Verwaltung kommt im Wirtschaftsausschuss unter Druck. Die Renovierung des Harburger Veranstaltungszentrum wird offenbar teurer.

Harburg. Der Zoff um das Harburger Veranstaltungszentrum Rieckhof weitet sich zum Skandal aus: Ausgerechnet die Verwaltungsmitarbeiter Holger Stuhlmann vom Sozialdezernat und der stellvertretende Bezirksamtsleiter Dirk Trispel ließen während der jüngsten Wirtschaftsauschuss-Sitzung im Rathaus die Bombe platzen. "Damit auch wirklich alle Brandschutzvorschriften erfüllt werden, müssen noch einmal 600.000 Euro investiert werden", sagte Stuhlmann. Und Trispel: "Das Geld hat der Bezirk nicht und wird er in Zukunft nicht zur Verfügung stellen können. Außerdem muss das 1984 errichtete Gebäude nach 26 Jahren grundsaniert werden. Da rechnen wir mit einer siebenstelligen Summe."

Der Schock bei den anwesenden Politikern war groß - zumal Stuhlmann darüber referierte, wie viel Geld schon in den maroden Rieckhof geflossen ist. "Damit den wichtigsten Sicherheitsvorschriften Genüge getan wird, haben wir ad hoc 47.000 Euro zur Verfügung gestellt." Weitere 16.000 Euro gehen für die dringend fällig gewordene Erneuerung der Rauchklappen drauf. "Wenn das in sechs Wochen gemacht worden ist, dürfen wieder Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen im Rieckhof stattfinden."

Danach stehen weitere Renovierungsarbeiten an. So müssen unter anderem im Rahmen eines sogenannten Step One Pakets Feuermeldeanlagen installiert und Hauptsicherungen überprüft werden. Kostenpunkt: etwa 90.000 Euro. "Ist das geschehen, dürfen immerhin wieder 1034 Leute rein", so Stuhlmann.

Während viele der anwesenden Ortspolitiker am liebsten Rieckhof-Chef Jörn Hansen die Schuld für die Misere geben wollten, blieb Ausschuss-Vorsitzender und CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer ruhig: "Wie dringend sind denn die 600.000-Euro-Maßnahmen, die noch anstehen?" Stuhlmann druckst herum. Es sei schon lange klar, dass das gemacht werden müsse, könne aber noch warten. "Weshalb ist das denn nicht schon vor einem Jahr von der Verwaltung berichtet worden, als in der Bezirksversammlung über den Finanzbedarf beraten worden ist? Dann hätte man doch noch gegensteuern können", sagte Fischer.

Stuhlmann wusste auch nicht zu antworten, als Ausschussmitglied Heinke Ehlers, GAL, fragte, wer eigentlich im Vorstand des Rieckhof-Trägervereins sitzt. "Weiß ich nicht", so Stuhlmann. Außerdem monierte Fischer, dass die Verwaltung überhaupt keine Ahnung vom Veranstaltungskonzept des Rieckhofs hat. "Wieso man sich nicht schon längst mit Jörn Hansen zusammengesetzt hat, ist mir ein Rätsel", sagte Fischer im Rundschau-Gespräch.

Trispel hatte indes eine Idee, wie der Bezirk das Rieckhof-Dilemma ein für alle mal los wird: "Am besten wäre es, wenn der Rieckhof an eine private Vermietungsfirma ginge, etwa Saga GWG. Während das bei anderen Verwaltungsgebäuden längst schon passiert ist, hat man den Rieckhof anscheinend vergessen." Daher soll nun ein Konzept erarbeitet werden, das unter anderem Aufschluss über den baulichen Zustand und über das Veranstaltungskonzept des Trägervereins gibt.

Laut Ralf Dieter Fischer hat die Verwaltung noch ganz andere Dinge vergessen. "Während mir der ursprüngliche Mietvertrag zwischen Trägerverein und Finanzbehörde längst vorliegt, musste sich die Verwaltung dieses Papier erst besorgen."

Darin habe sich der Verein verpflichtet, sämtliche Renovierungsarbeiten selbst zu übernehmen - obwohl dies eigentlich dem Vermieter obliegt. Außerdem müsse der Verein aus den jährlichen Zuwendungen, die er für den Veranstaltungsbetrieb von der Kulturbehörde erhält, 250.000 Euro an Mietkosten an die Finanzbehörde abführen. "Das ist jahrelang passiert. Der Fiskus kassierte und kümmerte sich aber nicht um den Gebäudezustand. Sehr fragwürdig", so Fischer. Er hat auch die Bauakten studiert. "Daraus ergibt sich, dass der Rieckhof von Anfang an nur eine Genehmigung für Veranstaltungen mit 400 Personen hatte. Weshalb sich da trotzdem regelmäßig 1000 Leute tummelten, sei erstaunlich.

"Das ist alles kein Ruhmesblatt der Verwaltung. Allerdings hätte der Trägerverein auch mal aktiv werden sollen, um uns auf Missstände aufmerksam zu machen." Dass Jörn Hansen bislang einen guten Job gemacht und auf den Zustand des Gebäudes geachtet hat, sieht er schon. "Dafür, dass alles etwas in die Jahre gekommen ist, sehen Möbel und Räumlichkeiten eigentlich noch gut aus."

Jörn Hansen, der nicht zur Sitzung geladen war, wappnet sich unterdessen gegen die Angriffe aus Politik und Verwaltung. "Wir sind keine Juristen und Brandschutzexperten." Er fragt sich, weshalb die Bauakten des Rieckhofs in der Verwaltung abhanden gekommen sind. "Die müssen jetzt für mehrere 10 000 Euro wieder neu angefertigt werden. Das zeigt doch, wie schlampig da gearbeitet wird."

Pingelig hat er sämtliche Korrespondenz mit Dekra und Ämtern gesammelt. Auf Schuldzuweisungen hat er keine Lust mehr. "Notfalls gehe ich juristisch gegen Beleidigungen vor." Dass "sein Rieckhof" vielleicht künftig von einem Privatunternehmen verwaltet werden könnte, findet er positiv. "Die haben mehr Ahnung von ihrem Job als der Amtsschimmel."