Die Anwohner wollen keine vergrößerten Gewerbeflächen an der Winsener Straße. Hier sollen ein weiterer Supermarkt, eine Drogerie und 100 Wohneinheiten entstehen

Harburg. Es soll sich etwas tun in Harburg. An der Winsener Straße 32 bis 50 soll kräftig aufgehübscht werden. Kürzlich ist im Rathaus der neue Bebauungsplan vorgestellt worden. Entstehen soll ein Nahversorgungszentrum mit einem weiteren Supermarkt (Aldi) und einer Drogerie sowie 100 Wohneinheiten.

Nicht alle Anwohner sind begeistert. Denn noch in den 1950er-Jahren war dieser Bereich als reines Wohngebiet ausgewiesen. "Das hat uns überzeugt, als wir vor einigen Jahren hierher gezogen sind, denn wir wollten sowohl in der Stadt aber auch relativ ruhig leben. Jetzt werden auf einmal sang- und klanglos Gewerbeflächen vergrößert", sagt Ulrike Brusch, die am Eigenheimweg lebt und arbeitet. "Nun ist es trotz der vielen Fahrzeuge, die täglich durch die Winsener Straße rauschen, noch einigermaßen friedlich. Das wird sich mit dem Aldi-Markt ändern. Der Anlieferverkehr durch Lastwagen nimmt zu, und noch mehr Leute werden dann hier einkaufen", sagt sie. Dabei sei "die Ecke" doch schon gut versorgt mit Geschäften.

Genau diese Befürchtungen - Lärm und größere Verkehrsbelastung durch "Discountertourismus" waren es, die die Politik vor kurzem dazu bewegt haben, sich zu einem Verbot von Aldi, Lidl und Co. an Ausfallstraßen durchzuringen. "Den Menschen muss ja Lebensqualität erhalten bleiben", hieß es seinerzeit unisono von CDU und SPD. "Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine andere Situation. Wir wollen die Nahversorgung in Wilstorf verbessern. Außerdem ist es gut, dass eine weitere hässliche Ecke in Harburg endlich verschwindet", so Harburgs CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer. Es sei vorgesehen, den Aldi-Markt, der sich derzeit an der Hohen Straße befindet, am neuen Areal anzusiedeln. Allerdings: "Stellt sich heraus, dass der Discounter noch eine Filiale an die Winsener Straße klotzt, werden wir rechtlich dagegen vorgehen", so Fischer.

Auch Jürgen Heimath, Chef der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung, sieht vorrangig die positive Entwicklung an der Winsener Straße. "Der Schandfleck muss weg." Er will klären lassen, wie hoch die Lärm- und Immissionsbelastung durch erhöhtes Verkehrsaufkommen für die Anwohner eigentlich ist.

Ulrike Brusch und viele ihrer Nachbarn befürchten einen ganz anderen Grund, weshalb der Bezirk auf einmal Gas gibt bei der Planung des Nahversorgungszentrums und Vertreter der Politik zögerlich auf ihre Bedenken eingehen: "Die wollen, dass die Gewerbesteuereinnahmen in Hamburg bleiben und die Leute nicht zum Einkaufen in den Landkreis fahren."

Es gibt allerdings noch einen guten Grund für die Einrichtung eines Nahversorgungszentrums. Ganz in der Nähe des Areals, an der Winsener Straße 80, soll in den kommenden Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. "Vorgesehen sind fünfgeschossige Bauten mit 71 Wohneinheiten", sagt Petra Schulz, Sprecherin des Harburger Bezirksamtes. Unter anderem sollen Senioren und Studenten hier ein neues Zuhause finden. Außerdem wird eine Kindertagesstätte für 150 Jungen und Mädchen gebaut.