DRK-Ernährungsberaterin Alke Küsel sorgt für gesunde Ernährung von Kita-Kindern

Neuwiedenthal. Der kleine Merreil (3) schaut in der Küche der Kita Stubbenhof in Neuwiedenthal DRK-Helferin Erlinda Mika (51) beim Kartoffelstampfen zu. "Da brauchst du viel Kraft", sagt die 51-Jährige zu dem kleinen Jungen aus der Bärengruppe. Und Ausdauer. Denn Mika und ihre Kolleginnen, Hauswirtschafterin Marita Kaffke (44) und Helferin Sylvia Sykosch (47) bereiten Mahlzeiten für 140 Kinder und Jugendliche im Alter von ein bis13 Jahren (Hort, Krippe und Kita-Besucher) von montags bis freitags frisch zu. Viele Kinder haben Migrationshintergrund. Auf religiöse Essensvorschriften wird Rücksicht genommen.

Manchmal helfen die Kleinen in der Küche mit: Da wird Gemüse und Salat vom Biohof aus dem Alten Land klein geschnippelt, Fischfilets werden portioniert und Sauce wird eingekocht. Heute stehen panierter Dorsch, Mischgemüse und Kartoffelpüree mit Zitronenbuttersauce auf dem Speiseplan, Donnerstag gibt es Gyros mit Vollkornreis. Morgens kommt das Biobrot fürs Frühstück von Bäckerei Bahde aus Finkenwerder. Dann schmieren die DRK-Mitarbeiterinnen Frühstücksbrote für die Kita-Kinder.

Ob es dazu Bananen gibt, wie der Speiseplan für die Woche aussehen könnte und wie eine gesunde Zwischenmahlzeit am Nachmittag für die Kinder und Jugendlichen zusammengestellt wird, das bestimmt Alke Küsel (43), Ökotrophologin und Bereichsleiterin für die Hauswirtschaftskräfte beim DRK, für zwölf Einrichtungen.

Nachdem beim DRK schon seit einigen Jahren auf gesunde Kost für Kinder geachtet wird, führt Küsel nun zusätzliche Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ein. "Die Kinder in unseren Kitas sollen nach hause gehen und sagen, 'Mama, das Essen hat heute wieder lecker geschmeckt.' Wir wollen ausgewogene und vollwertige Gerichte schmackhaft machen", sagt sie. So gibt es meist auf den ausgedruckten Speiseplänen ein Bild von dem jeweiligen Gericht oder einzelne Gemüsesorten werden gezeigt. Jeweils zweimal in der Woche werden Gerichte mit Fleisch serviert, einmal gibt es eine vegetarische Mahlzeit, einmal Fisch. Teurer ist das Essen durch die höheren Ansprüche ans Angebot nicht geworden.

Kitas haben ernährungspädagogische Schlüsselfunktion

Vorwiegend wird Obst und Gemüse von regionalen Anbietern eingekauft und verarbeitet. Die Küchen in vielen DRK-Kitas sind so gestaltet, dass Kinder auch mitkochen können. "Klar, unser Konzept mit der Verarbeitung frischer Produkte aufwendiger als Fertigprodukte in der Mikrowelle heiß zu machen. Es lohnt sich aber", betont Küsel. Denn Kitas komme eine ernährungspädagogische Schlüsselfunktion zu. Bereits im Kindesalter werde ein Grundstein für späteres Essverhalten gelegt. "Hier werden Geschmacksnerven geprägt", so Küsel. Essen sei eben auch ein sinnliches Erlebnis. Und als Mika den Dorsch aus dem Ofen holt, duftet es verführerisch nach Fisch und Kartoffelpüree. Merreil kann es beim Austeilen nicht schnell genug gehen. Er hat jetzt Hunger und kann es kaum erwarten, dass Kinderpflegerin Petra Juhnke ihm den Teller hinstellt. Er kann schon gut mit Messer und Gabel umgehen und kaut jeden Bissen sorgfältig. "Das gehört auch zu unserem Konzept. Das Hantieren mit dem Besteck aber auch das Kauen fördert die motorischen Fähigkeiten", so Küsel.

Viele Kinder wissen nicht, dass Obst auf Bäumen wächst

Auch wichtig: erste Erfahrungen mit der Verarbeitung von Lebensmitteln sammeln. "Im Sommer waren die Kleinen auf dem Biohof, Erdbeeren pflücken. Die haben wir dann später zu Marmelade eingekocht", berichtet Küchenhilfe Erlinda Mika.

Essen werde von vielen Kindern vielfach schräg wahrgenommen, erzählt Mika weiter. Sie wissen nicht, dass Obst auf Bäumen oder in Büschen wächst - und einige haben meist am Ende des Monats die Woche über nur Toastbrot auf dem Teller. In Neuwiedenthal leben viele Menschen mit Migrationshintergrund. Fast ein Viertel der Bewohner, also mehr als 5000 Kinder und Jugendliche, sind unter 18 Jahre alt. In der DRK-Kindertagesstätte Stubbenhof werden täglich 170 Kinder betreut. Für mehr als 85 Prozent ist Deutsch nicht Muttersprache.

"Viele unserer Schützlinge bekommen an Wochenenden keine warme Mahlzeit", sagt Anke Maack, Leiterin der Kita Stubbenhof. Diese Kinder essen am Freitag, wenn Hauswirtschafterin Kaffke und ihr Team das Essen zubereiten und austeilen, dreimal nach. "Die essen auf Vorrat. Am Montag dann langen sie schon beim Frühstück richtig zu", berichtet Maack. Nur sonnabends und sonntags weichen die Helfer ein wenig von ihren Vorgaben ab und tischen Fertigkost auf. Um diese Mahlzeiten anzubieten, benötigt Maack jährlich 21 000 Euro zusätzlich, finanziert aus Spenden. "Bald wollen wir Kochrunden für Mütter und Väter anbieten", so Küsel. Ob damit auch Eltern aus prekären Lebensverhältnissen gelockt werden können - "Wir hoffen es", so die Ernährungsspezialistin. Kaffke, Maack und Sykosch stellen unterdessen bunte Obstteller mit Bananen, Äpfel und Orangen für die Bären- und Pinguingruppe zusammen. Süßes steht ebenso ab und zu auf dem Speiseplan. "Freitags gibt es immer Eis. Darauf freue ich mich schon", sagt Merreil strahlend. Doch auch beim kalorienreichen Nachtisch ist Augenmaß angesagt - oder die Faustregel von Alke Küsel. "Alles, was auf eine Handfläche passt - Äpfel, Kekse, Kuchen und auch Eiskugeln - ist genug und deckt den Bedarf."