Die Händler sollen ihre Fahrzeuge künftig unter der Seehafenbrücke abstellen. Viele lehnen das ab, befürchten Schäden an Autos und Ständen.

Harburg. Die dunklen Wolken über dem Wochenmarkt auf dem Sand hatten sich gestern Nachmittag pünktlich verzogen, als sich die Marktbeschicker mit Vertretern der Verwaltung auf den Weg machten, um das neue Parkplatz-Konzept an Ort und Stelle zu beraten. Doch schnell wurde deutlich, dass blauer Himmel oben längst noch keine Gewähr für eine entspannte Atmosphäre unten ist.

Um mehr Kunden anzulocken, sollen die Marktbeschicker künftig nicht mehr am Sand, sondern unter der Seehafenbrücke am Wallgraben parken. Die vorgesehene Fläche hat die Verwaltung nun erstmals präsentiert. Das Interesse der Marktbeschicker erwies sich unterdessen als äußerst dürftig. Gerade 13 von mehr als 50 Geschäftsleuten hatten sich eingefunden. Deutlicher hätte sich die tief greifende Uneinigkeit der fliegenden Händler in dieser Frage kaum manifestieren können.

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Monatelang war die Idee diskutiert worden. Auch drei Befragungen hatte es im Vorfeld gegeben. "Im Grunde müsste doch jedem einleuchten, dass es sinnvoll ist, die durch Marktbeschicker blockierten Parkflächen für potenzielle Kunden freizugeben", sagt Henner Schönecke, Geschäftsführer des gleichnamigen Geflügelhofs und Sprecher der Markt-Obleute.

Als es jetzt ernst wurde, regte sich aber plötzlich wachsender Widerstand, die Zahl der Gegner schien mit jedem Tag größer zu werden. Ablehnend reagieren vor allem jene Marktbeschicker, die im Laufe des Tages immer wieder frische, gekühlte Ware aus ihren geparkten Fahrzeugen holen müssen.

"Dieses Problem war uns von Anfang an bewusst, weshalb mit der Verwaltung ein Kompromiss diskutiert wurde, um in Härtefällen individuelle Lösungen anbieten zu können", sagt Schönecke. So sollte eine gewisse Zahl von Parkplätzen am Sand für Marktbeschicker reserviert bleiben, von etwa 35 war bisher die Rede.

+++ Schwerer Stand auf dem Sand für die fliegenden Händler +++

"Die werden auch nötig sein, denn an der Seehafenbrücke stehen nach Aussage der Verwaltung nur 22 Stellplätze zur Verfügung", berichtete Gerd Blockhaus, ebenfalls gewählter Obmann der Marktbeschicker, nach der Besichtigung. Da das Bezirksamt aber eine viel größere Parkfläche am Sand für Kurzparker vorhalten wollte, bedürfte es also für die Marktbeschicker weiterer Ausweichplätze. Die im näheren Umfeld des Wochenmarktes aber kaum zur Verfügung stehen.

Soll der Standort unter der Seehafenbrücke tatsächlich zum Stellplatz für die Fahrzeuge der Marktbeschicker werden, müsste sie zuvor entsprechend erschlossen werden. "Wir brauchen dort Wasser- und Stromanschlüsse für jene Ware, die kühl und feucht gelagert werden muss", sagt Blockhaus.

Allerdings stellt sich am Wallgraben noch ein ganz anderes Problem. Nach Bekanntwerden der Pläne des Bezirksamtes regt sich nun auch Unmut unter den Anwohnern. "Dass es in diesem Bereich kaum ausreichend Parkflächen gibt, dürfte hinlänglich bekannt sein", sagte Steve Köhn dem Abendblatt. "Sollte die Fläche unter der Seehafenbrücke wirklich den Marktleuten mit ihren teilweise sperrigen Fahrzeugen zugewiesen werden, dürfte es hier richtig eng werden." Viele Nachbarn würden dann auch Schäden an ihren Autos befürchten.

Derweil sind viele der fliegenden Händler prinzipiell gegen den Umzug. "Ich halte das Ganze für eine absolute Schnapsidee und überhaupt nicht praktikabel", sagt Blumenhändler Rudi Sögding. Das würde ja bedeuten, dass er seinen Stand nach dem Auf- und für den Abbau sowie zum Ordern frischer Ware längere Zeit alleinlassen müsse. "Das ist für Marktbeschicker, die ihr Geschäft allein betreiben, schon deshalb unmöglich, weil auf dem Markt auch so schon zu viel geklaut wird."

Obmann Gerd Blockhaus plädiert unterdessen dafür, die Vorschläge der Verwaltung jetzt erst einmal in Ruhe zu prüfen. Und überzogene Emotionen aus dem Spiel zu lassen. "Dass die Parkplatzsituation ein wesentlicher Bestandteil des Zukunftskonzepts für den Wochenmarkt ist, sollte eigentlich jedem bewusst sein", sagt er. Natürlich stünden nun auch einige lieb gewonnene Privilegien auf dem Prüfstand. "Aber wenn wir den Wochenmarkt voranbringen wollen, geht das nun mal nicht ohne Veränderungen", kritisiert Blockhaus die generelle Verweigerungshaltung einiger Kollegen. "Wir sitzen doch schließlich alle im selben Boot."

Das nach Ansicht eines fliegenden Händlers, der seinen Namen besser nicht in der Zeitung lesen will, eh kurz vor dem Untergang ist. "Auf dem Harburger Wochenmarkt tobt ein aggressiver Verdrängungswettbewerb", sagt er. Viele Jahre habe er gute Umsätze auf dem Sand gemacht. Doch seit das Bezirksamt jeden reinhole, gebe es keinen vernünftigen Branchenmix mehr. An manchen Tagen würden sich sechs Schlachter gegenseitig die Kunden wegnehmen. Dabei sei das einstige Miteinander der Marktbeschicker auf der Strecke geblieben. "Sie sind dabei, den alten Harburger Wochenmarkt selbst zu zerstören."