Vier Wochen bleiben noch bis zur Eröffnung, um die Erlebniswelt Agrarium des Freilichtmuseums am Kiekeberg in Ehestorf aufzubauen.

Ehestorf. Der Countdown für den Start einer der größten Touristenattraktionen im Hamburger Süden läuft: In vier Wochen eröffnet die Ausstellungswelt Agrarium am Freilichtmuseum am Kiekeberg in Ehestorf. Das 5,7 Millionen Euro teure Erlebniscenter rund um Landwirtschaft und Ernährung ist in seinem Ausstellungskonzept einzigartig in Deutschland. Bis zu sechs Museumshandwerker, zwei ehrenamtliche Restauratoren und zwei Praktikanten von der Universität Hamburg arbeiten zurzeit täglich zusammen mit den Projektleitern Dr. Thomas Schürmann, Heike Duisberg und einer Volontärin in der 3300 Quadratmeter großen Ausstellungswelt: Sie hängen auf und ab, entstauben, saugen, malen, schrauben und bohren.

Beinahe totenstill ist es jedoch am Tag unseres Besuchs. Auf den drei Etagen des Agrariums ist es erstaunlich ruhig dafür, dass in nur vier Wochen ein millionenschweres Tourismusvorhaben die Türen öffnet. "Wir liegen exakt im Zeitplan", erklärt Schürmann den Grund für die Gelassenheit im Haus. Der Volkskundler hat gerade die letzten Korrekturen an der Publikation vorgenommen, die das Freilichtmuseum zur Eröffnung des Agrariums am 5. Mai herausgeben wird. "Essen ist fertig" lautet der Titel des 303 Seiten starken Begleitbandes zur Ausstellungswelt, die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Ernährungswirtschaft beleuchtet.

Die schwierigste Etappe bei der Ausstellungseinrichtung haben die Museumsarbeiter vor knapp einem Jahr hinter sich gebracht: Sechs historische Trecker haben sie übereinander in einem 13 Meter hohen Ausstellungsturm platziert. Der Treckerturm reicht vom Keller bis zum Dach durch alle drei Ausstellungsebenen und gilt als die architektonische Attraktion des Agrariums.

Kaum weniger anspruchsvoll war vor kurzem aber eine andere Aufbauleistung: An der Decke des Turms hängt jetzt kopfüber eine lebensgroße Kuh aus Kunststoff samt einem Stück Weide aus Kunstrasen. Wer den Treckerturm hinaufschaut, sieht die Schwarzbunte mit den Beinen im Himmel baumeln - eine visuelle Überraschung, die den Besucher ins Staunen versetzen soll. Die Bewohner des Nachbarortes Vahrendorf können das umgekehrte Milchvieh durch das Glasfenster im Turm von weitem sehen.

In dem Science Center für Ernährung werden die Besucher erfahren, woher ihr Essen eigentlich kommt. Dass das nicht immer appetitlich ist, zeigt die Ausstellungsbereich "Viehzucht": Museumslandwirt Bernd Martens hängt dort an diesem Tag stilisierte Schweinehälften aus Holz auf, die am Haken auf einer Rohrbahn hängend das Schlachthaus durchlaufen.

+++ Das Agrarium soll für neue Rekorde sorgen +++

Im Agrarium wird auch gekocht: Die Studentin Olga Diel klebt Etiketten an die Schubladen der Lehrküche, damit die Landfrauen und andere Nutzer jedes Küchengerät schnell finden. Die Jungen und Mädchen der zweiten Klasse an der Schule an der Burgweide werden am 16. April zum Probekochen kommen. Ein wichtiger Schritt beim Countdown zur Ausstellungseröffnung. Der Test wird zeigen, ob Kinder sich in der Küche zurechtfinden oder noch Nachbesserungen, eventuell Tritthilfen zu den höheren Schränken, nötig sind.

Olga Diel ist seit dem 21. Februar im Praktikum am Agrarium. Die 24 Jahre alte Studentin für Geschichte und Volkskunde an der Universität Hamburg hat seitdem an beinahe allen Ecken der Ausstellungswelt mitgeholfen. Sie hat historische Elektrogeräte als Schaustücke drapiert, Küchengeräte eingekauft, das Musterbüro eines typischen Landwirts dekoriert.

Mehrere größere Etappen zur Fertigstellung des Agrariums stehen noch an: Solange Handwerker noch bohren und schreinern, Staub und Späne durch die Luft wirbeln, muss der Aufbau des geplanten Cafés warten. Deshalb sind auch beinahe alle mit Öl präparierten Landmaschinen der Ausstellung mit Plastikhüllen geschützt. Ein Kaffeeröster aus Hamburg wird im Agrarium auf 80 Quadratmetern ein Café mit eigener historischer Rösterei aus dem Jahr 1920 eröffnen und die museumseigene Kaffeesorte "Kiekeberger Mischung" vermarkten.

Im Fahrerhaus eines modernen Mähdreschers können Besucher den Ackerritt simulieren. Der Simulator, entwickelt aus einem Agrarcomputerspiel, muss noch eingerichtet werden. Der Aufbau der Bibliothek des Wissens mit beinahe zehntausend Fachbüchern steht erst am Anfang. Malereien des Künstlers Erich Brüggemann aus Winsen bilden die Dekoration.

"Am Donnerstag kommen noch 80 bis 100 Objekttafeln, die wir noch in den insgesamt 19 Ausstellungsbereichen anschrauben müssen", nennt Heike Duisberg den nächsten Arbeitsschritt. Die 36 Jahre alte Volkskundlerin, die zusätzlich Kultur- und Medienmanagement studiert hat, teilt sich mit Thomas Schürmann die Projektleitung zum Aufbau des Agrariums und wird nach Eröffnung die Ausstellungswelt leiten. Dafür steht ihr ein Jahresbudget von einer Million Euro zur Verfügung. Das reiche allerdings nur aus, weil viele Ehrenamtliche sich am Kiekeberg engagieren. Das Freilichtmuseum erwartet künftig allein in seiner neuen Attraktion Agrarium mindestens 40 000 Besucher im Jahr.