Dem Quartier fehlen eine junge kaufkräftige Kundschaft und moderne einladende Gebäude ringsum, sagen die Experten.

Harburg. Der Wochenmarkt wird noch zwei Wochen länger als gedacht auf dem Rathausplatz stattfinden. Denn laut Auskunft des Bezirksamtes ziehen sich die Sielbauarbeiten noch bis Mitte April hin. "Es gab Lieferverzögerungen beim Material.", sagt Behördensprecherin Petra Schulz. So ließen die Formteile für Stahlrohre auf sich warten, mussten bei einer Firma aus Süddeutschland bestellt werden.

Stichtag für die Baustellen-Abnahme ist für Bauleiter Uwe Rosenkranz (43) von der Firma Rischkau, Straßenbau, aus Buxtehude Mittwoch, 14. April. "Das schaffen wir schon", sagt er. Wenn nicht Lutz Kesken (45) von der Firma KMB - Kampfmittelbergung - noch explosive Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg im Erdreich findet. Er kontrolliert mit seiner Sonde regelmäßig das Baustellengebiet: "Bis jetzt schlägt der Zähler nicht an."

Für mehr Zündstoff sorgt unterdessen das HafenCity (HCU)-Gutachten, das sich mit den Perspektiven des Wochenmarktes beschäftigt. Der Rundschau liegt das Gutachten vor. Demnach werden dem Harburger Wochenmarkt keine guten Perspektiven bescheinigt, wenn alles so bleibt, wie es ist. "Die historisch gewachsene starke Position des Harburger Wochenmarktes ist bedroht und für die Geschäftsleute im Umfeld des Marktes kann es kein 'weiter so' geben", heißt es in den Schlussfolgerungen. Die Gründe sind vielschichtig. So leiden die Geschäfte der Händler auch unter dem Bedeutungsverlust der Innenstadt als Einkaufsstätte. "Das Hauptthema der kriselnden Innenstadt ist die Abwärtsspirale, geprägt durch Billigläden und ein unattraktives Erscheinungsbild", so das Gutachten. Die City werde "wegen der vielen Ramschläden vom zahlungskräftigen Publikum gemieden". Entscheidend für die Kundenfrequenz ist die geringe Kaufkraft des Publikums. So führt die Studie an, dass Harburg im Rahmen einer Erhebung aus 2004 auf Basis des Durchschnittseinkommens je Steuerpflichtigen noch unterhalb von Wilhelmsburg und St. Pauli liege. Junge, konsumorientierte Familien der Generation 35 plus fehlen in Harburg. Hier sind die Stammkunden ältere Menschen.

"Viele Kunden kommen aus umliegenden Gemeinden nur für kleine Besorgungen und Arztbesuche nach Harburg. Trotzdem profitieren die Unternehmen rund um den Sand vom Markt.: Laut HCU macht Edeka am Sand während der Marktzeiten von 7.30 Uhr bis 13 Uhr rund 80 Prozent des Umsatzes, Karstadt kommt ab 9 bis 14 Uhr auf 60 bis 70 Prozent. Nach Ende des Wochenmarktes - und das ist einzigartig im Vergleich mit anderen Hamburger Marktstandorten - bleiben die Kunden weg.

Der Markt könne allerdings einen weiterführenden Abwärtstrend des Viertels nur verlangsamen, so das Gutachten weiter. Und das liegt laut Erhebung zum einen am unattraktiven Standort mit vernachlässigter, veralteter Bausubstanz, zum anderen jedoch auch ein wenig am Sortiment der Anbieter. Hierbei sollten die Besonderheiten des Angebots - Spezialitäten aus der Region - stärker herausgehoben werden sowie hochwertige Stände mit unter anderem Schmuck und Textilwaren installiert werden. Der Markt als ausschließlicher Nahversorger mit eher bodenständigem Angebot habe in Harburg keine Zukunft. Auch ein Mittagstisch müsse her, damit Büroangestellte und Studenten den Markt nutzen könnten. Dazu seien verlängerte Öffnungszeiten mindestens bis 14 Uhr nötig.

Im Rahmen der Recherche für das Gutachten habe man sich auch um Gespräche mit den Grundeigentümern am Sand bemüht. Das sei wenig aufschlussreich gewesen. "Es scheint sich wie in der Lüneburger Straße zum Teil um ältere Personen zu handeln, die ihren Bestand nur noch mit Minimalaufwand verwalten", so heißt es im Gutachten.

Da Diskussionen mit Eigentümern und einigen Händlern, die Veränderungen gegenüber nicht aufgeschlossen seien, sich mühsam gestalten würden, solle die Bezirksverwaltung sich stärker einbringen. Und das könne schon beginnen, wenn das Gebäude, in dem sich derzeit Markttoilette und Marktmeisterbüro befinden, bald nach Ende des Nutzungsvertrages Ende dieses Jahres wieder an den Bezirk fällt. Dann solle zügig mit der Sanierung gestartet werden. So sei ein Neubau der Markttoilette "dringend geboten".