200 Wohnungen sollen auf der Schlossinsel gebaut werden, 100 bis 150 auf dem HafenCampus und 200 am Kaufhauskanal.

Harburg

Der frühere Harburger Bezirksamtsleiter Jobst Fiedler (SPD, heute Professor an der Hertie School of Governance in Berlin) kann sich freuen: Was er Ende der 80er-Jahre als Vision in die Welt setzte, wird jetzt Realität. Der Harburger Binnenhafen wird zum Wohnquartier, nicht überall, aber 200 Wohnungen können auf der Schlossinsel gebaut werden, 100 bis 150 auf dem HafenCampus (ehemaliger Güterbahnhof) und 200 am Kaufhauskanal. Dass das nun keine Vision mehr ist, sondern konkrete Planung, bestätigte Baudezernent Jörg Penner bei der Auftaktveranstaltung des Harburger Hafenfestes im TuTech-Hörsaal am Schloßmühlendamm.

Penner ist überzeugt, dass es einen Bedarf für diese Wohnungen gibt. Im Bezirk Harburg gebe es 62 Betriebe mit jeweils mehr als 100 Mitarbeitern. Der Wunsch, in Arbeitsplatznähe zu wohnen, werde immer ausgeprägter - nicht zuletzt auf Grund steigender Energiepreise. Das Empirica-Institut habe für den Süderelberaum in den Jahren 2011 bis 2015 einen Bedarf von jährlich 500 neuen Wohnungen prognostiziert. Mit einem attraktiven Umfeld, zum Beispiel in einem Wohnquartier mit maritimem Flair, stiegen die Vermarktungschancen enorm.

Das hätten Wohnungen im Binnenhafen zu bieten. Harburgs Binnenhafen und hier vor allem die Schlossinsel liegen direkt am Wasser. Ein Sportboothafen - finanziert durch das Konjunkturprogramm der Bundesregierung - könnte zusätzlich Leben ins Quartier bringen (wenn es nicht ein reiner Überwinterungshafen wird), dazu die Werften, vielleicht ein Badeschiff und ein Bootsverleih. Und ganz in der Nähe die Harburger Innenstadt mit ihren attraktiven Einkaufsmöglichkeiten, der S-Bahn und dem Fernbahnhof vor der Haustür.

Und doch stellte sich Geert Fischer, Mitarbeiter der Stadtentwicklungsbehörde im Ruhestand, vor die gut 120 Gäste im TuTech-Hörsaal und sagte: "Der Binnenhafen ist zum Wohnen ungeeignet!" Fischer provoziert gerne, und er spricht aus Erfahrung. Schon vor 20 Jahren hatte er wie Jobst Fiedler das Potenzial der damaligen Harburger Hafenbrache erkannt und sich am Karnapp eines der alten Häuser gekauft. Seitdem lebt er im Binnenhafen, lange als Einzelkämpfer, inzwischen bekommt er mehr und mehr Gesellschaft. Wer im Binnenhafen leben will, muss wie Fischer den Lärm von der Bahn, von der B 73 und den vielen Lastern ertragen, die in Ermangelung einer Hafenquerspange durch Harburgs Entwicklungsgebiet brettern. Fischer: "Das ist nicht nur Lärm, die Häuser bekommen auch zunehmend Risse." Außerdem müsse man wegen der Nähe zum Wasser und dem ständigen Wind rheumaresistent sein, und am besten auch gleich noch immun gegen "allerlei Wohlgerüche", die von den ölverarbeitenden Betrieben weiter westlich herüberwehten. "Man muss schon ein bisschen schizophren sein, und am besten auch noch Eisenbahnfreak, der nichts dabei findet, den ganzen Tag am Fenster zu sitzen und die Container auf den Güterzügen zu zählen", sagte Fischer. Wer die Zwischentöne verstanden hat, hat Fischers Beitrag als das verstanden, als was er gedacht war: eine einzige Liebeserklärung an den Harburger Binnenhafen. Die KulturWerkstatt, die diesen Abend zusammen mit der TuTech organisiert hatte, bewies ein gutes Händchen für wertvolle Beiträge zur Harburger Stadtentwicklung. Denn sie hatte auch Wolfgang Hurtienne von Hamburg Port Authority (ehemals: Strom- und Hafenbau) geladen, und er hatte die vorsichtig formulierte frohe Botschaft für die Freunde des Wohnens im Binnenhafen: Die neue Trasse der Hafenbahn mit einer zweiten Süderelbe-Querung wird wohl nicht in der Nähe der Schlossinsel gebaut werden. Hoffnung auf weniger Lärm machte auch Karen Pein von der Internationalen Bauausstellung Hamburg. Sie stellte noch einmal das Projekt "Metrozone Kaufhauskanal" vor. Es sieht rund 200 Wohnungen zwischen Blohmstraße und Harburger Schloßstraße vor, die mit innovativer Architektur errichtet werden, so dass der Lärm von Eisenbahn und B 73 nur noch zu ahnen sein wird.