Das Elbinsel-Frauenfest in Wilhelmsburg will praktischen Beitrag zur Förderung des weiblichen Geschlechts im Stadtteil leisten.

Wilhelmsburg. Die Arbeit von Güler Akpinar lässt sich in etwa mit dem Sprichwort vergleichen: Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet eben zum Berg. Die Mitarbeiterin der Bürgerinitiative Ausländischer Arbeitnehmer e.V. in Wilhelmsburg weiß, dass man nicht einfach abwarten kann, bis sich die gesellschaftliche Teilhabe speziell von Frauen mit Migrationshintergrund von allein regelt. Sie sagt: "Das Potenzial der Frauen ist da, aber wir müssen es häufig erst erwecken, damit sie sich dessen bewusst werden."

Die Aufgabe von Einrichtungen wie der Bürgerinitiative in Wilhelmsburg sieht sie darin, langfristige Projekte zur Weiterbildung und beruflichen Förderung anzubieten, damit Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland von dem Potenzial profitieren. "Viele Frauen wissen gar nicht, was es alles gibt, deshalb muss es jemanden geben, der ihnen die Möglichkeiten aufzeigt."

So viel zur Theorie. Wie die Praxis aussieht, steht häufig jedoch auf einem anderen Blatt geschrieben. Wilhelmsburg sei nun mal ein Stadtteil mit einer besonderen Vielfalt, und da sei es häufig besonders schwer, aus dem Nebeneinander oder dem Gegeneinander der Kulturen ein Miteinander zu schaffen, sagt Akpinar. Zudem stelle sich auch immer die Frage, wie man die Leute überhaupt erreichen könne.

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Manchmal können bereits einfache Dinge wie gemeinsame Veranstaltungen eine Lösung sein. Eine solche Veranstaltung ist zum Beispiel das Elbinsel-Frauenfest, das am vergangenen Wochenende mehr als 200 Frauen der unterschiedlichsten Nationalitäten ins Bürgerhaus Wilhelmsburg gelockt hat. Die Initiatoren um Katja Scheer und Judy Engelhard vom Bürgerhaus haben sich anlässlich des Internationalen Frauentags bewusst für ein Fest und nicht etwa für einen Vortragsabend entschieden, weil sie wollen, dass die Frauen über den kulturellen Austausch und ganz viel Spaß miteinander ins Gespräch kommen.

"Wenn Frauen untereinander feiern, hat das einfach einen anderen Charakter als wenn Männer dabei sind", sagt Katja Scheer über die Veranstaltung. Das Bürgerhaus verstehe sich als Ort der Begegnung, und deshalb sei es nur folgerichtig, wenn dort neben den türkischen Musikerinnen Derya Yildirim und Duygu Agal auch Angelina Akpovo mit einem Workshop zum afrikanischen Tanz auftritt und deutsche Shantys der Wilhelmsburger Inseldeerns erklingen. Ein Stand mit türkischem Essen und Tee reiht sich an das klassische Bienenstich-Büfett, während am DJ-Pult auf der Bühne Zeyno und Suely Lauar stehen.

"Vor allem die Inseldeerns ziehen auch viele deutsche Gäste an, die ansonsten vielleicht nicht gekommen wären", sagt Anette Ponnath vom Mädchentreff Dolle Deerns und freut sich über die Durchmischung der Nationen an den Tischen. Neben der Sozialberatung Verikom, der Elternschule Wilhelmsburg und dem Freizeithaus Kirchdorf gehört der Mädchentreff zu den weiteren Kooperationspartnern des Elbinsel-Frauenfestes.

An einem der Besuchertische sitzen auch Ayse Kizil, 20, und Helene Miller, 32. Die gebürtige Türkin und die gebürtige Kasachin haben sich vor einigen Wochen bei einem Krankenhausaufenthalt kennengelernt und sofort Freundschaft geschlossen. Das Frauenfest haben sie als Anlass für ein Wiedersehen genommen - schließlich gibt es viel zu besprechen. "Ich hab einmal Schaschlik gegessen, und da hat Ayse gesagt, dass das türkische Essen besser schmeckt", sagt Helene Miller und lacht. Am Büfett im Bürgerhaus hat sie diese These überprüft und kommt zu dem Schluss: Da muss noch intensiver getestet werden.

Man könnte die zwei Frauen jetzt als Paradebeispiel für das Miteinander der Kulturen bezeichnen, wenn ihre Freundschaft für sie nicht selbstverständlich wäre. "Mein Freundeskreis ist total gemischt", sagt Helene Miller, die Biochemie studiert. Sie gehe nicht nach der Nationalität eines Menschen, sondern nach dem Charakter. Von Ayse könne sie trotz des Altersunterschieds viel lernen, weil die ausgebildete Steuerfachangestellte bereits Mutter eines zweieinhalbjährigen Kindes sei. Wie kommt sie mit ihrer Situation zurecht? Findet sie zurück ins Berufsleben? Fragen wie diese, da sind sich die beiden sicher, stellen sich viele Frauen - und zwar unabhängig von ihrer Herkunft.