Seit zwei Jahren arbeiten die Beamten unter unzumutbaren Bedingungen. Ein Neubau steht auf der Kippe

Tostedt. Wenn Karl-Heinz Langner, Leiter der Polizeistation Tostedt, die Tatort-Krimis im TV sieht, ist er neidisch auf die Kommissare. Großzügige Büros, Vernehmungszimmer, Archive, und geräumige Umkleidezimmer - alles, was "seine" Polizeistation an der Schützenstraße 25 nicht zu bieten hat. "Hier herrschen aufgrund der Räumlichkeiten unzumutbare Arbeitsbedingungen", sagt Langner.

Da nützt auch der heimelige Charme nichts, den das um 1900 errichtet Gebäude ausstrahlt. Die verwinkelten Zimmer sind für die 15 diensthabenden Polizisten zu eng. "Opfer oder Zeugen müssen in den Büros über die Schreibtische hinweg vernommen werden", so Langner. Einer der Ermittlungsbeamten muss entsprechende Gespräche vermutlich auf dem Flur führen, da in seinem Raum knapp Platz für Schrank und Schreibtisch ist. Eine enge Stiege führt in den ersten Stock. Auf der Schwelle haben die Polizisten ein rotes Schild angebracht, weil sich alle Kollegen regelmäßig die Köpfe stoßen. "Kundschaft" der Polizei muss im Eingangsbereich darauf warten, dass ein Beamter sie abholt.

Der Sozialraum für die Ordnungshüter ist winzig. Außerdem müssen sich die Polizisten in Containern außerhalb des Gebäudes umziehen. Dort residiert außerdem Polizeioberkommissar Jörn Darkow. "Im Winter ist es hier zugig und kalt, im Sommer bestehen wenig Lüftungsmöglichkeiten", so Langner. Und überall herrscht drangvolle Enge. Insgesamt haben die Tostedter Ordnungshüter 258 Quadratmeter zur Verfügung - laut Raumbedarfsplanung viel zu wenig, 370 Quadratmeter müssten es eigentlich sein. "Mir ist nicht bekannt, dass andere Polizeiwachen im Land unter solchen Bedingungen ihren Dienst versehen müssen", sagt Wilfried Reinke, Leiter des Bereiches Einsatz der Polizeidirektion Harburg. Und das, obwohl Tostedt aufgrund der Nähe zu Hamburg und der ständig für Unruhe sorgenden ortsansässigen rechten Szene zu den kriminellen Brennpunkten des Kreises gehört.

Dabei sollte die Containerlösung in Kombination mit der Stadtvilla gegenüber dem Rathaus eigentlich eher eine Notlösung sein. Vor zwei Jahren musste die Polizei aus ihrem Domizil am Elsterbogen raus, da sich Schimmel in den Räumen gebildet hatte. Schon damals hofften die Ordnungshüter, in den geplanten Rathausneubau umziehen zu können und harrten aufgrund von entsprechenden Zusagen aus dem niedersächsischen Innenministerium tapfer aus. Die unmittelbare Nähe zum Rathaus bescherte den Beamten sogar Vorteile. In enger Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt konnte die Polizei zielgerichteter gegen Unruhestifter vorgehen, sprach 85 Aufenthaltsverbote aus.

"Wir informieren die Verwaltung und weisen auf unsere Pappenheimer hin. Das hat die Verfahren sehr beschleunigt", sagt Langner. Dass die Station nun in den Ortskern rückte, sorgte allerdings auch für ein höheres Arbeitsaufkommen. "Was am Elsterbogen innerhalb einer Woche auflief, haben wir hier an einem Tag. Das zeigt uns, dass unsere Präsenz hier wirklich wichtig ist." Langner hofft, dass der Rathausneubau bald über die Bühne geht.

Wie berichtet, gibt es da allerdings einige Probleme. Viele Bürger der Samtgemeinde sind dem Bauvorhaben gegenüber skeptisch und wollen es deswegen per Bürgerentscheid stoppen. Ihre Argumente: Das jetzige Rathaus sei vor zwölf Jahren für 4,2 Millionen Euro saniert worden und genüge den Ansprüchen völlig. Ein Neubau sei reine Geldverschwendung. "Für die Polizei können wir doch alternative Gebäude im Ortskern suchen. Es steht doch genug leer", sagt Peter Dörsam, einer der Initiatoren der Bürgerinitiative. Denkbar sei auch, dass die Station am ehemaligen Raiffeisenhaus in Bahnhofsnähe etabliert wird.

Langner winkt ab. "Der Bahnhof ist zu weit weg." Außerdem sei das Gebäude, in dem sich auch Wohnungen befinden, nicht geeignet. Ebenso indiskutabel sei es, in einem zusammengelegten Ladenkomplex zu ziehen. Eine weitere Alternative wäre ein Neubau, den das Land finanzieren müsste. "Das dauert mit all den Genehmigungsverfahren zu lange. Wir vor Ort können schneller handeln", sagt Bürgermeister Dirk Bostelmann (CDU). Er versteht die Bedenken vieler Tostedter Bürger. "Klar, die wollen hier keine verschuldete Akropolis haben." Doch der Rathausneubau sei noch drin. In der mittelfristigen Haushaltsplanung hätten eine Schule, zwei Turnhallen, zwei Krippen, 20 Kilometer Straße, ein Kindergarten, zwei Feuerwehr-Häuser und eben der Rathausanbau Investitionsbedarf, "insgesamt 18 Millionen Euro", so Bostelmann. "Nach dem Neubau haben wir noch einen ausgeglichenen Haushalt. Das ist sogar ohne eine Erhöhung der Umlage möglich, auch, wenn Steuereinnahmen zurückgehen."

Und wenn sich die BI durchsetzt und sich die Wahlberechtigten per Bürgerentscheid gegen das Vorhaben aussprechen? Bostelmann: "Dann haben wir ein Problem."