Wirtschaftsbehörde macht keine Anstalten, Fahrradverleihsystem auch in Harburg einzuführen. Alternative Channel Bikes wird gut genutzt.

Harburg. Eine Stadt, zwei Fahrradverleihsysteme: An 106 Mietstationen jenseits der Elbe kann man sich eines der 1100 knallrot lackierten StadtRad-Flitzer ausleihen und damit losdüsen - die erste halbe Stunde ist kostenlos, dann werden drei Cent Gebühren pro Minute fällig. In Harburg stehen 50 hellgrüne Räder gegen Pfand kostenlos zur Ausleihe im Binnenhafen und Innenstadtbereich zur Verfügung.

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Und die grünen Channel Bikes, das Fahrradausleihprojekt, das Harburgs Bauunternehmer Arne Weber im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat, hat sich inzwischen zum Erfolgsmodell gemausert. "Die 50 Fahrräder werden gut genutzt. Eigentlich wollten wir die Räder im Winter einlagern - aufgrund der tollen Ausleihquote haben wir den Betrieb allerdings weiterlaufen lassen", sagt Channel-Managerin Melanie Gitte Lansmann. Je mehr Firmen sich im Binnenhafen ansiedeln, desto stärker sei das Interesse, das Gebiet per Rad zu erkunden", so Lansmann.

Motivation für Arne Weber, ein Fahrradverleihsystem zu entwickeln, war eigentlich Unmut. Der Bauunternehmer war enttäuscht darüber, dass Harburg vom StadtRad-System ausgenommen wird. "Jeder Stadtteil jenseits der Elbe hat die knallroten Räder schon, nur Harburg geht leer aus", sagte er vor einem Jahr im Gespräch mit dem Abendblatt. Nur zu lamentieren reichte ihm damals allerdings nicht. Er legte sein eigenes Konzept auf. Etwa 300 Euro kostet eines der hochwertigen, hellgrün lackierten Räder, die mit Gangschaltung und Federgabel ausgestattet sind. "Es gab Befürchtungen, dass die Räder entweder geklaut oder beschädigt werden - nichts davon hat sich glücklicherweise bewahrheitet. Nur an sechs Fahrrädern mussten kleine Reparaturen vorgenommen werden", sagt Lansmann.

Unliebsame Konkurrenz zum StadtRad-System, das sich viele Politiker auch für Harburg wünschen, solle das Channel Bike jedoch nicht sein. "Es kann ja nicht sein, dass man bestraft wird, wenn man sich selber behilft", so Melanie Gitte Lansmann. Allerdings scheint das Signal, das Weber mit seiner Aktion setzen wollte, immer noch nicht im Hamburger Rathaus angekommen zu sein. Harburg solle von Mobilitätsplänen nicht abgekoppelt werden, hieß es zur Einweihungsfeier, zu der auch Wirtschaftssenator Frank Horch eingeladen war - der nach den Ansprachen sogar das Channel Bike testete.

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Doch nach wie vor ist mit der Einführung des StadtRad-Systems nicht zu rechnen. "Um das StadtRad in Harburg betriebswirtschaftlich sinnvoll betreiben zu können, müssten mindestens zehn bis 15 Stationen eingerichtet werden. Das wäre eine eigenständige Realisierungsstufe, die vom bestehenden Vertrag und den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht gedeckt ist", sagt Helma Krstanoski, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde.

Ziel sei es, das Fahrradleihsystem auf lange Sicht schrittweise auszubauen. Krstanoski: "Inwieweit davon dann auch Harburg und Bergedorf profitieren würden, lässt sich heute noch nicht sagen." Eine Argumentation, die so manch einem bekannt vorkommen könnte, wird sie doch von der Behörde seit Jahren vertreten. Daran konnte auch die CDU in der vergangenen Legislaturperiode nichts ändern. Und während sich CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer damals mit den Fachbehörden anlegte, hat er sich nun die SPD zum Feindbild auserkoren. "Harburg stellt sieben SPD-Abgeordnete, die sich für die Interessen des Stadtteils einsetzen könnten, aber ihr Amt offenbar nur als Rumsitzposition verstehen." Er greift auch Wirtschaftssenator Horch an. "Es kann in seinem Aufgabenbereich nicht immer nur darum gehen, die Elbe zu vertiefen."

Auch die Geduld von Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD-Mehrheitsfraktion, scheint in Sachen StadtRad am Ende zu sein. "Da müssen nach wie vor dicke Bretter gebohrt werden. Offensichtlich besteht immer noch nicht die Bereitschaft, Harburg ebenfalls mit StadtRad auszustatten." Heimath setzt eher auf die Pläne, Fahrradstationen an den S-Bahnhöfen Harburg und Neugraben zu installieren - ebenfalls keine neuen Pläne und der Behörde seit Jahren bekannt. Dazu Sprecherin Krstanoski: "Wir unterstützen das Bezirksamt Harburg finanziell bei einer Machbarkeitsstudie für eine Fahrradstation am Bahnhof Harburg."

Das ist erstaunlich, denn ein solches Gutachten ist längst erstellt worden. "Ja, natürlich gibt es ein derartiges Gutachten, es ist im Oktober 2010 aufgelegt, weiterentwickelt und dann im Juni 2011 im Verkehrsausschuss präsentiert worden", sagt Kai Wolkau, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen.

Unterdessen will Arne Weber Harburg noch stärker ins Rollen bringen. "Aufgrund des großen Erfolgs werden wir vielleicht den Bestand der Channel Bikes während der internationalen Bauausstellung erhöhen", sagt Lansmann. Ob StadtRad komme oder nicht.