Professoren und Doktoranden arbeiten seit drei Jahren an dem Projekt. 15 Minuten kann die Drohne in der Luft bleiben.

Harburg. Nach Hochtechnologie sieht der Flugroboter nicht gerade aus: Er hat ungefähr die Größe einer Taube und ähnelt einem Spielzeughubschrauber aus dem Kinderzimmer. Nur hat er vier Rotoren statt einem, so dass er Quadrokopter heißt (lateinisch quadrum, Viereck). Doch das Flugobjekt, das Doktoranden an der Technischen Universität (TU) Harburg entwickeln, könnte als "fliegendes Auge" in Zukunft gleich auf mehreren lukrativen Märkten gefragt sein.

Die Bundeswehr hat einen mit Kamera "bewaffneten" Quadrokopter bei der Cebit 2006 vorgestellt. Das renommierte Massachusetts Institute of Technology forscht an ähnlichen unbemannten Drohnen. "Sein Aufbau ist einfach und er leistet extreme Flugmanöver", nennt Jonas Witt (26) den Vorteil des Vierrotoren-Fluggeräts, das in den 1920er-Jahren erfunden wurde. Der wissenschaftliche Mitarbeiter an den Instituten für zuverlässiges Rechnen und Zuverlässigkeitstechnik hat 2007 die Quadrokopter-Forschung an der TU Harburg angestoßen. Heute arbeitet er mit den Doktoranden Björn Annighöfer (27) vom Institut für Flugzeugsystemtechnik und Ulf Pilz (29) vom Institut für Regelungstechnik an der Weiterentwicklung der Schwebeplattform. Drei Professoren und acht bis zehn Studenten sind seit 2007 an der institutsübergreifenden Forschungsgruppe beteiligt. Die Drohnenentwickler von der TU Harburg haben damit begonnen, einen Schwarm aufzubauen. Mitte 2011 soll eine Flotte mit elf Quadrokoptern fertig sein. Der Stückpreis der Harburger Eigenbaumarke liegt bei 1500 bis 2000 Euro. 15 Minuten hält der Akku den Quadrokopter in der Luft. Sein Herzstück ist ein Rechner, ähnlich dem im Notebook. Im Betriebssystem Linux ist die Intelligenz des Flugroboters vereint.

Die Forscher wollen den Formationsflug verfeinern. Die Vision ist das völlig autonome Fliegen der Roboter. Ohne Piloten, gemeint ist das Bodenpersonal an der Fernsteuerung, sollen die kleinen Flieger selbstständig agieren: bei Bedarf sogar ohne menschliches Zutun eine Stromquelle suchen, landen und ihre Akkus aufladen können. Noch ist diese sogenannte Schwarmintelligenz Zukunftsmusik. Militärs, ihnen zuarbeitende mittelständische Unternehmen wie die Air Robot aus Arnsberg und Universitäten arbeiten aber daran.

"Big Brother" aus der Luft: Ein Rudel intelligenter fliegender Kameras ist eine verlockende Aussicht für Militärs. Quadrokopter könnten weites Land überwachen und Konvois beschützen. Oder zur Aufklärung in Gebäude fliegen, in denen sich feindliche Kämpfer verschanzt haben.

Die Forscher der TU Harburg lehnen eine militärische Nutzung ab. Ihre Vision ist ein kostengünstiger Flugroboter, den Hilfsorganisationen in unübersichtlichen Katastrophengebieten einsetzen können. "Quadrokopter könnten eines Tages verunglückte Menschen aufspüren und die GPS-Daten an die Suchtrupps senden", sagt Jonas Witt.

Die TU Harburg wird keine eigene Drohne auf den Markt bringen. "Es ist nicht geplant, eine eigene Firma zu gründen oder das Know-how an ein Unternehmen zu verkaufen", sagt Ulf Pilz. Die Motivation, so sein Kollege Björn Annighöfer, sei immer gewesen, eine Forschungsplattform zu haben. Der Quadrokopter sei ein ideales Trainingsobjekt, das die Studenten begeistere.

Von solchem honorigen Forschergeist dürften andere weit entfernt sein. Eine Drohne zum Stückpreis von 2000 Euro könnte Klatschreportern ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Vorstellbar ist, dass Paparazzi Miniroboter mit Kameras über Villen Prominenter kreisen lassen - um zu sehen, was Heidi Klum oder Dieter Bohlen gerade so machen. Der Betrieb von Quadrokoptern ist in Deutschland noch nicht gesetzlich geregelt. Geräte mit weniger als fünf Kilogramm Gewicht sind anmeldungsfrei.