Sozialarbeiter des Projekts “zuArbeit“ kümmern sich bald an der Cuxhavener Straße um Suchtkranke

Harburg. Treffpunkt Rathausplatz Harburg: Bereits seit Anfang September beschäftigt sich Axel Fohrmann, Sozialarbeiter des Beschäftigungsträgers Passage, mit seiner neuen Klientel, den vielfach alkohol- und drogenabhängigen Harburgern, die sich ihre Zeit nicht immer friedlich auf dem Rathausplatz, im Phoenix-Viertel und am Bahnhof Heimfeld vertreiben.

Fohrmann ist der Leiter des viel diskutierten ESF (Europäischer Sozialfonds)-Projektes, dessen Ausgestaltung dafür sorgen soll, dass Abhängige mittels Arbeitsgelegenheiten wieder neue Lebensperspektiven geboten bekommen. Das Vorhaben ist zunächst auf ein Jahr ausgelegt, dafür gibt es 50 000 Euro aus dem ESF-Topf, weitere 50 000 Euro steuert der Bezirk bei. Kooperationspartner der Passage-Gesellschaft sind der Kirchenkreis Ost und das Diakonische Werk Hamburg.

Fohrmann und zwei weitere Kollegen werden bald ihr Büro im ehemaligen WC-Häuschen an der Cuxhavener Straße beziehen. Die Räumlichkeiten sollen auch eine Anlaufstelle für Hilfsbedürftige gelten. "Eines ist klar: Wir bieten hier keine Therapiegelegenheiten. Wir sind ebenfalls kein weiterer bezirklicher Ordnungsdienst", so Passage-Geschäftsführerin Gudrun Stefaniak. Es geht um die "Arbeitsmarktpolitische Aktivierung Alkohol konsumierender Menschen im öffentlichen Raum", kurz "zuArbeit" genannt. Dabei will sich "zuArbeit" mit sozialen Einrichtungen im Stadtteil vernetzen und bei Bedarf unter anderem bei der Suche nach Therapiemöglichkeiten helfen.

Das Projekt ist sehr anspruchsvoll und knifflig umzusetzen. Zum einen werden sich zwei Sozialarbeiter um suchtkranke Menschen aus dem Hamburger Süden bemühen, ihnen dabei helfen, wieder ein Leben in Würde, so heißt es aus Diakonie-Kreisen, zu führen - wenig Personal für eine schwierige Aufgabe. "Man muss sehr viel Vertrauensarbeit leisten. Das geht nicht von heute auf morgen. Die Kommunikation mit diesen Menschen ist nicht einfach", so Fohrmann.

Zum anderen bereiten den Akteuren die Sparmaßnahmen auf dem Beschäftigungs- und Qualifizierungssektor Probleme. "Entgegen der Koalitionsvereinbarungen wollen CDU und GAL die Zahl der Arbeitsgelegenheiten fast halbieren", sagt Gudrun Stefaniak, Geschäftsführerin von Passage. Statt derzeit 9500 sollen bald nur noch 6000 Stellen zur Verfügung stehen. Jüngst gestartete Job-Projekte in den Stadtteilen werden eingestampft und geförderte Ausbildungsplätze wird es ebenfalls nicht mehr geben. In die übrig gebliebenen Möglichkeiten soll deutlich weniger Geld gesteckt werden. Schon jetzt können Arbeitsgelegenheiten im Grünpflegebereich nicht mehr angeboten werden. "Wir gehen davon aus, dass Anfang kommenden Jahres hamburgweit 5000 Menschen aufgrund dieser Einschnitte ohne Job sind", so Stefaniak. Es treffe die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt, diejenigen, die mit einer geringen oder gar keiner Qualifizierung da stehen.

Was tun also mit der Rathausplatz-Klientel, wenn viele Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen? "Wir sind trotz allen Widrigkeiten optimistisch, diesen Leuten helfen zu können, wenn sie es denn wollen", so die Geschäftsführerin. - Zumal Passage in der Vergangenheit schon Erfahrungen mit der Betreuung von langzeitarbeitslosen und suchtabhängigen Harburgern gesammelt hat.

Von 1999 an bis 2005 betreuten Mitarbeiter Hilfesuchende beim JobShop Süderelbe. Ein ähnliches Projekt mit Mittagessen und Arbeitsangeboten lief ab 1995 bis 2005 bei einer weiteren Anlaufstelle, dem Arbeitsladen Heimfeld. Danach war Schluss, weil es kein Geld mehr gab. "Wichtige Einrichtungen für Menschen, die Hilfe brauchen und sie auch angenommen hatten, waren plötzlich nicht mehr da", so Stefaniak. Man habe dann in Harburg "die Zielgruppe aus den Augen verloren". Sicherlich sei das Fehlen derartiger Auffangstrukturen im Stadtteil auch ein Grund dafür, dass sich eine bestimmte Szene auf dem Rathausmarkt trifft. Ist die Misere also ein hausgemachtes Problem? "In gewisser Weise schon", so Stefaniak. Daher sei es wichtig, dass die Arbeit, die Sozialarbeiter Fohrmann nun macht, nicht in ein oder zwei Jahren wieder aus Kostengründen eingespart werde. Stefaniak: "Sollte das der Fall sein, stehen wir wieder vor genau den gleichen sozialen Problemen, wie vorher. Das kann hier niemand wollen."

Mitte Oktober sollen die neuen Räumlichkeiten von "zuArbeit" offiziell eröffnet werden. Etwa sechs Monate später muss Fohrmann gegenüber dem ESF und dem Bezirksamt einen Bericht über seine Arbeit vorlegen. Ein Papier, das möglicherweise darüber entscheidet, ob "zuArbeit" ins zweite Jahr geht. Er hat schon eine Idee, wie das Projekt unabhängig von staatlichen Stellen gesponsert werden könnte: "Man könnte mal bei einer Bierbrauerei anfragen."