Konzentriert lesen Katrin Zimmermann und Charlotte Wallach in ihren Unterlagen. Viel los ist an diesem Vormittag nicht im Bereich Campus Lehre des Universitätsklinikum Eppendorf.

Hamburg. Die Hamburgerinnen haben sich auf der Terrasse der Cafeteria einen Platz gesucht, um den Stoff des letzten Seminars durchzusprechen. "Nach dem Medizinstudium stehen einem zahlreiche Möglichkeiten offen, man kann in die Allgemeinmedizin gehen, sich auf eine bestimmte Fachrichtung spezialisieren oder sogar bei Behörden, Krankenkassen oder in der Industrie arbeiten", erzählt Katrin Zimmermann.

Die 21-Jährige studiert im zweiten Semester Medizin, ebenso wie die gleichaltrige Charlotte Wallach. Den Vorstoß des Gesundheitsministers Philipp Rösler, durch eine Studienplatz-Quote mehr Mediziner für ländliche Regionen gewinnen zu können, sehen die beiden Studentinnen kritisch - eben weil sie die breit gefächerten Tätigkeitsfelder, die ihnen ihr Studienfach ermöglicht, so schätzen. "Ich weiß doch zu Beginn meines Studiums noch nicht, worauf ich mich spezialisieren werde", erklärt Charlotte Wallach. Außerdem sei es eine Sache der Persönlichkeit, ob man für das Leben als Landarzt geschaffen sei. "Wer Karriere machen möchte, ist in einer Großstadt wie Hamburg besser aufgehoben", so Katrin Zimmermann. "Dafür ist die Bindung zu den Patienten auf dem Land sicherlich enger, man kennt sich. Ein Plus."

In einem Hörsaal des Campus packt Jens Sengebusch gerade seine Bücher zusammen. Anders als seine jüngeren Kommilitoninnen hat sich der 37-Jährige bereits für eine Fachrichtung entschieden: Ambulante Reha. Er ist im 14. Semester, 2011 beginnt sein praktisches Jahr. "Als Landarzt ist man allein auf weiter Flur", sagt der Hamburger. "Ein Arzt pro Dorf wäre optimal, ein Arzt für zehn Dörfer ist ein Problem." Kollegen, die eine eigene Praxis in der Stadt vorziehen, könne er verstehen. "Die meisten Privatpatienten leben in Ballungsgebieten", so Jens Sengebusch, und nur über diese können viele Ärzte ihren Praxisbetrieb noch aufrechterhalten.

Ein weiteres großes Problem: Der Nachwuchs fehle. "Es gibt zu wenige Studienplätze, daran ändert auch die Quote nichts." Vielmehr sei ein Umbau des Gesundheitssystems nötig und damit einhergehend eine Abschaffung der gesetzlichen Versicherung - unter Beibehaltung einer gesetzlich geregelten Grundversorgung. "Damit würde jeder Patient in seiner Verantwortung mehr gefordert und das verbessert langfristig die Budgets der Landärzte", so Jens Sengebusch. Unter diesen Bedingungen könnte er sich vorstellen, auf dem Land zu praktizieren.