Die Kreisjugendpflege in Harburg bietet den Alkohol- und Tabak-Präventions-Parcours “KlarSicht“ für interessierte Schulklassen an.

Winsen. Den benebelten Blick kennt der 16-jährige Niklas Kellermann schon, ebenso die Balance beim Gehen zu verlieren und zuzugreifen, aber den Gegenstand nicht zu treffen. Beim Suchtpräventionsgespräch in der Schule hatte der Berater die so genannte Rauschbrille, die den Blick bei etwa 1,5 Promille simuliert, auch schon dabei. Kontrollierter funktioniert das Gehen auf der vorgegebenen Linie beim "KlarSicht"-Mitmach-Parcours in Winsen heute deshalb aber nicht. Richtig erstaunt ist er über das Ergebnis beim Rechenspiel. Wenn man täglich eine Schachtel Zigaretten raucht, kostet das im Jahr fast 2000 Euro. "Mit dem Geld kann man ja in den Urlaub fliegen", sagt er. Genau das sind die Erkenntnisse, die sich Kreisjugendpfleger Franz Schaffeld von dem Projekt erhofft hat.

+++Wirkstoff bekämpft gleichzeitig Lust auf Zigaretten und Alkohol+++

Der "KlarSicht"-Mitmach-Parcours" wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entwickelt und ist als Wanderprojekt in ganz Deutschland unterwegs. "Wir haben fast fünf Jahre gewartet, um den Parcours in die Region holen zu können", sagt Schaffeld. "Deshalb freuen wir uns natürlich besonders darüber, dass so viele Schulklassen interessiert sind." Am Donnerstag haben bereits 180 Schüler die fünf Stationen des Rundgangs durchlaufen. Am Freitag werden weitere 120 Jugendliche erwartet. "Für die Prävention ist es besonders wichtig, auf dem aktuellen Stand der Trends zu bleiben. Neue Alkoholmischgetränke müssen ebenso thematisiert werden wie die E-Zigarette", sagt Sozialpädagoge Schaffeld.

Er und seine Kollegen bieten deshalb mit verschiedenen Organisationen regelmäßige Präventivberatungen für Schulklassen und Jugendeinrichtungen an. Er sagt: "Die eigentliche Einstiegsdroge ist genau genommen der Tabak. Das Alter, in dem angehende Jugendliche das erste Mal mit Zigaretten in Kontakt kommen, liegt teilweise bei zwölf Jahren." Seitdem die Packungen am Automaten nur noch mit Altersnachweis zu erhalten sind, habe sich die Zahl der jugendlichen Raucher stark verringert, erklärt er weiter. Die Kreisjugendpflege führt dennoch gelegentliche Testkäufe im Einzelhandel mit jungen Menschen in Zusammenarbeit mit der Polizei durch.

Nach der Aussage des Kreisjugendpflegers ist das Rauchen an Schulen lange nicht mehr so verbreitet wie noch vor einigen Jahren. Das sei der Verdienst der gesetzlichen Neuregelungen und natürlich auch guter Aufklärung. Alkohol lässt sich mit dem Rauchen allerdings nicht so einfach über einen Kamm scheren. "Es geht bei unseren Präventionsmaßnahme nicht darum, Alkohol zu verteufeln", sagt Schaffeld. "Dafür sind Bier und Wein viel zu sehr Kulturgut in unserer Gesellschaft. Wir wollen den Jugendlichen den verantwortungsvollen Umgang mit den Getränken nahebringen." Deshalb ist es laut Schaffeld besonders wichtig, die jungen Menschen aktiv mit einzubeziehen und ihnen zuzuhören. Die Lehrer werden während des Rundgangs bewusst von den Schülern getrennt. "Das Projekt ist so aufgebaut, dass an jeder Station neben dem Moderator vom "KlarSicht"-Team auch ein Ansprechpartner aus der Region aktiv miteinbezogen wird. So haben die Jugendlichen die Möglichkeit, ein entspanntes Verhältnis zur Polizei oder einem Suchtberater aufzubauen", sagt der Sozialpädagoge.

Bei der Station "Talkshow" etwa werden unterschiedliche Problemfälle anhand einer fiktiven Person diskutiert. Die Jugendlichen können hierbei eigene Erfahrungen auf die Figur projizieren, ohne sich selber bloßzustellen. "Wir halten das für den wichtigsten Aspekt an diesem Konzept. Die Jugendlichen sollen nicht frontal belehrt werden, sondern in die Entwicklung des bewussten Umgangs mit diesen Stoffen einbezogen werden. So kann Prävention unserer Meinung nach am besten funktionieren", sagt Ingrid Schmitt, Leiterin des "KlarSicht" Teams.

Für Niklas stand schon vor dem Besuch fest: Um erwachsen zu sein, muss man nicht rauchen und trinken. Der Parcours hat ihn in dieser Meinung bestärkt. Er sagt: "Ich fand super, dass wir durch die Spiele so viel gelernt haben. Zum Beispiel, wie viel Gramm Alkohol in Bier, Wein und Schnaps enthalten sind oder wie die Alkohol- und Tabak-Werbung funktioniert. Und wer nach dem Rechenspiel noch Geld für Zigaretten ausgibt, der ist selber schuld."