Bis zu 38 Wochenstunden haben die Gymnasiasten absolviert, die jetzt nach schon zwölf Jahren den Abschluss anstreben.

Harburg. Bald wird es ernst. Aber so richtig aufgeregt ist noch keiner von ihnen. "Noch nicht", sagt die 19 Jahre alte Kristina Bernheim und lacht. "Ich weiß jetzt schon, dass ich am Abend vorher weiche Knie haben werde." Drei mal fünf Stunden höchste Konzentration für die bisher wichtigsten Klausuren ihres Lebens. Das erwartet den Abiturjahrgang 2010 in nicht einmal mehr zwei Wochen. "Die erste Klausur wird am Montag, 1. Februar, geschrieben - da sind wir vom Deutsch-Leistungskurs dran", sagt Maximilian König, der das Immanuel-Kant-Gymnasium in Sinstorf besucht. "So richtig gelernt habe ich bisher noch nicht, denn was soll man bei Deutsch machen? Eigentlich kann man nur die Mitschriften aus dem Unterricht noch einmal ordnen und durchgehen."

Wegen des Zentralabiturs schreiben alle Hamburger Abiturienten ihre Deutschklausuren am übernächsten Montag. Gleiches gilt für nahezu alle anderen Klausuren der anderen Fächer. Dennoch - etwas ist anders in diesem Jahr. In der Abschlussklasse 2010 sind die ersten Hamburger Schüler, die nur zwölf Jahre die Schulbank gedrückt haben. Acht davon haben sie auf dem Gymnasium verbracht - also ein Jahr weniger als ihre Mitschüler, die aber ab übernächster Woche mit den gleichen Abituraufgaben zu kämpfen haben werden. Gleichzeitig verlassen gleich zwei Jahrgänge die Schulen und starten in die Arbeitswelt oder in den Uni-Alltag.

Wie fühlen diese Schüler sich? Wie gravierend sind die Lernunterschiede zwischen den Jugendlichen? Und war es ihnen möglich, das fehlende Schuljahr durch zusätzlichen Unterricht aufzuholen?

"Die Unterschiede zwischen den Leistungsständen sind in jedem Fach anders gewesen. Besonders als wir vor zwei Jahren gemeinsam in die Leistungskurse gestartet sind, hatten wir Schüler unterschiedliche Voraussetzungen, besonders in den Naturwissenschaften und Mathematik", sagt Daniel Schruhl, der sich in Mathematik und Chemie prüfen lässt. "Da ist dann schon manchmal ein wenig Zeit bei drauf gegangen, wenn wir wiederholen mussten. Zum Teil haben ja wirklich grundlegende Dinge gefehlt." Um die "verlorene Zeit" aufzuholen, mussten die "Gy8er", wie sie sich auch selbst nennen, in der Oberstufe wesentlich mehr Wochenstunden belegen. "Mit den Zusatzkursen bin ich in einem Halbjahr auf 38 Stunden in der Woche gekommen", sagt Sebastian Mootz, ein Gy8er. Das bedeutete zum Teil Unterricht bis 16 Uhr, während die Gy9er schon mit durchschnittlich 28 Wochenstunden Schulschluss hatten. "Und so richtig was gebracht haben die Kurse nicht, denn im Endeffekt müssen wir ja doch alle den gleichen Stoff für das Abitur lernen."

Auch der 18 Jahre alte Max fühlte sich zu Anfang in seinem Englisch-Leistungskurs nicht so richtig wohl. "Da waren zum einen die Schüler, die ein Jahr in einem englischsprachigen Land als Austausch gelebt haben, und die Älteren", so der Sinstorfer. "Da hat man schon eine Weile gebraucht, bis man sich auf Augenhöhe gefühlt hat." Auch für die 19 Jahre alte Kristin fühlt sich die große Altersspanne in ihrem Jahrgang seltsam an. "Wir haben insgesamt mehr als 140 Schüler im Jahrgang, und da sind Leute zwischen 16 und 22 Jahren dabei", so die Harburgerin. "Bei uns sind es mehr als 200 Schüler am Friedrich Ebert Gymnasium - da hab ich schon längst den Überblick mit den Namen verloren", ergänzt Maria Ilker, die die Schullaufbahn nach neun Jahren Gymnasium mit dem Abitur abschließen wird. Und natürlich machen sich die jungen Abiturienten Gedanken über ihre Zukunft. "Von vielen Seiten hört man, dass bei der großen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt oder in der Uni eine gute Abschlussnote enorm wichtig ist", sag Maximilian König.

"Es kommt sogar vor, dass richtig gute Schüler deshalb noch Nachhilfe nehmen", fügt Kristin hinzu. Dennoch - aus der Ruhe lassen sich diese Harburger Schüler noch nicht bringen. Auch wenn der eine oder andere in zwei Wochen doch ein wenig nervös sein wird.