Freiwillige müssen richtig zupacken können. Die Harburger Tafel sucht Helfer. Doch die Lebensmittelausgabe gehört nicht zu den beliebtesten Ehrenämtern.

Harburg. Fahren, sortieren, ausgeben - die Arbeit bei der Harburger Tafel hört sich eigentlich ganz einfach an. Und doch merkt Tafel-Chefin Ursula Müller seit einiger Zeit, dass es immer schwieriger wird, Freiwillige für genau diese Aufgabe zu begeistern. Mehrmals habe sie bei Ehrenamtsbörsen in Harburg angerufen und nach neuen Helfern gefragt, erzählt die 71-Jährige. "Aber anscheinend wollen alle lieber Blumen gießen und Märchen vorlesen", sagt sie seufzend. Wer kann es den Freiwilligen auch verdenken, schließlich ist es ja Sinn des Ehrenamts, eine Aufgabe für die Gesellschaft zu übernehmen, die man gern macht. Die Tafel-Arbeit gehört wohl nicht dazu.

Für die Einrichtung am Helmsweg, zu der pro Woche insgesamt rund 400 Kunden an vier Ausgabetagen kommen, hätte es jedoch spürbare Konsequenzen, wenn sie künftig mit weniger Helfern als den derzeit 90 auskommen müsste. Selbst wenn sich diese Zahl zunächst recht hoch anhört. Gut zehn Männer und Frauen werden in diesem Jahr aufhören, sagt Müller. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Tafel ihren 15. Geburtstag feiert und dazu am 16. Juni ein Fest veranstaltet.

Die Gründe für den Ausstieg der Freiwilligen sind dabei ganz natürlich. Entweder haben die Helfer ein bestimmtes Alter erreicht, in dem das Kistenschleppen zu anstrengend wird, oder es geht gesundheitlich einfach nicht mehr. Sollten die Abgänge nicht wie früher aufgefangen werden können, müssten theoretisch die anderen häufiger ran. Das wiederum kann man bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit aber nicht einfach so verfügen, sondern muss Rücksicht auf die Interessen der Freiwilligen nehmen.

Eine weitere Schwierigkeit kommt hinzu: Mal eben zwei, drei Stunden mit anpacken ist bei der Tafel nicht möglich. "Wer bei uns mitmachen will, sollte sich einen ganzen Tag in der Woche Zeit nehmen", sagt die Leiterin. Dabei handele es sich aber nicht immer um einen kompletten Arbeitstag, manchmal sei bereits um 14 Uhr Schluss. Doch sei das nicht immer der Fall.

Und welche Voraussetzungen sollte ein Helfer sonst mitbringen? Müller muss nicht lange überlegen. "Nicht viel, bei uns kann man alles sehr schnell erlernen." Nur offen sollte man sein, gut kommunizieren können und bereit sein, auf andere Leute zuzugehen und sie so zu akzeptieren, wie sie sind. Einige Kunden seien nun mal etwas schwieriger, und damit müsse man umgehen können.

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Angst vor schimmeligen Lebensmitteln sollte man ebenfalls nicht haben. Denn nicht alles, was die Tafel von ihren Spendern abholt, ist vorsortiert. Das übernehmen die Helfer, die dann auch mal die eine oder andere faule Tomate aus der Tüte fischen müssen. "Es ist natürlich nicht so angenehm, sich die Finger dreckig zu machen", sagt Müller. Aber das gehöre eben mit zu den Aufgaben. Nicht umsonst würden zwölf Biotonnen vor dem Gebäude stehen.

Auffällig sei, dass die Männer traditionell lieber die Waren mit dem Auto von den Spendern abholen wollen als im Laden zu stehen, erzählt sie. Der direkte Kundenkontakt falle ihnen anscheinend schwerer als den Frauen. Aber das sei in Ordnung, jeder solle das machen, was ihm am besten liege. Die eine oder andere Absage musste die Leiterin in der Vergangenheit trotz aller Personal-Engpässe dennoch aussprechen. Wenn jemand nicht ins Team passe oder die Arbeit nichts für ihn sei, habe es auf die Dauer keinen Sinn.

Die gebürtige Jesteburgerin betont jedoch, dass sich der Bedarf an Helfern nur auf die Ausgabestelle in Harburg selbst bezieht. Bei den Ablegern in Neuwiedenthal, Buchholz und Winsen, die ebenfalls mit zur Harburger Tafel gehören, gebe es genügend Freiwillige. Sie überlegt deshalb, einfach einmal bei der Ehrenamtsbörse in Winsen anzurufen und zu fragen, ob von dort nicht einige Freiwillige nach Harburg kommen würden. Ansonsten könne sich jeder, der mitmachen möchte, gern bei ihr melden, sagt Müller. In regelmäßigen Teamsitzungen würden die Mitarbeiter immer die Gelegenheit haben, über Probleme zu sprechen oder an den Arbeitsabläufen zu feilen. Auch wenn jemand einmal längere Zeit aussetzen möchte, weil es in den Urlaub geht, sei das kein Problem. "Wir sind für jede Unterstützung dankbar." Ursula Müller ist unter 040/77 11 08 97 zu erreichen.