Während die Meinung der Käufer klar ist, sind einige Händler skeptisch. Die Politik legt sich nicht fest.

Harburg. Der Wochenmarkt auf dem Harburger Rathausplatz geht heute in seine zweite Woche - und stößt bei den Kunden auf immer mehr Zuspruch. "Das Ambiente auf dem Rathausmarkt ist einfach schöner", lautet die eindeutig mehrheitliche Meinung der Marktbesucher. Und: "Der Wochenmarkt braucht nach dem Ende der Sielarbeiten nicht auf den Sand zurückkehren." Das ergab eine Umfrage der Harburger Rundschau am Sonnabend.

"Das Rathaus ist eine schöne Kulisse für den Wochenmarkt", sagt Nicole Riedler (39) aus Eißendorf, "der Platz strahlt so eine schnuckelige Kleinstadtatmosphäre aus und ist schön gemütlich. Auf dem Sand ist dagegen sehr nüchtern."

"Der neue Standort hat eindeutig mehr Flair", sagt auch Klaus-Dieter Suhrke (67) aus Marmstorf, "der Markt sollte hier bleiben, die Stände müssten aber systematischer zusammengestellt werden." Auch Meike Schmanns (44) aus Heimfeld sagt: "Der Rathausplatz ist einfach um Längen schöner als der Sand. Hier macht das Einkaufen viel mehr Spaß."

Silvia Muhl (42) von der "Marktschlachterei" aus Buchholz hat derweil eine Unterschriftenaktion für den Standort auf dem Rathausplatz ins Leben gerufen. Bis zum Sonnabend hatten 450 Kunden unterschrieben. "Der neue Standort hat uns auch neue Kunden gebracht und der Umsatz ist leicht gestiegen", sagt die Markthändlerin, "wenn unsere Kundschaft hier lieber einkauft, dann wollen wir auch hier bleiben."

Auch die Obst- und Gemüseverkäuferin Marita Wohlers (56) aus Elstorf kann sich vorstellen, auf dem Rathausplatz zu bleiben - "wenn die Kunden den Standort sehr gut annehmen". Der Umsatz sei gleich geblieben in der ersten Woche. Allerdings sprächen das Kopfsteinpflaster, die mangelnden Parkmöglichkeiten für die Transporter sowie die fehlenden Toiletten am Sonnabend gegen den Standort - in der Woche können die Händler die Behindertentoilette im Rathaus nutzen.

"Ganz eindeutig gegen den Rathausmarkt" ist hingegen der Fleischer Heino Allgeier (57) aus Elstorf, Sprecher der 30 Mitglieder zählenden "Wochenmarktgemeinschaft Harburg Sand": "Das Ambiente hier ist zwar unbeschreiblich gut, aber auf Dauer können wir vom Ambiente nicht leben. Auf dem Sand gibt es eine gewachsene Struktur mit Banken, Ärzten und Apotheken, die vor allem von unserer älteren Kundschaft genutzt wird."

Unter Harburger Spitzenpolitikern stößt die Standortfrage auf unterschiedliche Reaktionen: "Die Diskussion ist völlig aufgeregt und kommt viel zu früh", sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer, der einmal pro Woche auf dem Wochenmarkt einkauft. "Der Markt ist nur provisorisch verlegt worden und kommt nach den Sielarbeiten auf dem Sand wieder zurück an seinen alten Standort." Die Politik müsse, so Fischer, "die ganze Harburger Innenstadt im Auge behalten". Ein "Vakuum auf dem Sand" würde zu einer Abwertung des Sands und der Hölertwiete führen.

"Wenn eine Verlagerung gewünscht wird, könnte man das machen", sagt der Fraktionsvorsitzende Ronald Preuß vom Koalitionspartner GAL, der zwei- bis dreimal im Monat den Markt besucht. "Aber diese Frage kann man nach sechs Tagen Praxistest noch nicht beantworten." Der Umzug sei mit "erheblichen Kosten verbunden" - für das Marktmeisterbüro, für Toiletten, für (Ab-)Wasser, Strom und Fettabscheider. "Es ist wichtig", sagt Preuß, "dass sich die Markthändler auf eine einheitliche Position einigen."

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Kurt Duwe, kauft jeden Sonnabend auf dem Wochenmarkt ein. "Wir müssen generell dafür sorgen, dass der Harburger Wochenmarkt erhalten bleibt und wirtschaftlichen Erfolg hat", sagt der Freidemokrat, "das ist wichtiger als die aktuelle Standortfrage." Das "Ambiente", so Duwe, spreche allerdings für den Rathausplatz, "und wenn sich herausstellt, dass die Beschicker nach einem Monat jubeln, dann nehmen wir den Rathausplatz und schauen, wie wir das organisieren." Während des Harburger Weihnachtsmarktes, so Duwe, könne der Wochenmarkt dann auf den Sand ausweichen.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jürgen Heimath, hingegen ist "ganz klar für den Sand. Hier hat der Wochenmarkt seit mehr als 100 Jahren seinen Standort. Und hier gibt es eine fruchtbare Symbiose zwischen dem Markt und den umliegenden Geschäften". Allerdings müsse der Standort Sand "deutlich aufgewertet" werden, sagt der Sozialdemokrat, der mindestens zweimal in der Woche auf dem Wochenmarkt einkauft.

Die Organisatorin des Harburger Weihnachtsmarktes, Anne Rehberg, sieht der Diskussion um den Wochenmarkt derweil recht gelassen entgegen. "Am besten, alle Beteiligten setzen sich an einen Tisch und sprechen alle Varianten durch. Es gibt ein ganz klares Bekenntnis des Bezirks, dass der Weihnachtsmarkt auf den Rathausplatz gehört und nicht in die Lüneburger Straße. Der Wochenmarkt könnte in der Vorweihnachtszeit ja auf die Museumsachse ziehen. Wir brauchen eine Lösung, die für alle Beteiligten den größten Effekt hat."

Dem Bezirksamt und den Harburger Fraktionen liegt eine 90 Seiten starke und 25 000 Euro teure Studie der Professorin Ingrid Breckner von der HafenCity Universität Hamburg (HCU) vor. Ihr Titel: "Zukunftsperspektiven des Harburger Wochenmarktes am Sand". Darin werden das Für und Wider von vier Zukunftsszenarien für den Wochenmarkt dargestellt.

Erstes Szenario: Der Markt findet nur noch dienstags (bis 14 Uhr), freitags (bis 18 Uhr) und sonnabends (bis 15 Uhr) statt. Zweites Szenario: Der Markt wandert auf den Rathausplatz. Dort gebe es eine kaufkräftigere Zielgruppe, die sogenannten "Flaneure", die einen Wochenmarkt auch als "Erlebnis" betrachten." Drittes Szenario: Auf dem Sand wird eine Markthalle gebaut, die einzigartig in Hamburg wäre. Gute Erfahrungen damit gebe es etwa in Hannover und Frankfurt. Feste Stände würden sechsmal pro Woche ihre Waren anbieten.

Viertes Szenario: Der sechsmal stattfindende Wochenmarkt "profiliert sich" und vermarktet auch Produkte aus dem "Premiumsegment", Bioprodukte und Produkte, die klar der Süderelberegion zugeordnet werden können. Und er sorgt für mehr "Aufenthaltsqualität", etwa durch eine ansprechende Gastronomie.

Ralf-Dieter Fischer plädiert angesichts der HCU-Studie dafür, mit allen Beteiligten "in Ruhe zu analysieren, welche Erkenntnisse man dem Gutachten entnehmen kann". Fischer: "Eine Entscheidung, wie es weitergeht mit dem Wochenmarkt, sollten wir erst nach der Sommerpause treffen."