Erstes Melkhus im Landkreis Harburg öffnet am 29. April seine Pforten. Ein Testlauf mit eine Senioren-Radgruppe machte Lust auf mehr.

Ardestorf. Zehn Männer sind die ersten Gäste: Schon vor der Eröffnung am 29. April rastet die Senioren-Radgruppe aus Moisburg im ersten Melkhus im Landkreis Harburg. Die Männergruppe war auf ihrer Tour in die Fischbeker Heide gerade dann an dem Bauernhof Peper in Ardestorf vorbeigeradelt, als Landwirtin Rebecca Peper in einem ganz persönlichen Testbetrieb Rezepte für Milchshakes ausprobierte. "Lecker", sagt Alfred Sternal und trinkt seinen Himbeer-Shake auf Buttermilchbasis leer. Für den künftigen Betrieb ab Ende April haben die Moisburger Pedaleure, die jeden Donnerstag eine etwa 50 Kilometer lange Tour fahren, noch einen besonderen Wunsch: "Habt ihr Wurst mit Kartoffelsalat?"

Daraus wird nichts. Denn Melkhüs sind Milchraststätten. Aber wenn Radtouristen aus Bremen oder Buxtehude demnächst zum beliebten Ausflugsziel Appelbecker See fahren oder Hamburger an die Weser radeln, können sie sich auf dem Hof im Süden Neu Wulmstorfs mit frischen Milchspeisen und Kuchen von der Bäuerin erfrischen. Rebecca und Frank Peper eröffnen am Sonntag, 29. April, um 10 Uhr auf ihrem Bauernhof in Ardestorf das erste Melkhus im Landkreis Harburg.

Der Regionalpark-Shuttle wird nur 20 Meter vom Melkhus entfernt halten. Der Regionalpark Rosengarten hat die Route seines kostenlosen Freizeitbusses geändert und wird an der Milchraststätte halten. Die im vergangenen Jahr gestartete Buslinie nimmt im Juli wieder ihren Betrieb auf.

75 Melkhüs an Radwanderwegen im Nordwesten Niedersachsens gibt es bereits. Der Name ist rechtlich geschützt. Die Architektur ist immer gleich: ein grünes Holzhaus, 20 Quadratmeter groß, mit rotem Ziegeldach.

In Ardestorf steht sogar ein Melkdoppelhus. Frank Peper hat neben die Originalraststätte einen Eigenbau in nahezu identischem Baustil gesetzt. So sollen bei ihm auch größere Gästegruppen vor Regen geschützt Platz finden. Sein Bauernhof liegt im Pausenradius des Radfernweges Hamburg-Bremen, also höchstens fünf Kilometer weit entfernt. Am Wochenende, so sagen Nachbarn der Landwirte, kämen bis zu 50 Radwanderer über den Tag verteilt an dem Hof vorbei. Auch ein ausgeschilderter Reitwanderweg des Regionalparks Rosengarten führt an der Hofstelle, deren Geschichte bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht, vorbei. All das macht der Landwirtsfamilie berechtigte Hoffnung, häufiger Ausflugsgäste auf dem Rad oder zu Pferd bewirten zu können. Eine Gruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs aus Buchholz hat sich zur Eröffnung bereits angekündigt.

Wie viele Milchshakes, Quark- und Milchreisspeisen Rebecca Peper pro Tag zubereiten muss, wird die Erfahrung zeigen. Sie probt indes mit Freundinnen verschiedene Rezepte für Milchshakes aus. Auch ihr Mann Frank hat gelernt, Milchshakes anzurühren. "Nur Kuchen backen kann ich nicht", sagt er. Dass beide das Milchspeisenhandwerk verstehen, ist wichtig für den Familienbetrieb: Während der Saison von April bis Ende September haben Melkhüs jeden Tag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, dazu haben sich die Betreiber verpflichtet. Das Melkhus ist aber nicht ständig besetzt. In der Regel zahlen Kunden in eine Kasse des Vertrauens. "Erfahrungen zeigen, dass kaum Schwund ist", sagt Frank Peper.

Ein Melkhus bedeutet für einen bäuerlichen Betrieb zunächst eine erhebliche Investition: Frank und Rebecca Peper bezahlen nach eigenen Angaben knapp 50 000 Euro für ihr kleines Gasthaus. Ursprünglich hatten sie mit 30 000 Euro kalkuliert. Zuschüsse von der EU, dem Land, dem Landkreis oder dem Regionalpark Rosengarten gibt es nicht . Nur einige Geschäftspartner des Landwirts haben jeweils einige Hundert Euro gegeben. Nach einigen Jahren Anlaufphase hofft Frank Peper, 5000 bis 10 000 Euro Gewinn mit dem Melkhus erwirtschaften zu können. Der Trend gehe zur Direktvermarktung, sagt er: "Die Menschen wollen weg von der Standardware der Discounter und möchten Produkte, von denen sie sehen, woher sie kommen."

Der Rohstoff für die frisch zubereiteten Milchspeisen stammt nicht von Pepers Milchviehbetrieb selbst. Stattdessen bezieht er die Milch zweimal in der Woche von der Molkerei Kück. Ursprünglich war das nicht so vorgesehen. Sein Hof, erklärt er, produziere keine sogenannte Vorzugsmilch, die mit bestimmten Verfahren des Verpackens und Filterns hergestellt werde.

Dafür dürfen Besuchergruppen nach Anmeldung in Frank Pepers Kuhstall. Die Melkhus-Idee sieht nämlich vor, dass Ausflugsgäste Einblick in die landwirtschaftliche Produktion bekommen. Der Landwirt zeigt seinen Gästen die Kälber und was eine Kuh braucht, um Milch produzieren zu können. Wer zwischen 17 Uhr und 17.30 Uhr vorbeikommt, kann Frank Peper auch beim Melken zusehen.