Für die Arbeitslosen bedeutet das: doppelte Wege, doppelte Anträge. Die Verwaltung braucht mehr Personal.

Winsen. Auf Hartz-IV-Empfänger im Landkreis Harburg kommt ein wahrer Behörden-Marathon zu. Wird der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Arge umgesetzt, dann verdoppelt sich für die Menschen, die Hartz IV bekommen, der Aufwand bei der Antragstellung. Laut Gesetzentwurf sollen die bundesweit rund 300 Argen wieder aufgelöst werden. Die Kommunen übernehmen dann wieder die Aufgaben der Sozialämter. Im Kreishaus in Winsen zum Beispiel wird dann über die Unterkunftskosten entschieden. Die Agenturen für Arbeit sind für die Sozialleistungen zuständig. "Hier wird etwas wieder auseinander gezerrt, was vor fünf Jahren mühsam unter ein Dach gebracht wurde, um die Bürokratie zu minimieren. Und die Menschen müssen wieder zu zwei Ämtern laufen, um ihr Geld zu bekommen. Bei diesem Gesetzentwurf wurden die Hinweise der Fachleute aus der Praxis einfach ignoriert", ärgert sich Reiner Kaminski, Leiter Fachbereich Soziales beim Landkreis Harburg. Ende 2007 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kommunen in einer Arge verfassungswidrig ist. Um die Arge weiter zu führen, müsste das Grundgesetz geändert werden, wozu sich die Politik nicht in der Lage sieht.

Wenn jemand im Landkreis, der seine Arbeit verloren hat, Hartz IV beantragen muss, wird er künftig zuerst zur Arbeitsagentur in Winsen oder Buchholz gehen und einen Antrag stellen. Die Agentur-Mitarbeiter aber können über den Antrag nicht entscheiden, bevor das Sozialamt der Kreisverwaltung nicht über die Höhe der Unterkunftskosten entschieden hat. Kaminski: "Man wird den Antragsteller also zu uns schicken. Aber die Höhe der Unterkunftskosten richtet sich nach der Höhe der Sozialkosten. Mit einem nur vorläufigen Bescheid werden wir den Antragsteller dann zurück zur Agentur für Arbeit schicken müssen. Auf der Basis unseres vorläufigen Bescheides wird dort über die Höhe der Sozialleistungen entschieden. Mit dem Entscheid muss der Antragsteller wieder zu uns kommen, damit wir die endgültige Höhe der Unterkunftskosten berechnen. Das ist ein immenser bürokratischer Aufwand für einen Antrag, der jetzt noch in einem Haus bearbeitet wird", so Kaminski. Beide Leistungen hängen in ihrer Höhe von einander ab. Es sei zu befürchten, so der Verwaltungsmann, dass die Menschen dann länger auf ihr Geld warten müssten.

Für Hartz-IV-Empfänger, im Landkreis Harburg leben rund 6000 Bedarfsgemeinschaften, bedeutet das Gesetz doppelte Wege, doppelte Anträge, doppelte Beratung und doppelte Beschwerdestellen.

Für Kaminski und seine Kollegen bedeutet das neue Gesetz und seine Umsetzung, die bis zum 1. Januar 2011 abgeschlossen sein muss, zusätzlicher Arbeitsaufwand und Kosten. Kaminski: "Wir brauchen mehr Personal, mehr Räume, eine neue EDV."

Er rechnet mit einem jährlichen Mehraufwand für den Landkreis von bis zu 500 000 Euro. Es sei schwierig, jetzt schon über genaue Zahlen zu sprechen, so der Fachbereichsleiter. Kaminski: "Die Arge wurde eingerichtet, auch um Kosten zu sparen. Und wir waren mit der Arge auf einem guten Weg. Mir fehlt jedes Verständnis für diesen Kurswechsel."