Schüler des Luhe-Gymnasiums in Roydorf bekommen Tipps für die Berufswahl. Das Besondere: Eltern engagierten sich dafür.

Winsen. Was soll aus mir mal werden? Was will ich lernen oder studieren? Wo will ich arbeiten? Diese Fragen stellen sich Schüler, wenn die Schulzeit zu Ende geht. Aber viele Jugendliche sind ratlos, haben "keinen Plan" und sind unsicher. Vor allem viele Gymnasiasten fragen sich: Werde ich einen Ausbildungs- oder Studienplatz finden, wenn in diesem Jahr in Hamburg und im Jahr 2011 in Niedersachsen die Doppeljahrgänge die Schulen verlassen?

Da ist guter Rat gefragt, und deshalb hatte das Luhe-Gymnasium im Winsener Ortsteil Roydorf eine tolle Idee: Die Schule lud am vergangenen Freitag 250 Schüler der 10., 11. und 12. Klassen zu einer "Berufsbörse" ein. Jeder Schüler konnte in Gruppen an zwei Beratungen teilnehmen. Dafür standen 30 Referenten aus 21 Firmen, Berufsfeldern oder Ausbildungsgängen zur Verfügung.

Das Besondere daran: Die Referenten waren größtenteils Eltern. Oder die Eltern hatten die Kontakte zu Referenten hergestellt - darunter waren Mitarbeiter von Firmen wie Hochtief, BP und Unilever, von der Universität Hamburg, der Technischen Universität Hamburg-Harburg und der Leuphana Universität Lüneburg. Auch Polizisten, eine Ärztin, ein Finanzbeamter und ein Saxofonist standen den Schülern Rede und Antwort.

"Schulabgänger müssen sich besser als je zuvor auf die Zeit nach der Schule vorbereiten", sagte der Koordinator für Berufsorientierung, Michael Hagedorn. "Wir fühlen uns unseren Schülern über die Schulzeit hinaus verpflichtet, und da wird es enger als sie es sich vorstellen können. Die Weichenstellung nach der Schule ist eine große Aufgabe und prägt das weitere Leben. Eine spätere Korrektur ist schwierig. Und wenn sie gelingt, ist wertvolle Zeit verstrichen."

So ging etwa die Hälfte der Schüler mit recht konkreten, die andere Hälfte aber noch mit recht vagen Vorstellungen zu den Referenten. Fidel Fischer (16) war sich nach dem Vortrag der Hochtief-Bauleiterin Karin Ross recht sicher, was er studieren will: Bauingenieurwesen: "Gebaut wird immer, da sehen die Jobaussichten doch gang gut aus", sagte der Zehntklässler. "Als Bauleiter hätte ich viel mit Menschen zu tun - von hohen Tieren bis zum Handwerker, das würde mir Spaß machen."

Die Elftklässlerin Denise Müller (17) wusste indes, "was ich nicht werden möchte: Beamtin, Juristin oder Medizinerin." Sie wolle "am Wirtschaftsleben teilnehmen", sagte sie nach einem Vortrag von BP-Manager Nils Anspach, und könne sich den Bereich Logistik vorstellen: "Ich bin recht sprachtalentiert, da könnte ich meine Englisch- und Französisch-Kenntnisse einbringen."

Die Zwölfklässlerin Franziska Send (17) brachte hingegen die Einstellung vieler Mitschüler auf den Punkt: "Ich bin für fast alles offen. Ich weiß noch nicht, ob ich studiere, eine Ausbildung mache oder erst mal ins Ausland gehe."

Von den Referenten bekamen die Schüler auch viele praktische Tipps für den Berufseinstieg mit auf den Weg. So empfahl der Leiter Personalentwicklung von Gruner + Jahr, Adrian Schimpf (40), den Schülern, ihre besonderen Fähigkeiten und Erfahrungen im Lebenslauf mitzuteilen, wenn sie sich bewerben. "Wenn Sie mal länger im Ausland waren, sieht das Unternehmen, dass sie auch in einen fremden Kulturraum eintauchen können. Und wenn sie Mannschafts- oder Leistungssport machen, sehen wir, dass sie sich im Team unterordnen, aber auch die Führung übernehmen können."

Die meisten Unternehmen, so der Personalleiter, gucken "besonders auf die Noten in Deutsch, Englisch und Mathematik". Adrian Schimpf riet den Schülern, sich auf die Bewerbungsgespräche "ganz genau vorzubereiten". In den Gruppendiskussionen werde darauf geachtet, "ob jemand den Mittelweg zwischen gar nichts sagen und alle anderen platt machen schafft". Bei den Einzelgesprächen erwarten die Bewerber "viele erwartbare Fragen", die man vorher mit Freunden und Literatur trainieren könne: Was wissen Sie über das Unternehmen? Warum sind Sie der Richtige für uns? Was sind Ihre Stärken und Schwächen?

"Meine Ungeduld", sagen viele Bewerber zu letzteren - "eine Antwort, die ich nicht mehr hören kann", sagt Adrian Schimpf. "Wenn ihnen nichts einfällt, dann sagen sie doch einfach, dass sie nicht malen können. Das stört fast niemanden."