Kleine Kicker von Grün Weiß Harburg machen bei der Sitzung der Bezirksversammlung auf ihre Nöte aufmerksam

Harburg. Luca Blank, elf Jahre alt, ist mit seinen Fußballfreunden von Grün Weiß Harburg und seinem Trainer Veselin Makocevic ins Rathaus gekommen, um bei Politik und Verwaltung während der Bezirksversammlung auf die Nöte der kleinen Kicker aufmerksam zu machen. Dabei handelt es sich um eine missliche Harburgensie. Denn nur im Hamburger Süden besteht die Regel, dass Jungen und Mädchen ab einem Alter von elf Jahren nicht auf Rasen-, sondern nur noch auf Grandplätzen kicken dürfen. Grün Weiß bespielt einen Grand- und einen Rasenplatz an der Scharffschen Schlucht und am Marienkäferweg. Beide Flächen verwaltet der Bezirk. "Ich verstehe nicht, warum wir bald nicht mehr auf den Rasen dürfen. Es tut weh, wenn man auf Grand hinfällt - und wir haben doch bis jetzt auf dem schönen Platz an der Scharffschen Schlucht spielen dürfen", sagt Luca zu den Politikern.

Es sei nicht zu begreifen, weshalb diese Regel nur in Harburg, nicht in den anderen Bezirken und auch nicht im Landkreis bestehe, sagt der Trainer. Dazu Verwaltungschef Thomas Völsch, SPD und Sozialreferatsleiter Holger Stuhlmann: "Es handelt sich lediglich um eine Richtlinie." An die sich Harburg allerdings halte, denn es koste immerhin 20 000 Euro, drei Rasenplätze mit unter anderem regelmäßigem Vertikutieren und Nachsäen instand zu halten - für den mit kargen Haushaltsmitteln ausgestatteten Bezirk eine stattliche Summe. Harburgs Verwaltung kümmert sich um neun Grand-, drei Rasen- und einen Kunstrasenplatz.

Für den Sportverein Grün Weiß Harburg ist diese Regel von existenzieller Bedeutung: Er droht, ins Abseits zu geraten, denn eigene Spielareale zum Ausweichen hat der Club nicht. "Uns laufen deshalb die Mitglieder weg. Seit vier Jahren gibt es attraktive Kunstrasenplätze, leider nicht in unserer Reichweite. Auf Grand spielen - das wollen einige Eltern ihren Kindern nicht mehr zumuten", sagt Grün-Weiß-Jugendtrainer Frank Olschewski. Vor vier Jahren sei er noch mit acht Jugendmannschaften am Start gewesen. Jetzt seien es nur noch drei. "In unserer Not haben wir uns an die Politik gewandt, habe auch immer mal wieder die Verwaltung auf unsere Probleme aufmerksam gemacht - bislang ohne Erfolg", sagt Olschewski im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Sogar an Hamburgs Sportsenator Michael Neumann habe er sich gewandt. "Der wollte mit Bezirksamtsleiter Thomas Völsch reden. Gehört haben wir noch nichts weiter."

Unterdessen wartet Luca im Rathaus auf die Antworten der Politiker. Alle Abgeordneten sind sich fraktionsübergreifend immerhin schon mal einig, dass der kleine Fußballspieler ganz schön mutig ist. "Das trauen sich viele Jungs bestimmt nicht, hier vor uns zu reden, toll", sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Carsten Schuster. Während FDP, Grüne und CDU dem Elfjährigen versprachen, sich für den Verein einzusetzen und die Regel abzuschaffen, hielten sich die SPD-Mehrheitsfraktion und Bezirksamtsleiter Thomas Völsch, SPD, zurück. "Wir müssen erst einmal prüfen, wie es auf dem Rasen aussieht", so Völsch. Das macht den CDU-Abgeordneten Rainer Bliefernicht wütend. "Es geht um 30 D-Jungendspiele pro Saison. Also ein Spiel in der Woche - und dann kicken die Lütten noch nicht mal über den ganzen Platz. Das ist doch kleinlich - was kann da schon groß kaputt gehen", sagt er. FDP-Chef Schuster schlug vor, doch dem Beispiel Eimsbüttels zu folgen. "Dort hat man die 360-Minuten-Regel für Spiele am Wochenende aufgestellt. Solange dürfen Mannschaften einen Platz für Spiele nutzen." Dazu Sozialdezernent Stuhlmann: "Die Zeit reicht dann aber nur für vier Spiele an Sonnabenden und Sonntagen. Das wird knapp."

Nachdem Luca und seine Mannschaftskollegen die Sitzung längst verlassen haben, diskutieren die Politiker sich immer noch die Köpfe heiß, regen sich über Harburgs Grandplatz-Sonderlösung auf. Trainer und Betreuer sind geblieben, verfolgen aufmerksam das Geschehen.

Sozialdezernent Stuhlmann tritt erneut ans Rednerpult. "Der Platz wird extrem gut ausgelastet, immerhin ist es unsere einzige Bezirkssportanlage für Leichtathleten. Da spielen auch Erwachsenenmannschaften, Schulen, und zwei Fußballturniere werden ausgetragen. Elf Grün-Weiß-Mannschaften nutzen den Platz. Das ist High-Level", berichtet er. Ein Platz könne eben nur eine bestimmt Kapazität vertragen. Stuhlmann sei aber bereit, für Luca und seine Freunde eine Ausnahme zu machen, "meinetwegen zulasten der Erwachsenen", sagt er. Der Sozialdezernent will nun erst einmal mit dem Vereinsvorstand von Grün-Weiß Harburg sprechen, um sich ein Bild von den Bedürfnissen zu machen. Trainer Makocevic schüttelt den Kopf und verlässt enttäuscht den Saal.