Die Folkloregruppe von der Elbinsel Finkenwerder nimmt an der Expo 2012 in Südkorea teil. Die Tänzer sind Teil des deutschen Kulturprogramms.

Finkenwerder. Zu einer ganz besonderen Himmelfahrt sind 15 Mitglieder der Folkloregruppe Finkwarder Speeldeel gestern aufgebrochen. Denn an diesem Wochenende sollen sie nach elfstündigem Flug in den fernen Osten bei der Expo 2012 im südkoreanischen Yeosu mit ihren Liedern und Tänzen hanseatisches Flair verbreiten. "Am Sonnabend und Sonntag werden wir je eine Stunde auf der Bühne in der zentralen Halle des internationalen Pavillons mit 1000 Plätzen stehen. Das ist sicher ein besonderer Höhepunkt in der über 100-jährigen Geschichte der Speeldeel", sagt Carina Kaiser, die die Auftritte des traditionsreichen Ensembles koordiniert.

Die 1906 vom legendären Gorch Fock und dessen Freund Hinrich Wriede auf einem Ewer gegründete Folkloregruppe gehört zum offiziellen Kulturprogramm des deutschen Pavillons. "Dass die Finkwarder Speeldeel dabei sein würde, war schnell klar", sagt Kerstin Thiel, 30, Expo-Projektleiterin von der erstmals federführenden Hamburger Agentur a.s.s. concerts & promotion.

Einen guten Querschnitt deutscher Musik zu offerieren, geografisch wie im Mix aus U- und E-Musik, das sei der Anspruch gewesen. Kerstin Thiel: "Mit ihren plattdeutschen Liedern und traditionellen Tänzen repräsentiert die Speeldeel wie kaum ein zweites Ensemble typisch norddeutsche Folklore." Überdies passe sie auch glänzend zum maritimen Expo-Motto "Der lebende Ozean und die Küste".

Längst gehört die Finkwarder Speeldeel zu den international bekanntesten musikalischen Botschaftern Hamburgs. In den fast elf Jahrzehnten ihres Bestehens ist die Speeldeel schon in mehr als zwanzig Ländern aufgetreten, unter anderem in Mexiko (1972 und 1884), Australien (1986) und Brasilien (1995).

Im Rahmen der Städtepartnerschaft mit Shanghai durfte die Speeldeel 1988 Bürgermeister Henning Voscherau auch nach China begleiten. Zu einer Zeit, als im Reich der Mitte weder moderne Theater im westlichen Sinne, noch die Politik der Öffnung angesagt waren. So hätten denn "Parteioffizielle in blauem Mao-Anzug" auf dem Fußweg vor dem Volkstheater vorbeieilende Genossen zwangsrekrutiert und in den großen Saal expediert, wie sich Voscherau lebhaft erinnert: "Schifferklavier, Speeldeel, Trachten, kernige Maate, blonde Maiden - keiner hatte den Passanten erzählt, worum es eigentlich ging." Zunächst sei nur äußerst zögerlich applaudiert worden. Doch je mehr sich die Finkwarder warm gespielt und getanzt hätten, je mehr hätten die Zuschauer ihre Zurückhaltung aufgegeben. "Immer stürmischer wurde der Beifall. Am Schluss war es Jubel", so Henning Voscherau.

Dass die Speeldeel auch in Südkorea begeistern wird, gilt als sicher. Denn neben echten plattdeutschen Evergreens wie "An de Eck steiht n Jung mitn Tüddelband" und dem gewissermaßen identitätsstiftenden "Dans op de Speeldeel" wollen die Finkwarder Tänzer und Musiker auch das koreanische Volkslied "Arirang" zu Gehör bringen. "Es gilt in Süd- wie Nordkorea als eine Art zweite Nationalhymne. Wer das vortragen kann, hat auf der Halbinsel zwischen Gelbem und Japanischem Meer schon gewonnen", sagt Maren Barth, die zur Expo-Expedition der Speeldeel gehört.

Viel Freizeit bleibt den Finkwardern bei ihrer interkulturellen Mission im fernen Yeosu nicht. Am Montag fliegen sie bereits zurück nach Deutschland. Deshalb wollen sie zwischen den Proben und Auftritten so viel wie irgend möglich von der Expo und der 320 000 Einwohner zählenden Gastgeberstadt an der Südküste Südkoreas sehen. "Das wird bestimmt ein spannender Trip, von dem alle Beteiligten noch lange zehren werden", sagt Maren Barth. Notfalls werde halt weniger geschlafen. Dafür sei schließlich auf dem langen Heimflug noch genügend Zeit.

Außer der Speeldeel ist Hamburg im deutschen Expo-Programm mit zwei weiteren Acts vertreten. Für einen eigenwilligen Mix aus Konzert, Slapstick und Comedy sorgen die Aktionskünstler Christian von Richthofen und Leonard Valentin Lazar. Bei ihrem kabarettistisch-musikalischen Spektakel namens "Auto Auto" spielen sie auf einer ausgemusterten Karosse bekannte Melodien von Bach, Benny Goodman und Tschaikowski, rezitieren Platon und lassen von dem Vehikel am Ende nur noch einen Schrotthaufen übrig. Und dass sich Jazz hervorragend mit House- und Techno-Elementen verbinden lässt, will die Formation makinaV3 beweisen.