Das lassen die Kunden nicht selten an den Kassierern der Tankstellen aus. Die Lust am Autokauf ist bei den meisten jedoch trotzdem ungebremst.

Harburg. Die Preise für Benzin und Diesel steigen weiter. Ihrem Ärger über die hohe Tankrechnung lassen die Kunden nicht selten bei den Kassierern freien Lauf. Und obwohl der Unterhalt eines Autos wegen der steigenden Kraftstoffpreise kaum noch kalkulierbar erscheint, sind Verkäufer neuer Autos in den Autohäusern in Harburg noch nicht in Trauerstimmung verfallen. Im Gegenteil: Das Frühjahrsgeschäft lässt sie strahlen. Und gefragt sind in erster Linie nicht die Kleinwagen mit geringem Verbrauch, sondern in der Regel Fahrzeuge der Mittelklasse, die zumeist einen kräftigen Schluck mehr verlangen. Selbst die Geländelimousinen (SUV), die schon allein wegen ihres hohen Gewichts keine Sparweltmeister sein können, gehen weg wie geschnitten Brot.

Aber was sind schon Kraftstoffverbräuche von Mittelklasselimousinen gegenüber denen eines ganzen Lkw-Fuhrparks. Heinz-August Ernst, Juniorchef des Fuhrunternehmens August Ernst aus Moorburg, das 50 Lkw-Muldenkipper unterhält und täglich im Großraum Hamburg unterwegs ist, nennt beachtliche Zahlen: "Unsere Autos verbrauchen zusammen gut zwei Millionen Liter Dieselkraftstoff pro Jahr. Wir hatten von 2010 zu 2011 beim Diesel eine Erhöhung um durchschnittlich zehn Cent pro Liter. Das hat uns übers Jahr eine Kostensteigerung von 200 000 Euro beschert. Und dieses Jahr zeichnet sich eine Preiserhöhung im gleichen Umfang ab. Wir haben diese Preissteigerung in unsere Auftragsangebote noch nicht einkalkuliert." Die Firma August Ernst hat auf ihren Betriebshöfen am Moorburger Kirchdeich und an der Maldfeldstraße auch Betriebs-Zapfsäulen. "Da ist der Sprit nicht billiger, aber wir sparen uns die Zeit, die wir sonst an einer Tankstelle warten müssten. Lange Wartezeiten können wir uns im Transportgewerbe nicht erlauben."

Zu den günstigen Kraftstoffanbietern zählt Hoyer Energie aus Visselhövede mit seinen Tankstellen unter anderem an der Nartenstraße in Harburg und an der Ecke Georg-Wilhelm-Straße/Kornweide in Wilhelmsburg. Stephan Botz, zuständiger Leiter für das Tankstellennetz: "Wir kaufen bei den Raffinerien der sogenannten A-Gesellschaften ein. Und der Einkaufspreis hängt vom Börsengeschehen ab. Wir können als freie Anbieter in der Regel nur einen Cent billiger verkaufen als die Markentankstellen. Wir beobachten bei unseren Kunden ein allgemein geändertes Kaufverhalten. Es wird nicht mehr voll getankt, in der Hoffnung, dass der Kraftstoff am nächsten Tag billiger ist." Botz sagt auch, dass einige Kunden zum Monatsende ihr Konto soweit überzogen haben, dass die EC-Karte gesperrt ist und die Tankrechnung nicht mehr bezahlt wird. Dann werden Lastschrift-Vereinbarungen getroffen.

+++ So teuer ist tanken doch gar nicht +++

Gleiche Erfahrungen haben auch Thomas Gomm und Tochter Jacqueline, Betreiber der Esso-Tankstelle am König-Georg-Deich in Wilhelmsburg, gemacht. "Wenn das Konto nicht mehr gedeckt ist und trotzdem getankt wird, steckt sicherlich keine kriminelle Absicht dahinter", sagt Jacqueline Gomm. Die Rechnung wird dann später bezahlt. Aber am nächsten Monatsende hat sich an der Situation nichts geändert. Wir werden als Tankstellenbetreiber nicht selten von Kunden wegen der hohen Preise beschimpft. Ihr steckt euch das ganze Geld in die Tasche. Das ist aber nicht so. Schade, dass in den Konzernzentralen der Bürgerzorn nicht gehört wird. Wir müssen mit unserem Tankstellenbetrieb zusätzlich Geld verdienen indem wir unseren Kunden einen Frühstücks- und Mittagstisch bieten." Eine Empfehlung, wann günstiger getankt werden kann, gibt es nicht mehr. Meistens wechseln die Preise mehrfach pro Tag, sind zumeist vor und nach Wochenenden/Feiertagen höher. Auch zu Ostern werden höhere Preise erwartet.

Geht es ums Geld, wird beim Neuwagenkauf nicht erkennbar mit dem Euro gegeizt. "Die Kraftstoffverbräuche sind ein sensibles Thema", sagt Kai Koch, Verkaufsleiter Neuwagen bei Volkswagen Hamburg Automobile am Großmoorbogen in Harburg, "aber unsere Fahrzeugflotte zeichnet sich durch niedrige Verbräuche aus. Fahrzeuge mit Blue Motion Technologie, mit Start/Stop-Automatik, sind gefragt. So verbrauchen auch große Autos weniger als zehn Liter pro 100 Kilometer." Sind Benziner mit zusätzlichem Erdgastank (EcoFuel, halber Spritpreis) gefragt? Koch: "Bislang kein Massenmarkt."

Bei Mercedes Tesmer am Großmoorbogen stellt Verkäufer Andreas Blaufuß positives Kaufverhalten der Kunden fest. "Energiesparende Technik wie Eco-Start/Stop wird nachgefragt. Ich stelle fest, dass die Leute hauptsächlich sparen, indem sie weniger und auch auf der Autobahn insgesamt langsamer fahren. Und beim Kauf eines Neuwagens wird mitunter nicht die größte Maschine gewählt sondern eine Nummer kleiner. Das Interesse an einem neuen Auto ist bei den Kunden nach wie vor vorhanden, damit verbunden aber immer das Interesse an Innovation."