55.000 Menschen entern das zehnte Binnenhafenfest in Harburg bei Kaiserwetter - doch die Innenstadt bleibt, trotz des Programms, verwaist.

Harburg. "Das hier ist irgendwie das Hamburger Hafenfest in klein - nur besser und gemütlicher." So lautete das eindeutige Votum der Besucher des Binnenhafenfestes am Sonnabend und Sonntag.

In den Harburger Binnenhafen kommen zwar nicht mehr als eine Million Gäste wie beim Hamburger Hafengeburtstag, sondern "nur" rund 55 000. Hier ankert auch kein Viermaster, sondern nur der Dampfschlepper "Tiger". Aber dafür kommen die Besucher nach wenigen Minuten problemlos auf das Schiff. Und das Beste: Der Dampfschlepper legt sogar ab und startet zu halbstündigen Rundtouren auf dem Elbwasser des Harburger Binnenhafens - für fünf Euro.

Auch das Dampfschiff "Woltman" sowie Barkassen, Kutter, Motorboote, Bergungsschiffe sowie Ewer schipperten durch den Harburger Binnenhafen. Die meisten Schiffseigner verlangten keinen Fahrpreis, sondern nur "eine Spende für den Erhalt und Betrieb der Wasserfahrzeuge".

Das Binnenhafenfest ist eine Mischung aus Hafengeburtstag und Altonale

Am Sonnabend um 16 Uhr zeigten die Einsatzboote von Feuerwehr, Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deutschem Roten Kreuz und Arbeiter-Samariter-Bund rasante Manöver auf dem Wasser. Und die Hadag-Hafenfähre "Nala" brachte an beiden Tagen Besucher von den St.-Pauli-Landungsbrücken nach Harburg und zurück - die letzte Fahrt ging am Sonnabend um 23 Uhr ab Harburg, am Sonnabend um 18 Uhr. Eine einfache Fahrt kostete allerdings stolze sechs Euro - Kinder bis 16 Jahren hatten freie Fahrt.

Kleiner und dafür viel gemütlicher - das war auch das Credo des zehnten Harburger Binnenhafenfestes, dessen Motto wie immer hieß: "Leinen los!". Die Temperaturen waren mit bis zu 27 Grad deutlich höher als beim "richtigen" Hafengeburtstag, aber trotz der Hitze waren überwiegend nur entspannte Gesichter zu sehen. Schon am Nachmittag wurde ordentlich Bier gezapft.

"Das Harburger Binnenhafenfest ist viel schöner als das Hamburger Hafenfest", sagte der Ex-Harburger Thilo Engels, 42, der mit seiner Frau Julia Schröter, 43, und den Kindern Julia, 8, und Milla, 5, von Alt-Osdorf in den Hamburger Süden gefahren war. "Das Harburger Binnenhafenfest ist ruhig und entspannt. Hier kann man sich ans Wasser setzen, und die Wege sind für Kinderbeine zu bewältigen", sagte Thilo Engels. "Das Harburger Fest ist eine Mischung aus Hamburger Hafengeburtstag und Altonale."

Julia Schröter schätzte "die schöne Hafenatmosphäre und die interessanten Stände von Umweltverbänden und Initiativen". Die Alt-Osdorfer Familie spendete für einen Mädchentreff.

Der Marmstorfer Heiko Lugert, 62, hat bislang kein Binnenhafenfest ausgelassen - er kam zum zehnten Mal zu "Leinen los!". "Bei diesem schönen Wetter muss man sich das Treiben hier ansehen und sich einen lustigen Nachmittag machen. Hier wird für alle Altersgruppen etwas geboten. Wer das maritime Flair liebt, der ist hier gut aufgehoben." Auch Heiko Lugert lobte, dass das Binnenhafenfest "nicht so überlaufen" wie das Fest an der Norderelbe ist. "Schön wäre es aber, wenn es am Sonnabend gegen 22.30 Uhr ein schönes Feuerwerk gäbe - selbst das Harburger Schützenfest hat ein Feuerwerk. Und hier im Binnenhafen wohnen ja kaum Menschen - ein Feuerwerk würde also kaum jemand stören."

Ein Harburger Ehepaar monierte indes, dass es auf dem Binnenhafenfest "kaum Toiletten" gab.

Und in der Tat: Es waren nur zwei öffentliche Toiletten aufgestellt worden, deren Benutzung 50 Cent kostete. Die eine am Kanalplatz, die andere am Dampfschiffsweg bei der Lotsebrücke. Begeistert hingegen waren viele Zuschauer von der orientalischen Feuerfackel-Show auf Ponton A am Sonnabend um 22 Uhr.

+++ Kommentar: Ein schönes Motto allein reicht nicht +++

Kaum ein Festbesucher ging vom Binnenhafen in die Harburger City

Die "Wölfe", der Chor der Schule Dempwolffstraße, hatten am Sonnabendvormittag nach der Eröffnungsrede von Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg das Programm auf der NDR-90,3-Bühne am Kanalplatz mit Liedern zum Thema "Das Gänseblümchen Fredericke" eröffnet. Es folgten die Hamburg Dance Academy, die Rap-Formation "Schlechta Umgang meets Beats 'n' Bars", Deak Diamond, The Life Between, Ciao Bella, Marek Marple und die NDR-Hausband The Groove Jets.

Am Sonntag "performten" der Kinderchor Schule Grumbrechtstraße, eine Theatergruppe der Kulturwerkstatt Harburg, Werner Pfeiffer und Friends, The Swingalettes & Minimoo Big Band, der Stellwerk Comedy Club mit Thorsten Bär, das Trio Hafennacht und die Chevy Devils.

Sonnabend um 11 Uhr hieß es: "Antuten und Anpfeifen" aller Schiffe und Wasserfahrzeuge und am Sonntag um 18 Uhr fand mit dem "Abschiedstuten und -pfeifen" das Fest seinen Abschluss.

"Harburger Binnenhafen goes Innenstadt" hieß es am Sonnabend in den Harburg Arcaden und in der Lüneburger Straße. An der Bühne "Südkultur" direkt am Lüneburger Tor war indes kaum etwas los. Als die Rapper von "Schlechta Umgang" um 15.45 Uhr die Bühne betraten, sahen rund zwei Dutzend Menschen zu.

Auch die Harburg Arcaden waren mit ihrem Programm keine Straßenfeger: Das bestand aus einem Auftritt des Altländer Shanty Chores. Das gut gemeinte Motto "Binnenhafen goes Innenstadt" blieb deshalb bei Kaiserwetter eine bloße Idee vom Citymanagement und vom Business Improvement District (BID).