Der Zoff um das kostbare Gut: Jetzt trafen Naturschützer und Unternehmensvertreter bei einer Podiumsdiskussion aufeinander.

Wesel. Wie viel Grundwasser braucht Hamburg wirklich aus der Nordheide? Welche Auswirkung hat die stetige Wasserentnahme für die Natur? Und warum kann Hamburg Wasser (HW) Lübeck mit Trinkwasser beliefern, wenn das Unternehmen selbst die Brunnen außerhalb ihres Bundeslandes in der Nordheide anzapfen muss? Diese und viele weitere Fragen wurden am Freitagabend bei einer Podiumsdiskussion in der Heidehalle in Wesel diskutiert.

Die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) und die Wählergemeinschaft Landkreis Harburg (WG LK Harburg) hatten Vertreter von HW eingeladen, um Fragen bei einer Informationsveranstaltung im Beisein von Bürgern zu klären. Jörg Grossmann und Hermann Kukowski aus der Abteilung Wasserwirtschaft von HW waren der Einladung gefolgt, genau wie 100 Bürger aus dem Landkreis.

Der Hintergrund: Hamburg Wasser will jährlich 16,6 Millionen Kubikmeter Trinkwasser im Landkreis Harburg fördern und nach Hamburg leiten. HW pumpt derzeit jährlich 15,7 Millionen Kubikmeter aus der Nordheide in das Hamburger Wassernetz. Die Grundlage dafür ist eine Erlaubnis der damaligen Bezirksregierung bis Ende 2004. Der neue Genehmigungsantrag soll nun für 30 Jahre gelten und bezieht sich auf zwei Brunnenreihen mit jeweils 15 Brunnen zwischen Handeloh, Welle und Wesel, sowie bei Hanstedt, Garlstorf und Salzhausen. Bis zum 25. Januar 2010 können Einwendungen gegen eine neue Bewilligung abgegeben werden.

Zwei Kritikpunkte wurden seitens der Bürger und des IGN an diesem Abend besonders deutlich herausgestellt. "Außer den beiden bereits genannten Brunnenreihen gibt es eine weitere Brunnenreihe von Hamburg Wasser bei Schierhorn und Weihe, die derzeit nicht in Betrieb ist", so Gerhard Schierhorn, Sprecher der IGN. "Derzeit ist dieses kleine Wasserwerk zwar abgeschaltet, aber wir fürchten, dass auch für diese Anlage ein Antrag zur Wasserförderung seitens HW eingehen könnte." Noch mehr Wasser für Hamburg aus der Nordheide? Ein Grund mehr für die engagierten Bürger, bei HW nachzufragen, ob dies in den Wasserlieferungen nach Lübeck begründet liegt.

Laut Angaben der IGN liefert das Wasserwerk Großhansdorf seit Beginn des Jahres 2009 bis zu fünf Millionen Kubikmeter pro Jahr in die schleswig-holsteinische Hansestadt, vertraglich geregelt für 30 Jahre. "Müssen wir aus dem Landkreis das Wasser nun kompensieren, das Sie an Lübeck verkaufen?", fragten wütende Bürger bei HW nach. "Ich möchte drei Punkte festhalten", reagierte der Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft auf die Kritik. "Zunächst verkaufen wir das Wasser nicht, sondern wir erbringen die Dienstleistung, die Bürger mit Wasser zu versorgen. Des Weiteren wurde festgestellt, dass es am ökologisch sinnvollsten ist, wenn Hamburg Wasser Lübeck mit Trinkwasser versorgt. Und zudem möchte ich zu verstehen geben, dass Hamburg Wasser nicht mehr Wasser aus der Nordheide fördern möchte, als wirklich benötigt wird."

Die These der IGN, HW nutze das Wasser aus der Nordheide als Expansionsstrategie, wehrte er entschieden ab. Auch gegen die Kritik seitens der Umweltschützer, die Wasserförderung würde beispielsweise zur Senkung des Wasserspiegels in Bächen und Flüssen in der Nordheide führen, argumentierten Kukowski und Grossmann mit Forschungsergebnissen anerkannter Prüfer. Die Absenkung des Wasserstandes sei grundsätzlich keine Folge der Wasserentnahme. Nun rechnet der IGN mit einem weiteren Erörterungstermin im kommenden Sommer, nachdem der Landkreis sich mit der Thematik auseinander gesetzt hat. "Ich gehe davon aus, dass noch weitere Untersuchungen folgen werden", so Schierhorn. "Und da kann es schon sein, dass sich die Verhandlungen um eine Bewilligung noch in die Länge ziehen."