Lüneburgs Landrat Manfred Nahrstedt sieht in der Fusion von Landkreisen die Zukunft der kommunalen Verwaltung.

Lüneburg/Winsen. Bleckede, Amt Neuhaus und Dahlenburg würden gerne fusionieren, allerdings hat der Bleckeder Stadtrat das Ansinnen vorerst auf Eis gelegt. Im Westen des Landkreises wird über die Fusion der dortigen Samtgemeinden mehr oder weniger offen diskutiert - inzwischen sind die Samtgemeindeverwaltungen Amelinghausen, Gellersen und Ilmenau enger zusammengerückt, streben eine Verzahnung ihrer Aufgaben an. Ziele bei allen Vorhaben sind immer Synergieeffekte und Kosteneinsparungen. Die Rundschau wollte von Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) wissen, ob der Landkreis Lüneburg auch ein Kandidat für eine Ehe mit einem der Nachbarkreise ist.

Lüneburger Rundschau:

Herr Nahrstedt, sind Fusionen von Landkreisen denn überhaupt sinnvoll?

Manfred Nahrstedt:

Wir werden langfristig in Niedersachsen nicht darum herumkommen, mit weniger Landkreisen den Bürgerservice zu leisten. Aber zunächst ist das Land gefordert. Es muss gesetzliche Vorgaben machen, wie zum Beispiel Mindestgrößen für Landkreise festlegen, Ober- und Untergrenzen bei der Einwohnerzahl bestimmen und die finanziellen Rahmenbedingungen schaffen.

Rundschau:

Wer von den Nachbarn ist für den Landkreis Lüneburg Wunschpartner für eine Fusion?

Nahrstedt:

Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube. Mein Wunschpartner ist der Landkreis Harburg. Lüneburg ist wie Harburg als Teil der Metropolregion nach Hamburg ausgerichtet. Außerdem betreiben beide Kreise mit der Süderelbe AG schon jetzt gemeinsam Wirtschaftsförderung. Ich sage immer, die Wirtschaft geht voran, die Sparkassen folgen und dann sind als logische Konsequenz die beiden Kreise mit einer Fusion an der Reihe. Nun ist bei uns leider die Sparkassen-Fusion geplatzt. Aber darüber ist das letzte Wort sicherlich noch nicht gesprochen.

Rundschau:

Welche Vorteile bietet ein Zusammenschluss mit dem Kreis Harburg?

Nahrstedt:

Der Kreis Harburg ist sowohl wirtschaftlich, infrastrukturell als auch finanziell und in der Verwaltung gut aufgestellt. Wir sind über die A 250, den Metronom und den Hamburger Verkehrs Verbund eng miteinander verbunden, haben kurze Wege. Ein Vorteil ist auch, dass wir schulische Angebote zusammenlegen könnten: Das Schulzentrum Salzhausen könnte Amelinghausen bedienen, das Schulzentrum Scharnebeck die Samtgemeinde Elbmarsch.

Rundschau:

Wäre auch eine Fusion mit den Landkreisen Uelzen und Lüchow-Dannenberg denkbar?

Nahrstedt:

Davon halte ich derzeit wenig. Es würde ein flächenmäßig stark ländlich geprägter Landkreis entstehen, in dem zum Beispiel die jetzige Qualität des Öffentlichen Personennahverkehrs nicht aufrechterhalten werden könnte. Außerdem sollen bei Fusionen die Stärken gestärkt werden - und das spricht für Harburg.

Rundschau:

Sehen Sie in Zusammenschlüssen ein Muss?

Nahrstedt:

Die kleineren Landkreise überleben nur, wenn das Land die bisherigen finanziellen Schlüsselzuweisungen erhöht. Aber das sehe ich nicht kommen. Gerade deshalb glaube ich, dass es auf Dauer ohne Fusionen nicht geht.

Und Zusammenschlüsse sind im Zeitalter von Internet und neuen Medien aus Sicht des Bürgerservices kein Problem mehr. Denn in einigen Jahren werden kaum noch Bürger zu uns in die Verwaltungen kommen, weil sie ihre Angelegenheiten per Internet erledigen. Alle Landkreise sind dabei, sich auf die neuen Medien einzustellen. Sie sind Wegbereiter für Fusionen. Wir etwa richten gerade Bauen-online ein, sodass künftig Bauunterlagen per E-Mail eingereicht werden können ohne persönlich in der Kreisverwaltung zu erscheinen. Den meisten Menschen ist es heute doch weitgehend egal, in welchen Landkreisen sie leben.

Die Kreise sind in der heutigen mobilen Zeit nicht mehr so mit dem Begriff Heimat besetzt wie noch vor 30 Jahren. Die Menschen wollen einfach nur in Kommunen leben, die schnellen, guten, unbürokratischen Service bieten und gute Angebote für Bildung sowie Freizeitgestaltung vorhalten.

Rundschau:

Bleibt der Service in der Fläche weit weg von Lüneburg nicht auf der Strecke?

Nahrstedt:

Im ländlichen Raum darf natürlich die Nähe der Kreisverwaltung zu den Bürgern nicht verloren gehen. Eine Lösung sind Außenstellen. Wir haben zum Beispiel gute Erfahrungen mit den Kfz-Zulassungsstellen in Amelinghausen und Bleckede gemacht.

Rundschau:

Sind Bürger und Kommunalpolitiker schon reif für Kreis-Fusionen?

Nahrstedt:

Ich glaube, dass die Bürger nicht so sehr auf Gebietseinteilungen achten, sondern mehr auf den Service und die vorhandene Infrastruktur. Hingegen legt die Kommunalpolitik viel Wert darauf, Entscheidungen mitzutragen und befürchtet, dass bei einer Fusion Einflussmöglichkeiten verloren gehen können.

Rundschau:

Wann wäre eine mögliche Ehe Lüneburg-Harburg denkbar?

Nahrstedt:

Wie gesagt, das Land ist am Zug, uns endlich einmal Vorgaben zu machen. Aber ich glaube, dass nach der Kommunalwahl 2011 Bewegung in unsere Gemeindestrukturen kommen wird, zum Beispiel, dass Samtgemeinden in Einheitsgemeinden umgewandelt werden. Kreisfusionen sehe ich erst nach der Landtagswahl 2013.