Phantasiereise für Jugendliche: Schüler packen historische Koffer und zeigen, was sie mitnähmen, wenn sie auswandern würden.

Veddel. Was würden Schüler mitnehmen, wenn sie aus Deutschland auswandern würden? Diese Frage hat das Auswanderermuseum BallinStadt Kindern und Jugendlichen gestellt. 2011 hatte die BallinStadt Schulklassen aus ganz Deutschland dazu aufgerufen, unter dem Motto "Nimm deine Heimat mit in die Fremde" historische Koffer zu gestalten und zu bestücken.

Jetzt stehen die Gewinner fest: Fünf Schülerinnen der Profilklasse SprachKultur der Stadtteilschule Bergedorf freuten sich am Montagvormittag auf der Veddel über den ersten Preis und 200 Euro für die Klassenkasse. "Heimat kann nur da sein, wo wir willkommen sind", sagte Detlef Scheele, Senator für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. "Ich setze mich als Integrationssenator dafür ein, dass sich die Menschen in Hamburg willkommen und heimisch fühlen."

Die Schülerinnen der Stadtteilschule Bergedorf beschäftigen sich seit eineinhalb Jahren mit den Themen unterschiedliche Kulturen und deren Kommunikation untereinander, nichtsprachliche Kommunikationsformen und Migrationshintergrund in deutschen Schulklassen. Ihre Kofferinstallation zeigt, wie es ist, sich "fremd" zu fühlen. Wie es ist, die Vertrautheit der Familie bei der Auswanderung zurückzulassen. Von der neuen Heimat ist nur wenig bekannt: Nur eine Freiheitsstatue steht für den Neuanfang und spiegelt die Gefühle und Hoffnungen der Auswanderer vor 100 Jahren, die meist auch nur eine Ahnung von ihrer neuen Heimat hatten, wider. Eine Zahnbürste und ein Bild der Familie - das sind die wenigen Gegenstände, die man tatsächlich mitnehmen konnte.

Der zweite und dritte Preis ging an die Klasse 7c des Lessing- Gymnasium Norderstedt und an die Kunstwerkstatt der Gemeinschaftsschule Rugenbergen in Bönningstedt. Ein weiterer Preis ging an Sechstklässer der Lutherschule Hannover. Die Gewinnerkoffer werden im Haus 3 der BallinStadt ausgestellt. Die Sechstklässler der Lutherschule packten in ihren historischen Familienfotos, Briefe, ein Abschiedsbuch mit Einträgen von Freunden, eine CD mit Bildern aus Hannover und ein Fußballticket der Bundesligapartie Hannover 96 gegen den 1. FC Köln. "Wir haben viel aus der Heimat mitgenommen", sagte Crisalda, 11. Auf die Frage, was sie persönlich unbedingt mit auf große Fahrt nehmen würden, sagten fast alle Schüler: "ein Handy und einen Laptop".

"Das Projekt war für die Schüler eine schöne Phantasiereise", sagte Daniela Zimmerriemer, 29, Lehrerin an der Gemeinschaftsschule Rugenbergen in Bönningstedt. "Wie wäre es, wenn wir selbst auswandern müssten?"

Das private Auswanderermuseum BallinStadt erzählt die Geschichte von über fünf Millionen Menschen, die zwischen 1850 und 1934 über den Hamburger Hafen in die Neue Welt auswanderten. Am historischen Standort der Auswandererhallen, die 1901 von Albert Ballin (damaliger Generaldirektor der HAPAG) errichtet und bis 1907 erweitert wurden, umfasst das Museum drei originalgetreu rekonstruierte Wohn- und Schlafpavillons. Hier können Besucher die Phasen der Emigration nacherleben: vom Aufbruch und Überfahrt bis zur Ankunft in New York und dem endgültigen Verbleib der Auswanderer.

Ein Highlight sind die Passagierlisten von 1850 bis 1934. Es ist der weltweit größte Bestand an Passagierlisten von Auswandererschiffen. In Kooperation mit dem weltweit größten Anbieter genealogischer Daten im Internet - ancestry - wurde ein Familienforschungsbereich eingerichtet.