Becker Marine Systems zieht in den Harburger Binnenhafen. Die Belegschaft wird ausgebaut. Konzept für die Fähre für das Wattenmeer.

Harburg. Neuansiedlung im Harburger Binnenhafen: Bis zum Januar 2013 wird der Schiffbauzulieferer Becker Marine Systems eine neue Zentrale an der Blohmstraße beziehen und damit eine Baulücke füllen. Hintergrund ist die anhaltende Expansion des Weltmarktführers für Schiffsruder großer Containerfrachter. "Wir haben unser Haus am Neuländer Kamp im Jahr 2003 mit 28 Personen bezogen. Jetzt arbeiten dort 80 Angestellte. Daher brauchen wir dringend mehr Platz", sagte Dirk Lehmann, der geschäftsführende Gesellschafter von Becker Marine, dem Abendblatt. Das Gebäude, in das das Unternehmen mit dem knapp 7000 Quadratmeter großen Grundstück acht Millionen Euro investiert, wird zunächst für bis zu 120 Mitarbeiter ausgelegt. "Wir können aber die Büro- und Lagerflächen am selben Ort verdreifachen", so Lehmann.

Schon bis zum Jahresende wird die Belegschaft des Ruderkonstrukteurs um weitere sechs Ingenieure auf 86 wachsen. Gleichzeitig unterstützt Lehmann vier Studenten, die sich in den Semesterferien mit Forschungsarbeiten für die Firma befassen und später in das Team einscheren sollen. Beim zunächst geplanten Ausbau bietet das von dem Lüneburger Architekten Alex A. Paskopulos entworfene Gebäude 3500 Quadratmeter Büro-, Werkstatt- und Lagerflächen. Für alle Beschäftigten in dem Gewerbegebiet im Hafen entsteht in dem Neubau auch eine öffentlich zugängliche Kantine.

Den Umsatzeinbruch von 2010 von 100 auf 58 Millionen Euro hat Becker Marine längst aufgeholt. "Nach 70 Millionen Euro 2011 werden wir in diesem Jahr deutlich zulegen", sagt Lehmann. Dazu beitragen sollen Aufträge von koreanischen und chinesischen Werften, die die von Firmengründer Willi Becker erfundenen und von Lehmann weiter entwickelte Ruder mit beweglichen Endstücken ordern wollen. Für ihren ersten Passagierschiff-Neubau hat zudem die Hamburger Kreuzfahrtreederei TUI Cruises Spezialruder bei Becker in Harburg bestellt.

Ihre neueste Innovation wollen die Harburger nun im März bei der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt testen. Dabei geht es darum, die von Lehmanns Partner Friedrich Mewis entwickelte und inzwischen weltweit patentierte Ringkonstruktion für Tanker und Massengutschiffe auch bei Containerfrachtern anzuwenden. Hintergrund ist die Treibstoffersparnis, durch die sich die rund 300 000 Euro teure energiesparende Anlage innerhalb eines Jahres amortisiert. "Unsere neuen Versuche laufen jetzt im Auftrag eines deutschen Reeders", sagt Lehmann. Mehr darf noch nicht verraten werden. Doch der Unternehmer hofft auf einen ähnlichen Erfolg wie bei den Mewis Tunneln, von denen nach 150 Bestellungen 2011 in diesem Jahr bereits wieder 45 verkauft sind.

Bei der Entwicklung treibstoffsparender Ruder- und Propeller-Konstruktionen will Lehmann aber nicht stehen bleiben. Vielmehr hat er jetzt auch einen Entwurf für eine weitgehend schadstofffreie Fähre für das Wattenmeer vorgelegt, deren Einsatz im Herbst 2013 beginnen könnte. "Wir sprechen derzeit mit Reedereien in Dänemark und Schweden, die an dem Schiff interessiert sind", sagt Lehmann.

Der Clou der Fähre, die weniger als zehn Millionen Euro kosten soll: Das Schiff wird allein mit Flüssiggas betrieben. Der Treibstoff soll an Bord in zwei Lkw-Anhängern gelagert werden, die direkt in eine Garage hineinfahren können. Sechs Blockheizkraftwerke erzeugen dann über Gasmotoren Strom, der die Elektromotoren für die Schiffs-Propeller antreibt. Becker Marine arbeitet beim dem Schiff mit dem Schiffs-TÜV Bureau Veritas, dem Energieversorger E.on Hanse Wärme und dem Flensburger Ingenieurbüro für Schiffstechnik Ingo Schlüter zusammen.

"Wir richten unsere Strategie künftig noch mehr auf umweltfreundliche Konzepte für die Schifffahrt aus", sagt Lehmann. So gelangen bei der Verwendung von Flüssiggas keine Schwefelemissionen und keine und Rußpartikel in die Luft, der Ausstoß von Stickoxiden und Kohlendioxid liegt unter dem Niveau von Dieselmotoren. Kommende Woche will Lehmann seine Fähre für 52 Pkw und 250 Passagiere erstmals einem Fachpublikum präsentieren. Für den 15. Februar hat ihn die Abteilung Schifffahrt des Wattensee-Forums nach Wilhelmshaven eingeladen. "Bei dem Termin mit Experten aus den Niederlanden, Dänemark und Deutschland", so der Becker-Marine-Chef, "werden sich sicher interessante Kontakte ergeben."