Drei Schützen wollten König werden, einer hat es geschafft. Bezirksamtsleiter Völsch gratuliert der neuen Gilde-Majestät Peter Kreitmayr.

Harburg. Der Vogel ist zäh in diesem Jahr. Er will nicht fallen, obwohl drei Schützen der Harburger Schützengilde von 1528 schießen und schießen. Drei Männer in grauer Uniform wollen an diesem Sonnabend Schützenkönig werden. König wird der Schütze, der den letzen Span vom Rumpf schießt. Dann ist Schicht im Schacht, und ein Mann hat ein arbeitsreiches Jahr mit rund 120 Terminen vor sich: Er wird als König befreundete Vereine besuchen, bei Königsbällen repräsentieren, bei der Bundeswehr und bei Neujahrsempfängen.

1,50 Meter ist der Holzvogel groß - ihn haben die Königsanwärter mit ihren Kleinkalibergewehren im Visier. Die drei Männer schießen nacheinander im Schießstand der Gilde auf dem Schwarzenberg. Der Vogel hängt 50 Meter entfernt an zwei Stangen. Lademeister Marcel Meyer lädt das Gewehr.

Seit 484 Jahren findet im Juni das Harburger Vogelschießen statt, in dessen Verlauf der Gildekönig ermittelt wird. 2011 schoss auch Thomas Lüllau auf den 1,50 Meter hohen Holzvogel. Mit dem 1865. Schuss der Königsanwärter fiel der letzte Span vom Rumpf des Holzvogels ab - der Maschener war der Schütze und somit König.

An diesem Sonnabend wollen König werden: Ingo Mönke, 47, aus Marmstorf, 1. Schaffer der Gilde. Sein Schwiegervater Peter Kreitmayr, 66, aus Eißendorf. Und Conrad Bader, 40, aus Buchholz, 1. Kapitän der Gilde. Es ist 17.36 Uhr und Conrad Bader schießt den goldenen Flügel ab. Wenn bis 18 Uhr nicht der letzte Span fällt, wäre er König. Ingo Mönke hört auf zu schießen und überlässt seinem Schwiegervater Peter Kreitmayr und Conrad Bader das Finale. Rund 50 Schützen und ein paar Frauen sind im Schießstand. Sie trinken Cola mit Schuss und Bier - die drei Königsanwärter trinken Cola. "Der Adrenalinspiegel steigt und steigt", analysiert Ex-König Jörg Geffke, 47.

Um 18 Uhr ist der letzte Span immer noch nicht gefallen. Conrad Bader will so gerne König werden, und er wäre jetzt König, wenn abgebrochen würde. Aber er sagt: "Ich komme aus dem Sportbereich. Wir schießen weiter!"

Drei Minuten später ist das Schießen dann vorbei. Peter Kreitmayr schießt den Rumpf des Vogels ab. Lauter Jubel bricht unter den Schützen aus: "Peter, du bis unser König!" Peter weint. Conrad weint. Sie umarmen sich. "Das ist einfach spitze", sagt Peter Kreitmayr, "Es wird ein schönes Jahr und ihr seid dabei!"

Die Schützen drängen sich um den neuen König und den Mann, der auch so gern König geworden wäre. Sie umarmen Peter und Conrad. Peters Frau Gisela, 64, die neue Harburger Königin, umarmt ihren Mann. Auch die Enkelkinder Dominik, 16, Maxime, 14, und Bendix, 10, gratulieren ihrem Großvater. Conrad Bader weint immer noch.

"So ein spannendes Schießen hat es schon lange nicht mehr gegeben", sagt der 2. Patron, Dr. Enno Stöver, 37, aus Langenbek. An so viele Tränen der Freude und der Trauer kann sich keiner der Schützen erinnern. Die Gilde hat viel Tradition: 1528 gegründet von Herzog Otto I. als Bürgerwehr zur Verteidigung Harburgs, gehört sie zu den ältesten Schützengilden Deutschlands. An diesem Sonnabend hat sie Tradition und Tränen. Schützen tragen Peter Kreitmayr nach einer Viertelstunde der Freude und der Trauer in das Vereinsheim. Der Harburger Bezirksamtsleiter Thomas Völsch, 54, gratuliert dem neuen König. Danach trinken der König und der Sozialdemokrat ein Pils.

Peter Kreitmayr ist mit 1,62 Metern einer der kleinsten Harburger Schützen. Aber in der Gilde ist er ein ganz großer. Er war bis Sonntag der "kleine König" - der "Montagskönig", der im vergangenen Jahr das zweite Schießen gewonnen hat. Und er ist König im Schießclub Welfen zu Harburg. Jetzt ist er also Doppel-König. "Ich bin sprachlos", sagt seine Frau Gisela, "aber wir werden das Königsamt schon stemmen, denn der Peter ist Schütze durch und durch."