auf Stühlen gestapelt geparkt. Mittendrin gibt es noch drei Arbeitsplätze für Besucher, die Stühle schon reichlich angejahrt. Ganz hinten im schlauchartigen Raum befindet sich eine Stellwand mit Neuerscheinungen und Zeitschriften, davor türmen sich ebenfalls Bücher. Neonleuchten sorgen für grelles Licht, strahlen auch die mit Dämmfolie verkleideten Heizungsrohre an, die sich an den Wänden entlang schlängeln. Es riecht muffig. Alles in allem wirkt der Leseraum wenig anheimelnd. Sogar auf dem Schreibtisch des Bibliothekars liegen unzählige Bücher. Markel weiß nicht, wohin damit, denn die Bibliothek ist viel zu klein geworden für die etwa 60 000 Medien, die zum Bestand gehören. "Ich bin immer froh, wenn sich Leute einige Exemplare ausleihen, dann brauche ich mich erst einmal nicht darum sorgen, wo ich sie hinstellen kann", sagt er.

Dabei hängt er sehr an seinen literarischen Schätzen. "Wir haben hier den größten Bestand an Büchern, die Harburg zum Thema haben. Da kann nur noch die Hamburger Staatsbibliothek mithalten", so Markel. Die ältesten Exemplare reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Weltweit gibt es nur noch vier Exemplare des Harburger Adressbuchs, das von 1807 bis 1938 geführt worden ist.

Aus einem Schrankregal holt der Bücherfan ein unscheinbares schwarzes Buch. Es ist die "Nomenclatur der Insecten der Grafschaft Hanau-Münzenberg" von Johannes Andreas Benig - gedruckt 1778. Wenn man es aufschlägt, kann man faszinierende, handkolorierte Zeichnungen von unter anderem Schmetterlingen betrachten. Die Farben sind nach mehr als 200 Jahren immer noch nicht verblasst.

Weiterhin findet sich hier die Bibliothek des ehemaligen Harburger Naturkundevereins. Zeitungsjahrbücher geben Aufschluss, was in Harburg um 1800 so los war. Literatur über Vor- und Frühgeschichte in Hamburg und Schleswig-Holstein gibt es auch noch.

"Besucher sind immer wieder erstaunt, was man hier alles entdecken kann, und wundern sich dann, dass diese Bibliothek so klein und versteckt daher kommt", so Markel stolz. Er wünscht sich daher viel mehr Platz und einen würdigeren Rahmen für die Literatur. "Ja, solche Einrichtungen wie in Altona und in der Kunsthalle - das wäre schon toll. Dann könnte man diese Bibliothek im Sinne des Helms-Museums optimal vermarkten", so Markel.

Das wünscht sich auch Museumsdirektor Rainer Maria Weiss. "Eigentlich ist eine Bibliothek das Herzstück eines Museums. Wir haben hier nur ein Provisorium. Es ist in den 1980er-Jahren als Kompaktmagazin angelegt worden.", sagt er im Gespräch mit der Rundschau. Und seitdem habe sich nicht viel getan. Das Museum benötige den fünffachen Raum für eine angemessene Präsentation. Doch es gibt Hoffnung. "Ist die Bezirksverwaltung erst einmal in ihr neues Kundenzentrum an der Knoopstraße gezogen, könnten wir in die Räumlichkeiten über dem Archäologischen Museum ziehen - wenn die Saga uns günstige Mietkonditionen bietet." Dort stünden 7500 Quadratmeter zur Verfügung. "Das wäre ideal für die Bibliothek und für Archive."

Auch die Kulturausschuss-Vorsitzende Jutta Lindberg hat sich die Museumsbibliothek angeschaut. "Das Helms-Museum könnte auf seine Bibliothek stolz sein, wenn sie sich nicht in so einem erbärmlichen Zustand zeigen würde", sagt sie aufgebracht. Externen Besuchern und Gästen sei diese beengte und improvisierte räumliche Situation nicht zuzumuten. "Hier wird das Museum seiner Aufgabe nicht gerecht", sagt sie und wirft die Frage auf, weshalb die Bibliothek im Zuge der Renovierung des Museum vor zwei Jahren nicht berücksichtigt worden ist, etwa in der großen neuen Helms-Lounge.

"Die jetzige Situation scheint auch ein Symptom dafür zu sein, dass ein Betriebskonzept fehlt, und es keine Ideen gibt, die Aufgaben diese Museums aktiv in die Öffentlichkeit zu kommunizieren, um diese daran teilhaben zu lassen", so Lindberg. Besonders bei der Diskussion, wie das Museum seine Selbstständigkeit erhalten kann, sei ein Betriebskonzept, in das die Bibliothek eingebettet werden müsse, wichtig. Harburgs literarische Schätze dürften nicht mehr länger in einem muffigen Keller vor sich hin stauben.