Der dänische Filmemacher Miki Mistrati besuchte die Rudolf-Steiner-Schule und besuchte dort seine Dokumentation “Schmutzige Schokolade“.

Hausbruch. Johannes Behringer achtet beim Einkauf von Süßigkeiten für das anstehende Osterfest nicht nur auf die Packungsangaben zu Kalorien und Fettgehalt. "Mir ist auch wichtig, dass der Kakao, aus dem die Schokoladeneier und -hasen hergestellt sind, fair gehandelt wurde", sagt der 16-Jährige. "Besonders lecker und ungewöhnlich finde ich aber Bio-Vollmilchschokolade mit Fleur de Sel."

Mit großem Interesse verfolgte der Zehntklässler der Rudolf-Steiner-Schule daher den Besuch des Journalisten Miki Mistrati im großen Saal der Waldorfschule am Ehestorfer Heuweg. Dort präsentierte der Leiter des Teams für investigative Recherche bei der dänischen Boulevardzeitung Ekstra Bladet gestern seine Dokumentation "Schmutzige Schokolade". Anschließend stellte sich der Filmemacher den Fragen der ungefähr 150 Zuschauer aus der Mittel- und Oberstufe.

Eine ähnliche Veranstaltung hatte die Initiative Neugraben fairändern bereits am Mittwochabend im Bildungs- und Gemeinschaftszentrum Süderelbe ausgerichtet. "Dort sprach ich vor einem ganz anderen Publikum", sagt Referent Mistrati. Die vor allem älteren Besucher seien gewohnt, mit einem Plakat in der Hand auf die Straße zu gehen, um für ihre Ziele zu demonstrieren.

"Die jüngere Generation zeigt ihren Protest dagegen in sozialen Netzwerken", sagt Mistrati. Da er diese Methode für wirkungsvoller als die traditionellen Infotische auf den Wochenmärkten hält, ist es ihm ein großes Anliegen, mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen. Sie senden beispielsweise Links zu seinen TV-Dokumentationen an ihre Freunde. Mistrati: "Früher wurde ein kritischer Film einmal im Fernsehen gezeigt und war bald danach wieder vergessen, durch das Internet bleibt er für Interessierte weiter verfügbar."

Wie ein Lauffeuer verbreitet sich beispielsweise derzeit die Internetkampagne Kony 2012 im weltweiten Netz. Sie richtet sich gegen den ugandischen Rebellenführer Jospeh Kony, dem Massenmord und der Einsatz Tausender Kindersoldaten vorgeworfen wird. "Ich habe von Freunden bei Facebook davon erfahren", sagt Marthe Fock. Die 18 Jahre alte Zwölftklässlerin der Rudolf-Steiner-Schule engagiert sich bei Neugraben fairändern und ist bei den Pfadfindern ihres Heimatstadtteils aktiv.

Auch ihr ebenfalls aus Neugraben kommender Mitschüler Johannes Behringer bringt sich nicht nur in die Jugendarbeit vor seiner Haustür ein. "Ich habe schon öfters Protestbotschaften von Foodwatch oder der US-Stiftung Avaaz bei Facebook gepostet", sagt er. "Darin ging es unter anderem um die skandalösen Spekulationsgeschäfte der Deutschen Bank, mit denen die Börsenpreise für Nahrungsmittel extrem in die Höhe getrieben werden."

Doch auch die Verbraucher hierzulande haben eine Verantwortung für die schlechte Situation von Bauern in Armutsregionen. Marthe Focks Politiklehrerin Angelika Neel-Bahreini beispielsweise ist schwer ins Grübeln geraten, nachdem sie einen Film über die Arbeitsbedingungen junger Frauen in indischen Textilfabriken gesehen hat. "Ich habe hinterfragt, wie H&M und andere Ketten T-Shirts für weniger als fünf Euro anbieten können."

Um diese und ähnliche Fragen geht es in Neel-Bahreinis Semesterprojekt zum Welthandel. An solche Schülergruppen richtet sich eine neue Ausstellung, die bis zum 10. Juni im Süderelbe Einkaufszentrum zu sehen sein wird. "Es geht uns um die Konflikte zwischen der Lebensmittelindustrie und Bauern weltweit", sagt Antje Kurz von Neugraben fairändern. Dem Thema Schokolade widmet sie sich mit Filmemacher Mistrati wieder zur Weihnachtszeit.