Senatorin Anja Hajduk stellte die Senatspläne zur Hafenquerspange und zur Reichsstraße vor.

Der Leserbrief erreichte die Redaktion anonym: "Wie können Sie denn schreiben: 'Widerstand gegen Verkehrsplanung wächst? Es wächst nichts, nur immer dieselben Leute gehen zu allen Veranstaltungen und melden sich immer wieder zu Wort. Die Mehrheit der Bevölkerung hat nichts gegen die Verschwenkung der Wilhelmsburger Reichsstraße und gegen die Hafenquerspange..."

Dass der Widerstand in Wilhelmsburg gegen die Verkehrspläne des Senats tatsächlich wächst, davon konnte sich jedermann am Dienstagabend im Wilhelmsburger Bürgerhaus einen Eindruck verschaffen. Rund 600 Frauen und Männer kamen in den großen Saal und verfolgten die Diskussion mit Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL), Experten und Vertretern von Wilhelmsburger Interessengruppen zum Thema "Fernstraßenplanung im Hamburger Süden". Und die ganz große Mehrheit der Zuhörer war ganz klar gegen die geplante Hafenquerspange von Stillhorn nach Moorburg durch den Wilhelmsburger Süden. Und gegen die Verlegung der Reichsstraße (B4/75) auf das weiter östlich gelegene Bahngelände. "Wir wollen nicht länger die Rumpelkammer Hamburgs sein", sagte Günter Glatz (67), Vorsitzender des Verkehrs- und Interessenvereins Hamburg-Wilhelmsburg von 1928 und erntete damit den größten Beifall des Abends.

Senatorin Hajduk warb für die Querspange im Wilhelmsburger Süden: "Wir wollen den Ost-West-Verkehr bündeln, damit er sich nicht wild in Wohngebieten seinen Weg sucht", sagte die grüne Politikerin. Ihre Kernargumente für die Querverbindung: Sie "reduziert Lärm- und Schadstoffbelastungen in innerstädtischen Quartieren" und "verbessert die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens".

Nach einer Projektstudie der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) würden beim Bau der "Vorzugsvariante Süd" im Jahr 2025 täglich rund 29 000 Fahrzeuge auf der Querspange zwischen Stillhorn und dem Abzweig Wilhelmsburg-Süd fahren. Zwischen Hohe Schaar und Moorburg wird mit knapp 55 000 Fahrzeugen täglich gerechnet.

Der IBA-Berater Professor Hartmut Topp (TU Kaiserslautern) plädierte dafür, die Wilhelmsburger Reichsstraße an die Bahngleise zu verlegen. "Zurzeit wird die Mitte Wilhelmsburgs zerschnitten. Eine Verlegung wäre eine Riesenchance für den Stadtteil." Der Wilhelmsburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Metin Hakverdi hingegen sagte: "Es darf nicht sein, dass man die Mitte lärmfreier macht, aber den Kirchdorfern, die östlich der Bahnlinie wohnen, mehr Lärm aufbürdet. Dieses Tauschgeschäft geht nicht." Die Kirchdorferin Renate Weber (61): "Viele Wilhelmsburger würden die Flucht ergreifen, wenn die Hafenquerspange kommt". Viele hätten Angst, dass ihre Grundstücke dann "wertlos" würden.

Senatorin Hajduk setzt nun auf einen "kooperativen Planungsdialog" mit Vertretern der Bürgerinitiativen, der Wirtschaft, IBA/IGS und den Bezirken Mitte und Harburg. Sie rechnet mit einem Senatsbeschluss zur Hafenquerspange "im Herbst" und will die Wilhelmsburger Reichsstraße "unabhängig von der Autobahn behandeln".