Das war wohl falsch verstandenes Pflichtgefühl. Zwei Busfahrer lassen nacheinander ein Schulkind, das seine Abokarte vergessen hat, allein an einer Haltestelle zurück. Doch die Schuld allein auf vermeintlich hartherzige, übertrieben korrekte Busfahrer zu schieben, wäre falsch. Sie handelten offenbar im Glauben, einer Regel ihres Arbeitgebers zu folgen. Aber wie lautet die genau? Kinder immer mitnehmen? Schulkinder immer mitnehmen? Schulkinder ohne Fahrkarte nie mitnehmen? Festlegen will sich da keiner.

Kinder sollten prinzipiell mitgenommen werden, heißt es vom HVV. Vor einer verbindlichen Regel schreckt man dort und bei den Busunternehmen aber zurück. Denn das könnte ja von Eltern ausgenutzt werden, die womöglich ihre Kinder dann immer ohne Fahrkarte losschickten. Dabei wäre es so einfach: Wer seine Abokarte vergisst, muss seinen Namen angeben und sie nachreichen. Wer keine Karte besitzt und die Anweisung an die Fahrer, Kinder immer mitzunehmen, ausnutzt, wird auffliegen.

Doch die Verantwortlichen wälzen die Entscheidung auf die Busfahrer ab, die es ausbaden müssen, wenn sie die schwammigen Richtlinien überkorrekt oder auch zu großzügig auslegen.

Am Ende stapfen Grundschüler kilometerweit durch Schnee, bleiben junge Mädchen abends an dunklen Straßen zurück oder werden Kinder an einem ihnen unbekannten Bahnhof aus dem Zug geworfen. Es wird Zeit, dass die Verkehrsunternehmen - öffentlich und ihren Fahrern gegenüber - klar sagen, was aus ihrer Sicht Vorrang hat: Sicherheit der Kinder oder eine Fahrkarte.