Weil immer noch Gutachten fehlen , verzögern sich die Bauarbeiten und das bewilligte Geld droht zu verfallen

Harburg. Stundenlang saß Rieckhof-Chef Jörn Hansen in Beratungen mit Ingenieuren und Vertretern von Dekra und dem Wohnungsbauunternehmen GWG.

Zwischendurch platzte ihm der Kragen. "Ich hab bald keine Lust mehr auf diesen Zirkus", sagt er. Es ging bei der Gesprächsrunde wieder mal um den maroden Zustand der Veranstaltungsstätte. Wie berichtet, hatte ein Brandschutzexperte der Feuerwehr im Januar 2009 viele Sicherheitsmängel im Rieckhof entdeckt. Ein 150-seitiges Gutachten gibt Aufschluss über Fehler bei Brandschutz, Elektrik und Lüftung. Mängel, die bereits seit Errichtung des Gebäudes bestanden haben sollen. Trotz der knappen Haushaltsmittel ist es Bezirksversammlung und Verwaltung gelungen, 320 000 Euro zur Renovierung zur Verfügung zu stellen.

Und damit hatte es sich dann. "Damit die Baumaßnahmen ausgeschrieben werden können, müssen Analysen und Gutachten her. Die fehlen immer noch, und während der Sitzung kümmerten sich Behördenvertreter und Ingenieure eher darum, wer Schuld an der ganzen Misere hat. Das ist alles andere als konstruktiv", wettert Hansen.

Denn: Gelingt es nicht, die anstehenden Arbeiten auszuschreiben und die Finanzen noch 2010 zu verbauen, verfällt das Geld. Alle Bemühungen der Ortspolitiker waren dann vergeblich, befürchtet Hansen. Da sich nichts bewegte, schritt der Rieckhof-Chef zumindest bei einem "Sorgenkind" zur Tat. "Wir haben hier vier Wärmeauszugsklappen. Die müssen aus Sicherheitsgründen während Veranstaltungsgründen aufgemacht werden. Das Druckluftsystem funktioniert aber schon lange nicht mehr."

Werden die nicht repariert, darf Hansen nur noch 200 Besucher ins Gebäude lassen. Schon jetzt sind nur noch 400 Gäste bei Konzerten und Theateraufführungen zulässig. Hansen: "Ich habe die Katastrophenbilder von Duisburg gesehen. Ich möchte nicht daran schuld sein, wenn hier mal etwas passiert und Menschen in Not geraten oder gar sterben."

Jörn Hansen beauftragte eine Technik-Firma

Also argumentierte Hansen, dass Gefahr in Verzug ist und es jederzeit aufgrund der altersschwachen Klappen passieren kann, dass ein Feuer ausbricht. "Deshalb habe ich eine Firma beauftragt, die mir in 13 Tagen für 16 000 Euro alles wieder in Ordnung bringt." In diesem Ausnahme-Fall konnte Hansen auf eine Ausschreibung verzichten. "Es ist ein gutes Gefühl, endlich einmal erfolgsorientiert handeln zu können. Sonst wird hier doch nur herumgeschlampt."

Er muss nun eine weitere Hürde nehmen. Sollte es tatsächlich zu einer Ausschreibung kommen und setzen dann im November Handwerker ihre Werkzeuge an, muss Jörn Hansen seinen Laden dicht machen. Und das mitten in den umsatzstärksten Monaten. "Dann wird hier als erstes die Decke abgenommen, damit Stromleitungen erneuert werden können. Das kann dauern." Das Weihnachtsmärchen, der Höhepunkt des Jahres für viele Kinder aus Harburg und Umgebung, findet dann wohl nicht statt. "Ich habe doch Künstler gebucht. Was soll ich denn jetzt bloß machen?".

Viele Harburger und Kulturschaffende sprächen ihn an und fragten, ob es den Rieckhof überhaupt noch geben würde. "Das ist alles extrem geschäftsschädigend."

Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung, gibt ihm recht. "Es könnte wirklich der Fall sein, dass das Geld am Ende des Jahres nicht mehr zur Verfügung steht, wenn die Ausschreibungen jetzt nicht endlich laufen." Es sei ein Skandal und völlig absurd, wie mit Hansen und Harburgs Veranstaltungszentrum umgegangen werde. "Es gibt Beschlüsse der Bezirksversammlung. Wie ernst werden wir bei der Verwaltung eigentlich genommen?", sagt Heimath aufgebracht.

Der Rieckhof erhält seit 25 Jahren das gleiche Geld

Rainer Bliefernicht, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion: "Alles wird gut. Sicher können wir das Geld, wenn es denn sein muss, ins nächste Jahr retten." Und sollten die Bauarbeiten dieses Jahr noch starten, "dann muss Hansen eben schließen."

Es kommt noch mehr Unbill auf den engagierten Rieckhof-Chef zu. "Ich habe schon in einer Sitzung des Kulturausschusses Anfang des Jahres berichtet, dass ich seit 25 Jahren mit denselben Zuwendungen auskommen muss." Das sei spätestens 2012 nicht mehr möglich. "Ich bin kein Zauberer", sagt er. Obwohl er sich manchmal im Umgang mit dem Amtsschimmel tatsächlich magische Kräfte wünscht.