Nuca Selbuz, stellvertretende Intendantin, kritisiert die unmöglichen Platzverhältnisse.

Harburg. Eigentlich ein Wunder, wie die Darsteller hier Theater spielen können. Die Schauspieler, die längere Zeit keinen Einsatz haben, sagt Nuca Selbuz, müssten die enge Steiltreppe in den Keller hinunter und durch den winzig schmalen Flur in ihre Garderobe. Gerade zwei an der Zahl gibt es davon. Dort wiederum, so weiß die stellvertretende Intendantin am Harburger Theater, höre man aber den Einsatz gar nicht. Also komme es vor, dass "die Requisite im dichten Gewusel hinter der Bühne runter läuft und dem Darsteller rät, doch langsam hoch zu gehen." Es mutet fast wie Zynismus an, wenn Selbuz sagt, dass Zuschauer manchmal ein verhängnisvolles Geräusch hinter der Bühne hören - für ältere Akteure böte der steile Bühnenaufgang eben in der Eile "hohe Unfallgefahr".

Höchstens 70 Quadratmeter misst der Backstage-Bereich der Harburger Spielstätte, hinter dem sich bei manchen Produktionen mehr als 20 Personen tummeln: Es wird gewaschen, gebügelt, an Maske und Frisur gearbeitet. Dass man alle Requisite, also auch Perücken, Kostüme oder Schminke immer aus dem Altonaer Theater mitschleppen müsse, weil im Harburger Theater einfach kein Lagerplatz da sei, davon will Intendantin Selbuz gar kein großes Aufheben machen. Keine Frage: Eine richtige Hinterbühne ist an der Spielstätte für zeitgemäßes Theater bittere Notwendigkeit.

Es mutet also nicht wie Luxus, sondern wie Notwendigkeit an, wenn nun Pläne zum Ausbau der Bühne am Museumsplatz vorliegen: Unter den Bedingungen des Hauses ist kaum professionelle Theaterarbeit möglich: Bühnenbilder können durch die viel zu kleine Hintertür kaum transportiert werden. Deswegen müssen die Kulissen oftmals auseinandergeschraubt werden. Die Enge und die fehlende Hinterbühne fordern Schauspielern und Team bei jeder Aufführung neuerlich Hochleistungen und Improvisationstalent ab.

Das könnte bei einer Umsetzung der nun vorliegenden Entwürfen für ein moderneres und zeitgemäßes Haus anders werden. Sie sehen nicht nur eine Erweiterung der Bühne um eine Hinter- und Seitenbühne, sondern auch einen Kulissenaufzug vor. Architekt Peter Thiel machte im Kulturausschuss klar, dass man bei den Plänen besonders darauf geachtet habe, dass Kulissenteile des Altonaer Theaters oder der Hamburger Kammerspiele, mit denen Produktionen getauscht werden, "ohne Umbau in Harburg" zu verwenden sind.

"In einer perfekten Welt würde ich sagen, das sollten wir sofort miteinander anpacken." So umschrieb Referent Simon Menzel von der Hamburger Behörde für Kultur, Sport und Medien recht diplomatisch im Ausschuss für Kultur und Sport in Harburg, wie es um eine zeitnahe finanzielle Realisierung der Pläne für den Bühnenausbau stehe. Allein die Erweiterung der Bühne, bei der durch Eingriffe von Architektenhand nach hinten sieben Meter und seitlich fünf Meter an Bühnenraum gewonnen würden, wurden nämlich mit Kosten in Höhe von 1 bis 1,3 Millionen beziffert. Nicht eingerechnet sei dabei die Technik (ausgenommen ein Kulissenaufzug und der Bühnenboden), an deren notwendiger Erneuerung der mit einem Machbarkeitsgutachten beauftragte Architekt Peter Thiel ebenfalls keinen Zweifel ließ: die "elektro-akustische Anlage" in Harburg sei sehr schlecht.

Alles sei "eine Frage der Qualität der Ausstattung", führ der Fachmann fast ironisch fort, nach oben gäbe es "kaum Grenzen". Dass man sich an der Harburger Spielstätte nicht mit dem Schauspielhaus vergleichen will, wissen alle Akteure. Doch Nuca Selbuz machte im Kulturausschuss deutlich, wie wichtig eine zeitgemäße Bühne für Harburg sei.

Das nach langen Umbaumaßnahmen 2009 fertig gestaltete Foyer mit der lichten Fensterfront und der modernen Gastronomie zöge in seiner Attraktivität nämlich "immer mehr neue Zielgruppen" an. Die Anfragen für Vermietungen des Saals seien gestiegen, doch da stoße man zur Zeit auf Probleme mit der unzeitgemäß kleinen Bühne. Brauche das Rathaus beispielsweise für eine Veranstaltung die Bühne, stehe man immer vor der Frage: "Wie viel Meter Bühne benötigen Sie?" Hintergrund: Das Bühnenbild kann hinten nicht eingelagert werden.

Ungefähr ein Jahr würde der Ausbau der Bühne am Museumsplatz dauern, der Harburg in eine zeitgemäße Theatersituation versetzen könnte und das theatrale Spektrum erweitern würde. Für Technik kämen nach Schätzung des Architekten Kosten in Höhe von 200 000 bis 500 000 Euro hinzu. Simon Menzel von der Kulturbehörde kam vorerst die undankbare Aufgabe zu, die Aufbruchstimmung etwas zu dämpfen.

Im Doppelhaushalt 2011/2012 sehe er vorerst keine Chance zur Realisierung und müsse Harburg "um Geduld bitten". Die Frage, ob allerdings ein privater Sponsor den Prozess beschleunigen könne, konnte der Referent nur bejahen: Harburgs Bretter könnten dann wirklich wieder eine kleine Welt bedeuten.