Familien mit kleinen Kindern haben Anspruch auf Unterstützung im Haushalt und auf dem Bauernhof.

Winsen. Wenn Annika von Salzen (24) erzählt, was sie beruflich macht, erntet sie zunächst fragende Blicke. "Ich muss das erst einmal erklären." Die junge Frau arbeitet seit November vergangenen Jahres als Dorfhelferin im Landkreis Harburg. Sie ist da, wenn die Mutter im Haushalt ausfällt. Dorfhelferin, dass klingt altmodisch und die Berufsbezeichnung ist überholt, weil sie dem qualifizierten Beruf wenig gerecht wird. Fünf Jahre Ausbildung liegen hinter Annika von Salzen. Drei Jahre Hauswirtschaftsschule, danach hat sie ein Jahr Berufserfahrung in einer landwirtschaftlichen Familie mit fünf Kindern gesammelt. Das war die Voraussetzung, um die 14 Monate dauernde Fortbildung zur Dorfhelferin, an der evangelischen Heimvolksschule in Loccum im Kreis Nienburg, zu absolvieren. Während des Blockunterrichts leben die maximal 14 Seminarteilnehmer dort, unterbrochen von fünf vierwöchigen Praktika, die in der Regel in der Nähe des Wohnortes stattfinden. Beim evangelischen Dorfhelferinnenwerk Niedersachsen ist Annika von Salzen fest angestellt. Sie und ihre Kollegin Hannelore Heuer sind im Landkreis Harburg als Dorfhelferinnen im Einsatz. Familien auf dem Lande und in der Stadt in Notsituationen Hilfe leisten, ist Ziel der Arbeit. Zwei bis drei Wochen dauert so ein Einsatz in der Regel.

"Ich übernehme alle täglichen Aufgaben einer Mutter", beschreibt Annika von Salzen mit knappen Worten ihren tagesfüllenden Job. Kinder wickeln, füttern, trösten, zum Kindergarten und zur Schule bringen. Hausaufgaben beaufsichtigen und Spielen. Dazu kommen waschen, kochen und sauber machen. Und wenn es sein muss, dann würde die junge Dorfhelferin auch beim Melken helfen, wenn das zu den Aufgaben der Mutter gehörte. Das hat sie bisher zwar noch nicht gemacht, "aber ich traue mir das zu". All das ist der Grund, warum sie sich den Beruf der Dorfhelferin ausgesucht hat. Sie schätzt die Abwechslung, und mag es nicht, wenn jeder Tag gleichförmig verläuft. "Es bleibt immer interessant den ganzen Tag." Sicher gibt es auch anstrengende Momente, aber in welchem Job gibt es die nicht. Für Annika von Salzen war die Entscheidung, sich zur Dorfhelferin weiterzubilden genau richtig.

Seit über 50 Jahren gibt es den Beruf Dorfhelferin in Deutschland, den übrigens auch Männer erlernen können. Anders als früher, stehen Dorfhelferinnen nicht nur landwirtschaftlichen Familien zu. Heute wird die Hilfe auch im städtischen Umfeld geleistet. Die Zunahme von Alleinerziehenden hat zu erweiterten Einsatzmöglichkeiten der Dorfhelferinnen geführt. Jede Mutter mit Kindern unter zwölf Jahren in einer akuten Notsituation hat Anspruch auf die Unterstützung einer Dorfhelferin. "Viele Familien wissen nicht, dass auch die außerlandwirtschaftlichen Krankenkassen und die Rententräger der BFA und der LVA verpflichtet sind, eine Haushaltshilfe zu stellen, wenn das dringend erforderlich ist", erklärt Margret Eggers, ehrenamtliche Einsatzleiterin für die Dorfhelferin der Station Winsen. Anne Cordes, ebenfalls ehrenamtliche Einsatzleiterin in Winsen, ist sicher, dass durch Dorfhelferinnen vielen Familien geholfen wird. In ganz Niedersachsen sei momentan die Nachfrage nach den qualifizierten Kräften sehr groß. In Winsen könnte es besser sein. Die Einsatzleiterinnen wünschen sich, dass noch mehr Familien den Mut haben, eine Dorfhelferin in Anspruch zu nehmen, wenn der Bedarf da ist.

Nachwuchssorgen sind noch nicht akut, aber man spüre, so Margret Eggers, dass "Hauswirtschaft nach wie vor nicht der Renner ist". Es gebe zu wenig Wertschätzung für den Beruf.

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