Die Anwohner sind verärgert, weil nicht gestreut wird. Die Stadtreinigung gibt sich hilflos, weil ihr das Salz fehlt.

Eißendorf. Bereits seit 2 Uhr morgens ist der Harburger Peter Neubauer (71) in seinem orangefarbenen Kleintransporter unterwegs, auf der Ladefläche Streumaterial und Eispickel, um die Gehsteige einiger Grundstückseigentümer frei zu räumen, die ihn beauftragt haben. Für 50 Einfahrten und Bürgersteige im Bezirk ist er zuständig.

Richtig viel zu tun hat der Angestellte der Firma Horst Günther am Langenberg in Eißendorf. Die Straße gleicht einer spiegelglatten Rutschbahn. Auf dem Bürgersteig sieht es auch nicht besser aus. Eis und Schnee haben den Langenberg voll im Griff. Deshalb hat die Polizei die Fahrbahn abgesperrt. "Das haben wir aus Sicherheitsgründen gemacht. Dort ist es zu gefährlich, mit dem Auto zu fahren", so ein Polizeisprecher. Mit seinem Streusand wird Neubauer hier nichts mehr. Der 71-Jährige greift zum Eispickel. "Das Eis ist teilweise vier bis fünf Zentimeter dick. Das muss aufgebrochen werden", sagt er der Rundschau. Klar: Das geht auf den Rücken, "aber das Eis muss weg, und wenn ich das nicht wegräume - die Mitarbeiter der Stadtreinigung machen das bestimmt nicht."

Hinter ihm klingelt ein Mitarbeiter des bezirklichen Ordnungsdienstes an einer Haustür und weist einen verdutzten Eigentümer darauf hin, dass er doch den Gehsteigbereich zu räumen hat, sonst drohe ihm ein Bußgeld. Neubauer wird wütend: "Es gibt kaum noch Salz, die Stadtreinigung kommt ihren Streupflichten nicht nach, und der Bürger muss jetzt herhalten und bluten. Das ist ungerecht", wettert er.

Anwohnerin Heike Kühne, die vorsichtig einen Schritt vor den anderen setzt, um nicht zu stürzen, stimmt ihm zu. "Zugegeben, wir wohnen hier etwas abgelegen und räumen unsere Gehsteige selbst. Aber wenn man dann die total vereiste Straße sieht, wird man wütend. Die Stadt lässt uns im Stich." Nicht alle Harburger Hauseigner hätten das Glück, sich einen Auftragsdienst leisten zu können.

Oder sie gehen bei der kostenlosen Verteilung von Streumaterial am Neuländer Damm leer aus. "Heute können wir noch gewährleisten, dass jeder Bürger zwei Eimer Sand erhält. Morgen, im Laufe des Tages kommen wieder 17 Tonnen", sagt Andree Möller, Sprecher der Stadtreinigung. Den Langenberg vom Eispanzer befreien - das werde vorerst nichts. "Das ist eine Nebenstrecke. Wir haben nicht ausreichend Salz, um diese Straße abzustreuen", so Möller.

Er hofft auf den Salzfrachter aus Marokko, der im Hafen eintreffen soll. "Dann kommen wir auch mit Streusalz in Eißendorf vorbei." Seine Mitarbeiter seien wegen des Eischaos im "Mega-Stress". 16 000 aufgebrachte Hamburger hätten in der Zentrale der Stadtreinigung angerufen und sich über mangelhaft abgestreute Straßen beschwert. "Wir tun, was uns möglich ist", versichert der Pressesprecher.

In Harburg schickt das Bezirksamt schon die Gärtner an die Winterfront. "Etwa fünf bis sechs Mitarbeiter sichern die Wege mit Sand", so Beatrice Göring vom Harburger Bezirksamt. Außerdem hat die Behörde für Umwelt von den 1000 zusätzlichen Winterdiensthelfern 170 für den Hamburger Süden abgestellt. "Sand und Splitt lösen das Problem nicht", sagt Neubauer kopfschüttelnd.