Geringes Besucherinteresse lässt bei der Deputation Gedanken über Satzungsänderung aufkommen

Harburg. Es herrscht Katerstimmung bei der Harburger Schützengilde. Die Arbeit eines ganzen Jahres wurde von den Harburgern nicht honoriert. Auch in diesem Jahr blieben die Besucherströme auf dem Schwarzenberg beim Vogelschießen, einst größtes Volksfest in Harburg, aus.

Die einzige gut besuchte Veranstaltung war das Spargelessen am Donnerstag. Mehr als 400 Gäste waren im Festzelt. Am Freitagabend, als die Sänger Pascal Krieger, Graham Bonney und das Duo Bianco im Festzelt auftraten, hörten gerade mal rund 80 Gäste im Festzelt zu.

Der Betreiber eines Fahrgeschäftes wollte eine Umsatzgarantie

In der Deputation der Gilde, dem Vereinsvorstand, wird zum ersten Mal darüber nachgedacht, die Satzung der Gilde zu ändern. Denn in der Satzung ist festgeschrieben, dass die Gilde jährlich ein Volksfest veranstalten muss. "Der Platz wird von der Bevölkerung nicht angenommen, also müssen wir uns wirklich ernsthaft überlegen, ob dieser Passus in unserer Satzung so in der Form noch Sinn macht", sagt Mathias Martens, Sprecher der Gilde.

Aufwand und Anklang stehen bei den Harburgern in keinem Verhältnis zueinander

Martens und seine Deputationskollegen arbeiten während des ganzen Jahres an der Organisation des Vogelschießens, investieren Geld und Zeit, ehrenamtlich selbstverständlich. Da wirkt das Resultat recht ernüchternd. Martens: "Der Shuttle-Verkehr am verkaufsoffenen Sonntag zwischen Karstadt und dem Schwarzenberg und am Abend das Heringsessen wurden ganz gut angenommen, aber im Großen und Ganzen stehen Aufwand und Anklang bei den Harburgern in keinem Verhältnis zueinander." Drei Fahrgeschäfte, die die Deputation für den Schwarzenberg angeheuert hatte, packten gleich wieder ein und fuhren zum nächsten Jahrmarkt. "Denen war der Platz wohl zu leer. Der Betreiber eines vierten Fahrgeschäftes wollte von der Gilde gleich eine Umsatzgarantie. So etwas werden wir gar nicht erst anfangen. Der fuhr dann auch gleich wieder ab", sagt Gilde-Sprecher Martens.

Ein Problem sei, so Mathias Martens, die Altersstruktur der Harburger, die zum Schwarzenberg kommen. Die Gruppe der 15 bis 30 Jahre alten Harburger, also die klassische Fahrgeschäft-Klientel, bleibe sowieso weg. Lediglich die Fahrgeschäfte für Kinder würden gut angenommen, aber davon könne natürlich keine ganze Budenstadt leben. Und die älteren Festbesucher ziehe es eher zu den Würstchenbuden oder zum Weindorf, das in diesem Jahr zum ersten Mal aufgebaut wurde. Diesmal habe, abgesehen von den zahlreichen Parallel-Veranstaltungen, die dem Vogelschießen übel mitgespielt hätten, auch noch das Wetter gestreikt. Kälte und Regen locke die Menschen eben nicht gerade auf einen Festplatz, sagt Martens, der davon überzeugt ist, dass leere Festplätze kein spezielles Problem der Gilde in Harburg seien. Mathias Martens: "Das Außenmühlenfest, bis vor drei oder vier Jahren noch sehr gut besucht, und das Maifest auf dem Rathausplatz, haben genauso zu kämpfen wie wir."

Bei einem Treffen am Mittwoch wird Manöverkritik geübt

Wie hoch der finanzielle Verlust beim Vogelschießen sei, können weder Martens noch sein Deputationskollege Michael Diekhoff sagen. Diekhoff gehört zu der Gruppe in der Gilde, die den Königsball im Hotel Lindtner vor dem Aus gerettet hat. Mit neuem Namen und neuem Konzept kamen auch die Ballgäste wieder. Wie aber jetzt das Vogelschießen retten? "Wir werden uns am Mittwoch treffen, und dann wird Manöverkritik geübt. Die Gilde ist Teil eines großen Netzwerks in Harburg und ist auch auf dem Sprung in die Zukunft, aber der Festplatz wird einfach nicht angenommen, obwohl wir beispielsweise zum ersten Mal mit Leuten aus der Wirtschaft einige Neuheiten wie das Firmenschießen eingeführt haben." Ein Allheilmittel für den Festplatz der Gilde auf dem Schwarzenberg scheint es nicht zu geben.

Diekhoff: "Wir sind auch an den Festplatz auf dem Schwarzenberg gebunden, weil zum einen dort unser Schießstand ist, und das Vogelschießen ist nun mal verbunden mit dem Schießen und der Proklamation eines neuen Königs. Zum anderen müssen wir unser Restaurant Gildehaus durch die Mehreinnahmen während des Vogelschießens unterstützen, denn immerhin zahlen die Betreiber ihre Pacht an die Gilde." Auch eine zeitliche Verschiebung des Vogelschießens, um den vielen Alternativveranstaltungen zu entgehen, sei problematisch. Dazu bedürfe es einer guten Terminabstimmung, so das Deputationsmitglied der Gilde.

Bei der Manöverkritik wird auch Matthias Ewers dabei sein. Der Eventmanager und Mitinhaber der Barmstedter Firma MG Musik Künstler und Events kennt den finanziellen Verlust seiner Veranstaltung am Freitagabend im Festzelt. Zahlen will er nicht nennen. Ewers, der die Veranstaltung jetzt zum zweiten Mal organisiert hat, sagt: "Unser Musikprogramm war gut. Ich glaube, das Problem liegt eher an der Akzeptanz des Schwarzenbergs. Der scheint einen schlechten Ruf zu haben." Zu einem Ausstieg aus dem Geschäft mit der Gilde will sich Ewers noch nicht äußern.