Für den Bau von Wohneinheiten sollen auf dem Kasernengelände 2100 Bäume abgeholzt werden. Gegen die Pläne formiert sich Widerstand.

Harburg. Das geplante Bauvorhaben auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne in Neugraben-Fischbek erhitzt weiter die Gemüter. Wie das Abendblatt berichtet hat, unterstützen die Oppositionsparteien in der Harburger Bezirksversammlung CDU und Grüne eine Gruppe von Vertrauensleuten, die ein Bürgerbegehren gegen die modifizierten Bebauungspläne auf den Weg bringen wollen. Statt der ursprünglich vorgesehenen 450 Wohneinheiten sollen nach dem Willen der SPD jetzt 774 entstehen. Schlimmer noch: Dafür sollen jetzt alle 2100 Bäume auf dem 55 Hektar großen Terrain fallen.

+++Unterschriften sollen Bauprojekt bremsen+++

"Das wäre ein kaum zu rechtfertigender Kahlschlag, der die ursprüngliche Idee vom Wohnen im Grünen endgültig tötet. Da können wir ja gleich in der Sahara bauen", zürnt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer. So sei eine anspruchsvolle, qualitativ hochwertige Bebauung mit Einfamilienhäusern und Reihenhäusern für Klientel, das sich tendenziell eher im Landkreis ansiedelt, nicht mehr möglich: "Und von einem harmonischen Übergang ins angrenzende Naturschutzgebiet Fischbeker Heide kann erst recht keine Rede mehr sein."

Laut einer vertraulichen Senatsdrucksache ist der Kahlschlag angeblich unverzichtbar. Eigentlich sollten für das Bauvorhaben nur 600 Bäume gefällt werden, 1500 aber erhalten bleiben. Das sei aufgrund der neuen Gesetzeslage zur Kampfmittelräumung jedoch nicht mehr möglich. "Praktisch der gesamte Harburger Süden ist Kampfmittelverdachtsfläche, weil hier während des Zweiten Weltkriegs sehr viele Bomben abgeworfen wurden", sagte Bezirksamtsleiter Thomas Völsch dem Abendblatt. Um das Gelände wie vorgesehen bebauen zu können, müsse hinsichtlich des Baugrunds absolute Sicherheit gewährleistet werden.

Ralf-Dieter Fischer hält diese Argumentation für fadenscheinig: "Die Bundeswehr mag ja ihre Versorgungsleitungen zuweilen unorthodox verlegt haben. Dass sie jahrzehntelang auf quasi vermintem Terrain eine Kaserne betrieben hat, ist eher unwahrscheinlich." Der Fraktionschef der Christdemokraten befürchtet stattdessen, dass auf diese Weise die Anzahl der Wohneinheiten durch die Hintertür weiter erhöht werden könnte. "Der Finanzbehörde waren die Erschließungskosten pro Wohneinheit dem Vernehmen nach eh zu hoch."

Sein SPD-Pendant Jürgen Heimath hält dieses Szenarium für absurd. "Die Senatskommission hat Ende vergangenen Jahres die Zahl von 774 Wohneinheiten selbst beschlossen und verkündet. Einen Zusammenhang zwischen den notwendigen Baumfällungen und noch mehr Wohneinheiten herzustellen, ist nicht seriös."

Die FDP, die als Fraktion per se keine Bürgerbegehren unterstützt, plädiert unterdessen ebenfalls dafür, am ursprünglichen Bebauungsplan festzuhalten. "Wie die SPD das Bauvorhaben Röttiger-Kaserne vorantreiben will, ist aus meiner Sicht sehr fragwürdig", sagt Carsten Schuster, Fraktionschef der Harburger Liberalen.

Im Stadtplanungsausschuss Ende März hätten Vertreter der Hamburger Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften dezidiert dargelegt, dass kein Interesse an Geschosswohnungsbau bestünden. Daher würde der derzeit verfolgte Planentwurf lediglich neue Brachflächen hervorbringen, für die auf absehbare Zeit keine Investoren gefunden werden könnten. Überdies hätten Immobilienexperten bereits im Oktober 2011 bestätigt, dass die derzeit verfolgte Verdichtung auch einer erfolgreichen Vermarktung der vorgesehenen Einzel- und Doppelhäuser abträglich sei.

"Die SPD zeigt sich zunehmend beratungsresistent. Die neuen Baupläne ignorieren die Realitäten", kritisiert Schuster. Die Nachfrage an Bauland müsse generiert werden. Wer aber die Gestaltungsfreiheit beim Bauen so radikal einschränke, dürfe sich nicht wundern, wenn potenzielle Bauherren möglicherweise abgeschreckt würden.

Diese Gefahr sieht Bezirksamtsleiter nicht. "Nur ein Drittel der Neubauten sind als Geschossbauten geplant. Von einer zu großen Verdichtung kann also gar meine Rede sein", so Völsch.

Ralf-Dieter Fischer glaubt dennoch an einen Erfolg des Bürgerbegehrens. Es gebe viele gute Gründe, die Pläne für die Röttiger-Kaserne in ihrer momentanen Fassung zu Fall zu bringen: "Der Kahlschlag ist wie eine weitere Steilvorlage für eine Intervention der Bürger. Die 3300 notwendigen Unterschriften werden zusammengekommen.