Eine Wilhelmsburgerin muss zum zweiten Mal ihre Garage aufgeben - eine Entschädigung vom Bezirksamt bekommt sie nicht.

Wilhelmsburg. Edeltraut Grattolfs Ärger mit dem Bezirksamt reicht zurück bis ins Jahr 1983.

Damals hat die 59 Jahre alte Wilhelmsburgerin schon einmal ihre Garage aufgeben müssen. Die liegt noch immer direkt an der Rückseite ihres Hauses in der Peter-Beenck-Straße. Die Zufahrt führte damals von hinten, vom Schlöperstieg, mit einer kleinen Brücke über einen kleinen Kanal, die Kornweidenwettern. Alles 1953 vom Bauamt genehmigt. Dann wurde der Kanal um 20 Meter verlegt, der Schlöperstieg wurde zum Fußweg. Dadurch würden "die Vorflutverhältnisse verbessert", so die Begründung des Bezirksamts Harburg 1983. Die Zufahrt fiel weg.

"Das Bezirksamt bot uns für zehn Jahre eine Ersatzgarage an", erinnert sich Edeltraut Grattolf. Eine Befristung lehnte sie aber ab und legte Widerspruch ein. "Eines Abends kamen drei Herren zu uns und sagten, wir würden das Projekt behindern. Da haben wir zugestimmt." Darunter der damalige Hamburger Staatsrat Helmut Raloff. "Wir einigten uns, dass wir diese Ersatzgarage auf unbestimmte Zeit nutzen können und der Mietvertrag nur in beiderseitigem Einvernehmen aufgehoben werden kann", sagt Grattolf. Daraufhin wird der Vertrag geändert: An den Satz "für die Dauer von 10 Jahren" wird der Zusatz "und länger - nach beiderseitigem Einvernehmen" angehängt.

Das Amt stellt die neue Garage am Ende des Schlöperstiegs auf und bekommt von Edeltraut Grattolf von nun an 214,80 Euro Miete im Jahr. Ab jetzt müssen sie und ihr Lebensgefährte zu Fuß gut 500 Meter zur Garage zurücklegen, mit dem Auto fast einen Kilometer. Das Paar arrangiert sich mit der Situation.

1993 liegt eine Kündigung des Bezirksamts im Briefkasten. Der vermutliche Grund diesmal: Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft will auf dem Gelände bauen. Grattolf legt erneut Widerspruch ein. Im Vertrag von 1983 ist schließlich die Rede von einer unbefristeten Nutzung, wie mit Staatsrat Raloff vereinbart - was dieser sogar nachträglich in einem Brief bestätigt. Die Beamten verstehen den Vertragszusatz offenbar anders: Über die zehn Jahre hinaus könne der Vertrag nur in beiderseitigem Einvernehmen bestehen, argumentiert das Bezirksamt.

Edeltraut Grattolf schreibt an Henning Voscherau (SPD), den damaligen Hamburger Bürgermeister. Der verspricht, die Sache zu klären. Daraufhin weicht das Bezirksamt aus und verweist auf die Wohnungsbaugenossenschaft, die Grattolf erneut eine andere Ersatzgarage in der Nähe anbietet. Sie unterschreibt, aber das Bauvorhaben stirbt offenbar - 15 Jahre lang passiert nichts.

Edeltraut Grattolf nutzt bis heute ihre Garage am Schlöperstieg - noch. Denn das jetzt zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte hat ihr 2008 erneut eine Kündigung geschickt und jetzt sogar eine Räumungsklage eingereicht. Grund diesmal: Die Garage liegt jetzt im IBA-Plangebiet "Neue Hamburger Terrassen", und muss weg.

"Es wäre ja alles in Ordnung, wenn das Bezirksamt uns einen Ersatz bieten würde", sagt Grattolf. "Aber die Behörden stellen sich stur, da wird einfach über die Bürger hinweggegangen." An den amtierenden Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat die 59-Jährige auch schon geschrieben - bisher ohne Antwort. "Man fühlt sich wirklich machtlos, das ist Behördenwillkür", findet Grattolf.

Bezirksamtsleiter Markus Schreiber kann sich auf Nachfrage gut an den Fall erinnern, blockt aber ab: "Da greife ich nicht ein, das müssen die Richter entscheiden."

Dabei wäre die Lösung recht einfach: Laut den aktuellen IBA-Bauplänen wird der Schlöperstieg ohnehin wieder zur Straße, und die soll direkt hinter Grattolfs Grundstück enden. Ohne großen Aufwand könnte man jetzt wieder eine Zufahrt anlegen - zur allerersten Garage, die im Jahr 1953 einmal genehmigt wurde.