Schausteller erklären den Pfingstmarkt in Neukloster zu ihrem Favoriten. 120 000 Besucher werden erwartet

Neukloster. Schausteller Hans Werner Rüth verpasst der Kopfstütze von der Dancer-Gondel ein paar Hiebe und schon sitzt sie. Hinter ihm schwingen Kräne ihre Arme über dem Pfingstmarktplatz in Neukloster. Die Arbeiter rufen sich gegenseitig Anweisungen zu, transportieren Metallplatten, Zangen in der Hosentasche und Handschuhe an den Händen.

Es ist Mittwoch, drei Tage vor Beginn des Pfingstmarktes in Neukloster an der Bundesstraße 73. Zeit für die Schausteller, ihre Geschäfte aufzubauen. Vordergründig spielt sich auf dem Pfingstmarktplatz in Neukloster der übliche Schaustelleralltag ab. Doch der Pfingstmarkt ist anders als andere Jahrmärkte. Die Betreiber der Fahrgeschäfte, Buden und Imbissstände kommen immer wieder. Seit Jahrzehnten.

Auch Rüth kennt den aufsteigenden Marktduft von Bratwurst, Zuckerwatte und kandierten Äpfeln auf dem Pfingstmarkt schon seit er denken kann. Vor 40 Jahren haben seine Eltern hier zum ersten Mal ihre Losbude aufgestellt. Rüth musste damals den Marktbesuchern mit Losungspech Trostpreise überreichen.

Heute reist der 49 Jahre alte Hamburger mit seinem "Dancer", in dem es rauf, runter und rundherum geht, von Markt zu Markt in ganz Deutschland. Aber den Pfingstmarktplatz erklärt der Stoppelbärtige mit Seitenscheitel von den insgesamt 25 Veranstaltungen, die er besucht, zu seinem Favoriten. "Neukloster ist mein liebster Platz."

Was aber ist an dem Markt so besonders? "Es geht hier sehr familiär zu und alles ist hervorragend organisiert", sagt Rüth.

Die Organisation ist kein Kinderspiel

Das liegt vor allem an einem Mann: Helmuth Burfeind. Der 71-Jährige ist Vorsitzender des Heimatvereins Neukloster und Ortsbürgermeister. Wenn er über den Marktplatz schreitet, gibt es hier ein freundliches Schulterklopfen, da Witzeleien und lieb gemeinte Kommentare. Die Schausteller kennen den Marktorganisator seit Jahren - und mögen ihn. "Er und der Heimatverein leben für das Fest. Deshalb funktioniert auch alles so gut", sagt Rüth.

Die Organisation des größten Pfingstfestes Norddeutschlands ist alles andere als ein Kinderspiel. Die Bundesstraße 73 muss gesperrt werden. Rund 120 000 Besucher kommen an den drei Rummeltagen nach Neukloster, und jedes Jahr buhlen rund 500 Schausteller um einen Platz auf dem Fest, aber lediglich 130 kann Burfeind vergeben.

Für viele Marktleute wie Rüth ist die Platzvergabe allerdings ein Selbstläufer. Sein "Dancer" zählt schon zu den Traditionsgeschäften auf dem Pfingstfest - sein Platz ist ihm sicher. Auch das Riesenrad - Wahrzeichen des Marktes - steht jedes Jahr an selber Stelle. Doch bei aller Liebe zur Markt-Familie achtet Burfeind auch darauf, neue Attraktionen nach Neukloster zu ziehen. "Ein paar neue verrückte Sachen muss man jedes Jahr haben", sagt er.

Das Verrückte in diesem Jahr ist der "Sky Dancer", ein 55 Meter hoher Kettenflieger. In Schwindel erregender Höhe können Nervenkitzel-Fans die Fliehkraft ohne Boden unter den Füßen spüren. Peer Nülken, Betreiber des Karussells, musste nicht lange überlegen, ob er auf seiner Maitour zum ersten Mal einen Stopp in Neukloster einplant. Der Erfolg des Pfingstmarktes spricht für sich. "Das Fest ist überregional bekannt, also keine Dorfkirmes." Es findet aber in einem Dorf statt. Neukloster zählt gerade mal 1900 Einwohner.

Marktbeschicker teilen sich 15 000 Quadratmeter

Für Ralf Böker ist das ein deutlicher Pluspunkt. Der Bremer betreibt den Autoscooter "Top In". "Das Publikum ist hier durchgehend nett ", sagt Böker, der in die Fußstapfen seines Schwiegervaters Werner Robrahn getreten ist. Auf anderen Jahrmärkten in Großstädten hat der Mann in Jeans und dunkler Jacke schon ganz andere Erfahrungen gesammelt. "Manche meinen, sie haben mit dem zwei Euro teuren Chip gleich den ganzen Laden gekauft und mich gleich mit", sagt er. Da sind ihm die bodenständigen Besucher schon lieber.

So wenige Leute wie in Neukloster leben, so klein ist auch der Platz. Keine einfache Sache für die Marktbeschicker. Sie müssen sich 15 000 Quadratmeter teilen. Vor allem aber kommt es darauf an, die Balance zu halten. Der Platz, auf dem normalerweise Autos, Lastwagen und Wohnmobile parken, hat einige Tücken. Er fällt an einigen Stellen ab, so dass das Marktvolk die Schrägen mit Holzpfählen und Metallböcken ausgleichen muss. "Eine normale Sache", sagt Ralf Böker, der den Autoscooter "Top In" betreibt. Aber bei seinem Geschäft und der Scooter-Fahrbahnfläche von 34 mal 18 Metern muss der Mann schon viel Zeit ins Austarieren investieren.

Auch Riesenrad-Betreiber Otto Cornelius spricht von "schwierigen Platzverhältnissen". Dennoch: die Atmosphäre beim Aufbau ist ruhig und von Routine bestimmt. Die Handgriffe sitzen. Die Marktbeschicker ziehen Drähte, tauschen Ersatzteile auf, prüfen Stecker. Sobald ein Problem auftritt, winken die Beschicker Helmuth Burfeind heran. Problem erzählt, Problem gelöst. Der Cheforganisator schreitet täglich über den Platz und das Marktvolk kann davon ausgehen, dass er alles daran setzt, jeden Makel zu beheben.