Straßen, die eigentlich erneuert werden müssten, bekommen eine Schaufel Asphalt von der billigsten Sorte. Das hält nicht lange.

Hittfeld. Der Job verlangt alle Konzentration. Seit 7 Uhr sind Bernd Albers und Joachim Lienert in ihrem orangefarbenen Bauhofwagen im Landkreis Harburg unterwegs und kontrollieren die Straßen. Lienert stoppt den Wagen. "Da müssen wir noch mal ran", sagt er, bevor die beiden in ihren Sicherheitswesten aussteigen. Und Albers zeigt auf den Grund des Stopps: Ein Schlagloch reiht sich an das nächste. Der harte Winter hat aus der Straße von Buchholz nach Holm-Seppensen eine Buckelpiste gemacht. "Hier weiß man gar nicht, wo man anfangen soll. Die größten Löcher in den Straßen haben wir zwar schon repariert, aber im Moment müssen wir an vielen Stellen nachbessern, weil der Asphalt immer wieder aufbricht", sagt Straßenmeister Bernd Albers. An manchen Stellen sehe die Straße wie ein Schweizer Käse aus.

Albers und sein Kollege gehen zum Anhänger, heben die schweren Eimer mit dem Asphalt raus und reparieren das Straßenloch. Das ist Teamarbeit: Albers fegt das Loch in der Straßendecke aus, Lienert füllt es mit dem feuchten Asphalt und Albers stampft die Masse fest. Lienert: "Wann immer es geht, benutzen wir Kaltasphalt. Der hält zwar nicht so gut, wie der höherwertige Asphalt, ist aber viel günstiger." Damit bringt er das Dilemma im Landkreis Harburg auf den Punkt. Rund 600 000 Euro hatte der Kreistag für die Sanierung und Instandhaltung der Kreisstraßen im Haushalt bereit gestellt (die Harburger Rundschau berichtete). Aber der harte Winter hat dem Kreis einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das Geld reicht weder vorne noch hinten. Die Straßen im Landkreis Harburg sind inzwischen in einem katastrophalen Zustand. Und das waren sie auch schon vor dem Winter, der vielen Straßen jetzt den Rest gegeben hat. Eine Tonne Kaltasphalt kostet 100 Euro, der bessere Asphalt kostet 700 Euro mehr. Geld, das der Kreis nicht für seine Straßen übrig hat.

Insgesamt sieben Straßenkontroll-Teams fahren täglich durch ihre Reviere, kontrollieren und reparieren. Lienert und Albers fahren im "Team Rosengarten". 92 Kilometer Kreis-, Landes- und Bundesstraßen kontrollieren die beiden Straßenmeister der Betriebsgemeinschaft Straßen (BGS), eine Kooperation von Landkreis, Land und Bund. Jeden Morgen verlassen sie mit ihrem Anhänger und dem Asphalt den Bauhof der BGS in Hittfeld. Die tiefsten Löcher sind inzwischen aufgefüllt. Lienert: "Die haben wir natürlich, sobald es das Wetter zuließ, repariert, damit die Leute sich ihre Autos nicht kaputt fahren. In den letzten Jahren waren wir mit diesen Arbeiten in etwa 14 Tagen durch, aber in diesem Jahr schaffen wir das nicht."

Das größte Problem für eine Straße ist Wasser. "Dringt Wasser durch einen Riss oder ein Loch in der Asphaltdecke ein, und friert es über Nacht, dehnt es sich aus. Das Eis sprengt den Asphalt regelrecht auf oder hinterlässt Hohlräume. Unsere Mitarbeiter reparieren dann die Löcher, aber die Übergänge von Reparaturstelle zur übrigen Asphaltdecke lassen sich natürlich nicht wasserdicht abschließen, also kann dort wieder Wasser eintreten", erklärt Bau-Ingenieur Till Gühlke von der BGS. Der Asphalt platzt wieder auf. "Das ist die reinste Sisyphos-Arbeit. Und man darf nicht vergessen, unsere Männer müssen nicht nur auf Straßen achten. In ihr Aufgabengebiet gehören auch Radwege und Verkehrsschilder. Sie kontrollieren die Straßenbäume auf kaputte Äste, die herunter zu fallen drohen. Das ist wirklich kein Spaziergang so eine Kontrollfahrt", sagt Gühlke.

Viele Straßen, die sie jetzt notdürftig reparieren, sagen die Straßenmeister, müssten komplett abgefräst werden. Lienert: "Und dann müsste da eine neue Asphaltschicht drauf. Aber das ist eben zu teuer." Also werden die Löcher geflickt. Vor allem an den Straßenrändern reihen sich die Löcher inzwischen fast übergangslos aneinander. Lienert: "Viele Straßen wurden im Laufe der Jahre verbreitert. Diese Übergänge sind besonders anfällig für Wasser." Wieder stoppt das Team Rosengarten, dieses Mal hinter der Ortschaft Holm. "In diesem Jahr scheinen sich die Autofahrer über uns zu freuen. Niemand hupt, wenn wir auf der Straße halten und die Löcher reparieren", sagen Albers und Lienert.