Die rund 150 Teilnehmer machten deutlich, dass sie den Verlust von mehr als 2000 Bäumen nicht einfach hinnehmen wollen.

Wilhelmsburg. "Wir wollen keine tot geordnete Stadt, sondern die grüne Lunge Wilhelmsburgs behalten." - Das war die vorherrschende Meinung bei einem "Protestspaziergang" über das Gelände der geplanten Internationalen Gartenschau am Sonntag. Der Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg hatte ihn kurzfristig organisiert und hatte selbst nicht mit einer solchen Resonanz gerechnet. Etwa 150 Menschen machten ihrem Unmut über die geplante Fällung von mehr als 2000 Bäumen Luft, die für das groß angelegte, im Jahr 2013 stattfindende Gartenprojekt auf der Elbinsel weichen müssen. Mit Transparenten und Megafon ausgerüstet machte der Spaziergang mehr den Eindruck einer Demonstration, was zunächst einige Diskussionen mit der Polizei zur Folge hatte. Die Organisatoren hatten nämlich lediglich die Medien informiert, und die anwesenden Ordnungshüter hatten dementsprechend nur aus der Zeitung von der Veranstaltung erfahren.

"Wir hätten niemals mit so vielen Menschen gerechnet", sagte Florian Hohenstadt, der sich gemeinsam mit etwa 15 Leuten des Arbeitskreises gegen die weitreichenden Veränderungen einsetzt, "Deshalb haben wir nichts weiter angemeldet."

Nach Meinung der Initiatoren ginge es bei der Veränderung von Wilhelmsburgs Grünflächen nicht darum, die Lebensqualität der Bewohner der Elbinsel zu steigern. "Entscheidungen werden ganz oben in der Politik gefällt, und wir Anwohner werden nicht einmal gefragt", so Hohenstadt. Nach Angaben der Initiative seien etwa 40 Prozent des aktuellen Baumbestandes von einer Abholzung bedroht. Der Mitglieder des Arbeitskreises befürwortet hingegen die "unsortierten, wilden, freien Flächen", die für sie ein Grund seien, in Wilhelmsburg zu leben. Eine Zerstörung oder Bebauung dieser Lebensräume, die sie für besonders schützenswert halten, nehme die Initiative nicht einfach so hin. "Hamburg stellt sich als Klima schonende und umweltfreundliche Stadt dar. Aber dann so viele Bäume abzuholzen und ein Kohlekraftwerk zu bauen, das passt nicht zusammen", kritisierte die engagierte Wilhelmsburgerin Angela Banerjee, die an dem Spaziergang teilgenommen hatte.

Der Route des etwa zweistündigen Spaziergangs führte die Teilnehmer zunächst über den alten Wilhelmsburger Friedhof, von dort auf das zukünftige Gartenschaugelände. Zum Teil war dort mit der Baumfällung bereits begonnen worden. Um Zeichen zu setzen, forderte die Initiative "Mein Freund der Baum" die Teilnehmer auf, Schilder mit ihren Namen an Bäumen zu befestigen."Eine komplett durchgeplante Gartenanlage kann vielen Pflanzen und Tieren gar nicht die Lebensräume bieten, die ihnen bisher im wilden Grün von Wilhelmsburg zur Verfügung gestanden habe", betonte Roswitha Stein.

Dagmar Dose nahm gemeinsam mit ihren Kindern Simon und Judith an dem Protestspaziergang teil. Die Kinder hatten sogar Plakate dabei, die sie stolz, den ganzen Marsch durch den tiefen Schnee über, schwenkten. "Ich finde es schön hier, so wie es ist", so der elf Jahre alte Wilhelmsburger, dessen Plakat den Satz "Wir brauchen Bäume" zierte. "Ich befürchte, dass das später unmöglich und so fürchterlich ordentlich hier aussehen wird. Ich möchte, dass diese Grünflächen hier bleiben, wie sie sind", stimmt ihm seine Mutter zu. Im Anschluss an den Spaziergang wurde gleich die nächste Aktion vereinbart. Am Tag nach Beginn der Fällungen fordert der Arbeitskreis alle Kritiker auf, sich um 17 Uhr am Bertha-Krüger-Platz in Wilhelmsburg zu treffen.